Klinische Studien sind recht komplizierte Forschungsarbeiten, ihre Planung und Durchführung braucht entsprechende Vorbereitung. Es existieren nationale wie auch internationale Bestimmungen zu Aufbau und Sicherheit von klinischen Studien. Einige wichtige Begriffe zum Studiendesign, dem Aufbau einer Studie, wie auch solche, die einem bei einer Teilnahme begegnen können, wollen wir hier erklären:

Adaptives Studiendesign

Das adaptive Studiendesign ist eine vergleichsweise neue Methode der Studienplanung. Dabei wird bei laufender Studie das Studienprotokoll aufgrund von Zwischenergebnissen verändert. Diese Modifikationen werden bereits vor Beginn der Studie geplant und betreffen beispielsweise das Öffnen oder Schließen von Studiengruppen, die Fallzahl oder die Dosis der Prüfsubstanz. Die meisten modernen klinischen Studien erhalten adaptive Elemente.

Wegen der größeren Flexibilität und der verkürzten mittleren Studiendauer sind die adaptiven Designs mittlerweile bei den Arzneimittelentwicklern sehr beliebt. Die Zulassungsbehörden sind hingegen eher skeptisch. Sie befürchten, dass die Studientransparenz abnehmen und die Ergebnisse verzerrt werden könnten.

Doppelblind – einfachblind

Bei einer doppelblind durchgeführten Studie wissen weder der Patient noch der Studienarzt, zu welcher Behandlungsgruppe (Kontroll- oder Studiengruppe) der Studienteilnehmer tatsächlich gehört. Das bedeutet, dass Sie als Patient gar nicht wissen, welche Behandlung sie nun tatsächlich bekommen; genauso wenig weiß dies der Arzt, der Sie in der Studie betreut – deshalb "doppel"-blind.

Um dies sicherzustellen, erhalten alle Studienteilnehmer neutral verpackte Medikamente, denen man von außen nicht ansieht, welche Wirkstoffe sie enthalten. Die "Geheimniskrämerei" bei einer "verblindeten" Studie soll verhindern, dass sich Patienten und Ärzte im Wissen um die Behandlungsform unbewusst unterschiedlich verhalten, z.B. im Empfinden von möglichen Nebenwirkungen.

Studien, in denen nur der Patient nicht weiß, zu welcher Behandlungsgruppe er gehört, bezeichnet man als einfachblind.

Einverständniserklärung

Jeder Studienteilnehmer unterzeichnet vor seiner Teilnahme eine Einverständniserklärung. Dazu müssen Sie über den Sinn der Studie, den für Sie daraus erwachsenden Nutzen, aber auch die möglichen Risiken und Nebenwirkungen genau aufgeklärt werden. Erst, wenn Sie alles verstanden haben und Ihnen alle Fragen beantwortet wurden, können Sie sich frei entscheiden, ob Sie die Chance einer Teilnahme wahrnehmen möchten oder nicht.

Ihre Einverständniserklärung können Sie später jederzeit zurückziehen und aus der laufenden Studie aussteigen, ohne besondere Gründe dafür nennen zu müssen.

Ethikkommission oder Ethikkomitee

Die Ethikkommission setzt sich hauptsächlich aus Medizinern und Juristen zusammen, aber auch aus Theologen und Sozialwissenschaftlern. Die Kommission stellt sicher, dass die ethischen Grundsätze bei einer Studie eingehalten werden und mögliche Risiken im vernünftigen Verhältnis zum erwarteten Nutzen stehen. Die Kommission achtet weiterhin darauf, dass Sicherheit und Persönlichkeitsrechte der Studienteilnehmer gewahrt werden und im Studienprotokoll festgeschrieben sind. Ohne eine Genehmigung durch die Ethikkommission kann eine klinische Studie nicht durchgeführt werden.

Kontrollgruppe und Studiengruppe

Oft werden die Studienteilnehmer – meist zur Hälfte – in zwei Gruppen eingeteilt: Die Studiengruppe und die Kontrollgruppe. Die Patienten der Studiengruppe werden während der Studie mit der neueren Therapieform behandelt, während die Patienten in der Kontrollgruppe die derzeitige Standardbehandlung, d.h. die derzeit allgemein als beste anerkannte Therapie erhalten. Alle Studienteilnehmer aus beiden Gruppen werden vom Studienarzt gleichermaßen intensiv und aufmerksam betreut, alle Behandlungsergebnisse werden genau erhoben und protokolliert. Klinische Studien mit einer Kontrollgruppe werden als kontrollierte Studien bezeichnet.

Die Resultate aus der Kontrollgruppe bilden den Maßstab, an dem sich die neue Therapie messen muss. Im Verlauf der Studie wird ersichtlich, ob die neue Behandlung in der Studiengruppe tatsächlich bessere Ergebnisse erzielt, als die gleichzeitig laufende Standardtherapie in der Kontrollgruppe. Bei manchen Studien reicht es auch, nachzuweisen, dass die neue Therapieform der Standardtherapie gleichwertig (äquivalent) ist, etwa wenn sie dem Patienten Vorteile hinsichtlich der Verabreichung bietet (z.B. orale Einnahme statt Infusion).

Multizentrisch

Wenn mehrere Kliniken (Studienzentren) sich an der Durchführung derselben Studie beteiligen, bezeichnet man diese Studie als multizentrisch. Durch eine solche wissenschaftliche Kooperation mehrerer Studienzentren erreicht man eine größere Anzahl an Studienteilnehmern. Zudem werden zufällige Behandlungsunterschiede von Klinik zu Klinik ausgeglichen und können das Studienergebnis nicht mehr verfälschen.

Multizentrisch, randomisiert,kontrolliert, doppelblind

Eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte (auch placebo-kontrollierte) und doppelblind durchgeführte Studie gilt als die derzeit beste und wissenschaftlich beweiskräftigste Art der klinischen Untersuchung. Mit diesem Studiendesign werden verzerrte oder fehlerhafte Ergebnisse weitestgehend verhindert. Das Ziel solcher Forschungsarbeiten ist es, unter hohen Sicherheitsstandards und möglichst geringem Risiko verbesserte Behandlungsformen im Kampf gegen Erkrankungen zu entwickeln.

Placebo

Als Placebo bezeichnet man ein Scheinmedikament, das sich zwar äußerlich nicht vom Studienmedikament unterscheidet, jedoch gar keinen Wirkstoff enthält. Oft dient ein Placebo als Behandlungsform in der Kontrollgruppe, wenn ein neues Medikament gegen eine Krankheit geprüft werden soll, zu der es bisher keine Standardtherapie gibt. Man vergleicht die Resultate des Studienmedikamentes in der Studiengruppe mit den Ergebnissen ohne Behandlung in der Kontrollgruppe; allerdings erhalten dazu auch die Patienten der Kontrollgruppe ein "Medikament", eben ein Placebo. Die Studie wird als placebo-kontrolliert bezeichnet. Klinische Studien mit Krebspatienten sind in der Regel nicht placebo-kontrolliert, da eine Placebo-Verabreichung (Nicht-Behandlung) der Patienten in der Kontrollgruppe angesichts der Schwere der Erkrankung ethisch nicht zu vertreten wäre. Die Studienteilnehmer der Kontrollgruppe erhalten stattdessen die Standardbehandlung für die betreffende Krebserkrankung, d. h. die Therapie, die sich bei dieser Erkrankung bisher als die wirksamste erwiesen hat.

Randomisierung

Die Aufteilung der Studienpatienten in Kontroll- und Studiengruppe erfolgt nach einem Zufallsverfahren, in der Fachsprache sagt man randomisiert (engl.: random = Zufall). Eine Zuteilung der Patienten per Los soll verhindern, dass Ärzte bestimmte Patienten bewusst eine der beiden Gruppen zuordnen. Das Zufallsprinzip soll sicherstellen, dass sich die Studienteilnehmer gleichmäßig auf beide Gruppen verteilen, die sich möglichst ähnlich sind. Würden beispielsweise mehr kränkere Patienten in die eine Gruppe geraten, hätte die entsprechende Therapie dieser Gruppe von vorne herein einen Nachteil beim Behandlungsergebnis.

Standardtherapie

Die Behandlungsmethode, die sich bis zum aktuellen Zeitpunkt als die beste Therapiemöglichkeit erwiesen hat, bezeichnet man als Standardtherapie. Belegt ist dies durch die Ergebnisse von bisher durchgeführten klinischen Studien. Ziel von klinischen Studien ist es oft, eine neue Behandlungsform mit der Standardtherapie zu vergleichen. Hierfür würde man eine kontrollierte klinische Studie mit einer Studiengruppe (neuere Therapie) und einer Kontrollgruppe (Standardtherapie) durchführen und die Ergebnisse aus beiden Gruppen vergleichen. Erweist sich beispielweise ein Studienmedikament der derzeitigen Standardtherapie überlegen, kann es später einmal selbst zur Standardtherapie werden.

Studienprotokoll

Die Ausarbeitung eines Studienprotokolls ist ein wichtiger Schritt in der Vorbereitung einer klinischen Studie. Das Protokoll gibt den genauen Fahrplan der Studie vor, nach dem sich die spätere Durchführung richtet. An die Ausarbeitung eines Studienprotokolls werden hohe Anforderungen gestellt; dafür sorgen beispielsweise Qualitätssicherungsprogramme der Europäischen Gesellschaft für Krebsforschung und Krebstherapie (EORTC).

Besonderer Wert wird dabei auf den Schutz und die Rechte der Studienteilnehmer gelegt. Das Studienprotokoll wird der Ethikkommission zur Genehmigung vorgelegt. Spätere Protokolländerungen während einer laufenden Studie müssen angemeldet, begründet und erneut genehmigt werden.

Studienmedikament oder Prüfmedikament

Ein neues Medikament, dessen Wirkung und Verträglichkeit innerhalb einer klinischen Studie geprüft werden soll, bezeichnen Fachleute als Studienmedikament. Die Prüfung des Medikamentes erfolgt oft mit einer kontrollierten Studie, wobei die Studiengruppe das Studienmedikament erhält, die Kontrollgruppe die Standardtherapie bei der betreffenden Erkrankung oder ein Placebo (placebo-kontrolliert).

Studienmedikamente sind vorerst nur im Rahmen einer klinischen Studie zu erhalten. Erst nach einer erfolgreichen Prüfung kann das Studienmedikament für den Handel und die breite Verwendung genehmigt (d. h. durch eine Arzneimittelbehörde zugelassen) werden.


Dieser Text entstand mit fachlicher Unterstützung des Krebsinformationsdiensts (KID).