Im Gebet vertraut man sich seinem Gott an und bittet ihn um Hilfe. Danach fühlt man sich sicherer, gestärkt und gut aufgehoben. Gläubige Menschen schöpfen dabei Ruhe, Gelassenheit und neue Zuversicht. Diese Gefühle seelischer Entlastung können helfen, das innere Gleichgewicht wiederzufinden. Natürlich ersetzen Gebete nicht die Behandlung. Sie können diese aber sinnvoll ergänzen.

Die Seele kommt im Krankenhaus zu kurz

In der modernen Krankenhauswelt gibt es für seelische Bedürfnisse kaum ein Angebot. Man könnte meinen, die High-Tech-Medizin behandele nicht den Menschen sondern die Krankheit. Das Krankheits-Objekt, der Patient, fühlt sich oftmals ohnmächtig gegenüber den "Halbgöttern in Weiß". Das raubt ihm die Kraft, gegen die Krankheit anzukämpfen, was bei Krebs aber im besonderen Maße erforderlich ist. Im Klinikbetrieb wird immer noch zu wenig auf die Gefühle der Patienten eingegangen. Der Körper wird zwar technisch versorgt, Ängste und Sorgen oder andere seelische Bedürfnisse finden auf dem Behandlungsplan jedoch kaum Berücksichtigung.

Diesen Mangel an persönlicher Zuwendung versuchen ehrenamtliche Gruppen zu mildern, indem sie seelsorgerisch tätig werden, oder für ein bisschen Freude oder Ablenkung sorgen. Die Kirchen bieten in konfessionellen Krankenhäusern zusätzlich Gottesdienste an. Besonders in lebensbedrohlichen Situationen besinnen sich viele Menschen auf den Glauben und lernen wieder zu beten.

Spirituelle Menschen haben höhere Überlebenschancen

Es gibt immer wieder Menschen, bei denen sich Krebstumore zurückbilden, ohne dass eine Therapie erfolgt wäre. Mediziner bezeichnen diese unerwartete Genesung als Spontanremission. Viele dieser Patienten führen diese Heilung auf Glaube, Meditation oder Gebet zurück. Einen sicheren wissenschaftlichen Beweis gibt es dafür aber nicht. Jedoch deuten statistische Untersuchungen an, dass Beten oder andere Meditationsformen eine positive Auswirkung auf Erkrankungen haben könnten.

Die US-Biochemikerin Caryle Hirshberg hat 50 Fälle von Spontanremissionen untersucht. 67 Prozent der Patienten hielten spirituelle Faktoren bei ihrer Heilung für "sehr wichtig". "Es ist interessant festzustellen", schreibt Hirshberg in ihrem Bericht, "dass Beten oft mit jenen seelischen Zuständen einhergeht, die wir bei ungewöhnlichen Heilungen ausgemacht haben: die besondere Konzentration auf einen Gegenstand, seelische Entspannung und Entlastung, Ausschalten des rationellen Denkens, Visualisierungen, aktive Vorstellungskraft und einheitliche Intention...". Ärzte vom Dartmouth-Hitchcock Medical Center in Lebanon, USA, haben untersucht, ob Gebete therapeutisch nützlich sind. Ihr Fazit: Die Patienten, die angaben, Trost und Kraft aus ihrem Glauben zu schöpfen, hatten eine deutlich bessere Überlebenschance. Die andere Patientengruppe wies eine etwa drei Mal höhere Sterberate auf.

Sogar das Beten anderer für einen geliebten kranken Menschen könnte möglicherweise eine Wirkung auf den Heilungsprozess haben. In einer klinischen Studie an 150 Herzpatienten, die alle an einer instabilen Angina pectoris litten, stellte der Studienleiter Dr. Mitchell W. Krucoff von der Duke University in Durham, North-Carolina, folgendes fest: Es ging jenen Patienten deutlich besser, für deren Gesundheit andere Menschen beteten. Allerdings, so räumt er ein, können die Ergebnisse der Untersuchung auf Grund der geringen Patientenzahl "purer Zufall" gewesen sein. Möglich ist auch, dass diese Patienten das Gefühl hatten, ihre Verwandten oder Freunde stünden ihnen besonders intensiv zur Seite.

Gründe für unerwartete Genesung

Einige Wissenschaftler vermuten, dass bei einer Spontanremission psychische Komponenten eine Rolle spielen: Der feste Glaube an eine Besserung aktiviert dabei die Selbstheilungskräfte des Körpers. Andere meinen, dass Beten den Körper des Gläubigen in einen Entspannungszustand versetze. Auf diese Weise vermindere sich die Ausschüttung bestimmter Stresshormone. Außerdem verlangsamten sich Herz- und Atemfrequenz - ein Effekt, der sich vor allem bei stressbedingten Krankheiten wie Bluthochdruck, Schlafstörungen und Zwölffingerdarmgeschwüren auswirke.

Unumstritten ist der positive Effekt eines funktionierenden Immunsystems auf den Verlauf von Krebserkrankungen. Cortisol zum Beispiel, das vor allem bei Depressionen in Folge von chronischem Stress ausgeschüttet wird, schädigt die Immunzellen. Der Umkehrschluss ist: Mentale Techniken wie zum Beispiel Meditation, Gebet und künstlerische Therapien bauen Stress ab und könnten dadurch die Abwehrkräfte stärken. Das könnte sich wiederum positiv auf die Lebensqualität und die Lebenserwartung auswirken.