Bei jeder Darmkrebsoperation muss der Chirurg Sicherheitsabstände einhalten, um einem Tumorrückfall weitestgehend vorzubeugen. Bei besonders tief sitzendem Mastdarmtumor in unmittelbarer Nähe des Afters bedeutet dies, dass auch der gesamte Afterschließmuskel bei der Operation mit entfernt werden muss. Die Afteröffnung verschließt der Chirurg mit einer Naht, als neuer Darmausgang wird ein künstlicher Darmausgang (Stoma oder Anus praeter) angelegt. Dies ist nichts anderes als eine Schnittöffnung in der Bauchdecke, die mit dem Ende des gesunden Darms vernäht wird. Mit dem Stoma wird die Funktion eines normalen Darmausgangs nachgeahmt.

Künstlicher Darmausgang immer seltener

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, können heute alle Tumoren des mittleren und oberen Mastdarmdrittels – d.h. 6 bis 16 cm  vom After entfernt – so operiert werden, dass der Schließmuskel erhalten bleibt. Bei Tumoren im unteren Drittel müssen es mindestens 1-2 cm Sicherheitsabstand zum After sein, damit erfahrene Mastdarmchirurgen einen künstlichen Darmverschluss verhindern können. Durch eine der Operation vorgeschaltete Bestrahlung (oft kombiniert mit einer Chemotherapie) lässt sich ein tiefsitzender Tumor manchmal so weit verkleinern, dass der Afterschließmuskel doch noch erhalten werden kann.

Und noch einmal sei es gesagt: Es ist beim Mastdarmkrebs sehr ratsam, sich in einer spezialisierten Klinik mit besonderen Erfahrungen in der Mastdarmchirurgie behandeln zu lassen.

Vorübergehend ein künstlicher Darmausgang

Wenn bei einer Operation der Schließmuskel erhalten werden kann, jedoch dafür eine sehr tiefe, nahe am After gelegene Nahtverbindung notwendig ist, wird sich der Chirurg für einen vorübergehenden künstlichen Darmausgang entscheiden. Auf diese Weise soll der im Operationsgebiet liegende Darm mit der frischen Naht entlastet werden, um in Ruhe abheilen zu können.

Ein solcher vorübergehender Darmausgang kann am Dünndarm oder am Dickdarm angelegt werden. Typischerweise hat er zwei Öffnungen: Eine, aus der Stuhl austritt, und eine zweite, die zum stillgelegten Darmteil führt.

Bei gutem Heilungsverlauf kann nach zehn bis zwölf Wochen in einer späteren, zweiten Operation dieser vorübergehende künstliche Darmausgang "zurückverlegt" werden. Während einem zumeist unkomplizierten Eingriff werden die Darmabschnitte wieder mit einander verbunden, so dass der natürliche Verdauungsweg wieder hergestellt ist. Der künstliche Ausgang in der Bauchhaut wird mit einer Naht verschlossen.

Dauerhafter künstlicher Darmausgang

Leider gibt es Fälle, in denen ein Tumor so nahe am Schließmuskel sitzt oder sogar in den Schließmuskel selbst hinein gewachsen ist, so dass der After nicht erhalten werden kann. Mastdarm und Schließmuskel müssen dann komplett entfernt werden.

Bei einer solchen Operation wird ein dauerhafter künstlicher Darmausgang angelegt. Dazu führt der Chirurg den untersten Teil des Dickdarmes als Ausgang durch eine Öffnung in der Bauchdecke und vernäht den Darmausgang mit der Haut.

Obwohl ein künstlicher Darmausgang für jeden Patienten anfangs schockierend sein kann, kommen doch die meisten auf Dauer gut damit zurecht. Schon im Krankenhaus bereiten geschulte Krankenschwestern auf den Umgang mit dem Stoma vor (Stoma-Schulung). Zusätzliche Hilfe und Tipps bieten Stoma-Selbsthilfegruppen, die es in einigen Städten gibt.

Für viele Patienten ist es möglich, zur geregelten Darmentleerung die so genannte Irrigationsmethode zu erlernen: Der Patient verabreicht sich selbst über den Darmausgang einmal täglich (bei manchen ist auch einmal alle zwei Tage ausreichend) eine Art Einlauf und führt so eine gewollte Darmentleerung herbei. Nach einer gewissen Eingewöhnungsphase bleiben dann fürmindestens 24 Stunden weitere Entleerungen aus.

Mit Hilfe spezieller Pflaster oder Stomakappen sind mit künstlichem Darmausgang auch Schwimmbadbesuche und Saunagänge möglich. Stomaträger können praktisch jeden Beruf ausüben und auch jeden Sport betreiben.


Dieser Text entstand mit fachlicher Unterstützung des Krebsinformationsdiensts (KID).
Quelle: 
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom, Langversion 2.0, 2017, AWMF Registrierungsnummer: 021/007OL, http://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/kolorektales-karzinom/