Gast
Freitag, 18. Januar 2008 - 19:57
Der Brief erfreute mich und tat mir gut. Trotzdem fühlte ich mich in dieser Zeit vergessen. Viele Menschen, die mir etwas bedeuteten, mieden mich wie jemand, der an Aids erkrankt war. Verzweiflung, Wut, vielleicht auch der Ansatz von Hass stiegen in mir auf und ich beschloss meine Freunde anzurufen oder aufzusuchen. Harsch und hart waren meine Worte am Telefon oder im persönlichen Gespräch, mitunter sicherlich auch beleidigend und kränkend. Aber ich konnte nicht anders. Zu tief saß meine Enttäuschung über ihre vermeintliche Gleichgültigkeit. In jenen Tagen empfand ich sie als gleichgültig. Heute sehe ich dies aus einem anderen Blickwinkel, in einem anderen Licht, aber vollkommen verstehen und akzeptieren kann ich ihr Verhalten immer noch nicht. Es scheint so, dass aus Freunden Bekannte geworden sind. Bekannte sind Menschen, denen man auf der Straße „Hallo“ oder „Guten Tag“ sagt, aber die im Leben keine große Bedeutung mehr haben. Vielleicht ändert sich dies wieder. Ich wünsche es mir.
Es war gut, dass ich auch die umgekehrte Erfahrung machen durfte. Meine Freunde aus der Jugendzeit, mit denen ich zwar
nicht häufig zusammentraf, erwiesen sich wieder als richtige Freunde. Sie waren es, die den Kontakt mit mir aufnahmen und mit Einfühlungsvermögen mir begegneten. Ich war froh und glücklich darüber, dass sie mich besuchten, mit mir redeten, mir
Trost spendeten und Mut zusprachen. Einer von ihnen schrieb mir den folgenden Brief:
Lieber Seppl!
Bitte entschuldige, dass ich mich erst so spät bei Dir melde, aber ich bin selbst seit September aus gesundheitlichen Gründen zu Hause.
Mit Bedauern habe ich von Deiner Krankheit erfahren, hoffe aber zuversichtlich, dass Du Dich auf dem Weg der Besserung befindest.
Verliere nicht den Mut und schau positiv in die Zukunft.
Die besten Wünsche und die Gebete Deiner Familie und Deiner Freunde werden Dich begleiten.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Du in naher Zukunft im Kreise Deiner Familie mit dem Champagner auf Deine wiedergewonnene Gesundheit anstoßen kannst. Konzentriere Dich auf diesen Tag.
Wir denken an Dich
Gruß Rüdiger, Gabriele und Sandro
Meine alten Freunde waren es, die mir neben Anne und meinen Kindern wieder Lebenszuversicht und Kraft gaben. Sie und ihr Verhalten waren oft Inhalt von Gesprächen zwischen Anne und mir. Ich war nicht allein. Ich hatte Bedeutung für andere Menschen. Die Tage wurden heller. Aber ein Rückschlag holte mich ein.
An einem Morgen im Februar entschloss ich mich, einen Besuch in meiner Schule zu machen. Freundlich und herzlich mit Umarmungen wurde ich von meiner Sekretärin, meinem Hausmeister und den Kolleginnen und Kollegen empfangen. Im Rektorat tranken mein Stellvertreter, meine Sekretärin und ich eine Tasse Tee zusammen. Plötzlich überkam mich eine Übelkeit. Mein Gesicht wurde fahl. Ich bat um Entschuldigung, verabschiedete mich und fuhr nach Hause. Schüttelfrost überkam mich. Ich zitterte am ganzen Körper. Angst beschlich mich und wieder konnte ich nicht vor ihr davon laufen. Ich legte mich ins Bett, deckte mich zu, aber die Kälte wurde trotzdem stärker. Heftigste Durchfälle stellten sich ein. In der Badewanne stehend, mich duschend, entwich der Stuhl meinem Körper. Er gehorchte mir nicht mehr. Ich konnte seine Funktionen nicht willentlich beeinflussen. Anne verständigte den Hausarzt und schilderte ihm meinen Zustand. Er bat uns in seine Praxis zu kommen, aber dazu war ich nicht mehr in der Lage. Meine Körperfunktionen waren außer Kontrolle geraten. Ich war ein Notfall und der Arzt kam zu uns in die Wohnung. Nach einer kurzen Untersuchung teilte er mir ohne Umschweife mit, dass ich sofort in die Klinik eingeliefert werden müsste. Er verständigte den Rettungsdienst, der mich mit seinem Fahrzeug umgehend ins Krankenhaus brachte. Mir ging es schlecht. Mein Körper und meine Psyche waren auf einem Tiefpunkt angelangt. Schwankend zwischen Hoffnung und Resignation lag ich wieder im Krankenhaus. Mein Leben beschränkte sich wieder auf ein Krankenzimmer. Draußen war das Leben an das
ich mich wieder langsam herangetastet hatte. Jetzt, so schien es mir, hatte ich den Kontakt zu ihm wieder verloren. Doch gleichzeitig erkannte ich, dass Leben nicht nur draußen passiert. Leben entwickelt und ereignet sich auch in mir. Ich wollte leben, in mir, aber auch draußen. So fügte ich mich in alle Behandlungstherapien. Ich vertraute auf die Maßnahmen der Ärzte und des Personals, weil ich allein hilflos war. Ich erkannte meine Abhängigkeit, aber war bereit sie zu akzeptieren, was mir schwer fiel, denn ich war ein Mensch, der sich nicht in die Abhängigkeit von anderen begeben wollte. Selbst entscheiden, selbst gestalten, selbst „machen“ waren meine Zielsetzungen. Jetzt musste ich mich demütig, Demut hatte ich gelernt, in meine Krankheit ergeben und auf Hilfe von verspürte außen bauen und hoffen. Ich tat es und nach zwei Tagen spürte ich ein Verbesserung meines Zustandes. Langsam konnte ich wieder eine Suppe zu mir nehmen. Ich kam wieder zu Kräften. Die Chemotherapie hatte meine Schleimhäute total zerstört. Deshalb stand die Frage nach ihrer Fortsetzung im Mittelpunkt der weiteren Überlegungen. Drei Staffeln waren vorüber und mein Körper hatte heftigste Reaktionen gezeigt. Drei weitere Perioden waren eigentlich geplant. In mehreren Gesprächen mit Anne und dem betreuenden Arzt entschlossen wir uns, die Chemotherapie abzusetzen. Das Risiko auf ein Wiederauftreten einer karzinösen Geschwulst schien geringer zu sein im Vergleich zu den Schäden, die die chemischen Substanzen in meinem Körper ausrichteten. Ambivalente Gedanken und Gefühle beschäftigten mich. Einerseits war ich glücklich, nicht mehr die giftigen Mittel verabreicht zu bekommen, andererseits entstanden Ängste, dass der Krebs wieder aufbrechen oder neu entstehen könnte. Doch wir alle entschlossen uns das Wagnis einzugehen und das Risiko zu tragen. Der Chefarzt stimmte dem Absetzen der Chemotherapie zu. Wichtig war auch, dass unsere Kinder den Entschluss mittrugen. Ich war darüber glücklich und froh. Sie nahmen mich so wie ich war, krank, verwirrt, wenn ich über mein zukünftiges Leben nachdachte, voll von Selbstmitleid, sehr egoistisch und vielleicht auch manchmal ungerecht. Sie standen zu mir, genau wie Anne, auch bei dieser schwierigen Entscheidung. Nach einer Woche durfte ich das Krankenhaus verlassen.
Ich war wieder zu Hause. Ich konnte mich wieder freier bewegen. Ich konnte wieder feste Nahrung zu mir nehmen. Die Schleimhäute regenerierten sich und ganz langsam nahm ich an Gewicht zu. Ich war jetzt bereit, einen Kuraufenthalt vorzunehmen.

Der Kurklinikaufenthalt
Auf Anraten der Ärzte sollte ich nach einer stationären Einweisung einen dreiwöchigen Aufenthalt in einer „Kurklinik“ vornehmen. Es stellte sich die Frage nach einem geeigneten Haus. Unter keinen Umständen sollte es ein Krankenhaus sein, in dem sich viele Patienten mit einer ähnlichen oder identischen Diagnose aufhielten. Es wäre für mich belastend und meiner Genesung nicht zuträglich gewesen, wenn meine Gedanken und Gespräche ständig um meine Krankheit kreisen würden. Ich wollte etwas Distanz gewinnen, so weit eine Distanzierung von der Krankheit überhaupt möglich war. Einen ständigen Austausch über Diagnose und Therapie von Darmkrebs wollte ich nicht haben. Überall zog ich Erkundigungen ein, informierte mich, welche Klinik meiner Situation gerecht werden könnte. Der Vorschlag eines Arztes für Allgemeinmedizin, mit dem ich vor meiner Krankheit Fußball spielte, klang sehr positiv. Er riet mir eine Klinik im Schwarzwald auszuwählen, in der einige seiner Patienten einen Kuraufenthalt durchgeführt hatten. Nach Telefonaten mit der Sekretärin der Verwaltung, entschlossen sich Anne und ich eine Fahrt in den Schwarzwald zu machen, um die Klinik zu besichtigen. Freundlich wurden wir begrüßt. Eine persönliche Hausführung überzeugte uns, dass diese Klinik die richtige für mich sein könnte.
Nach einer Untersuchung im Gesundheitsamt sagte ich zu und mein Hausarzt schrieb mir eine Einweisung in die „Elztal Klinik“ in Oberprechtal nahe Freiburg. Die Elztal Klinik ist eine Klinik für Verhaltensmedizin. Ihre Behandlungsschwerpunkte sind chronische Schmerzzustände, ernährungsbedingte Krankheiten wie Diabetes mellitus und Übergewicht, Erkrankungen des Herz – Kreislaufsystems, stressbedingte Erkrankungen wie Burnout und die Nachsorge bei Magen – Darmoperationen. Beeindruckend und mit Ausschlag gebend für die Wahl gerade dieser Klinik war auch ihre Architektur. Überschaubar in der Größe und eingebettet in die herrliche Schwarzwaldlandschaft
schafft sie mit einem Wechsel zwischen Ruhe – und Erlebniszonen ein besonderes Raumgefühl, das durch die kontrastreiche Verwendung der Baumaterialien Holz, Glas, und Stein noch verstärkt wird. Nicht umsonst wirbt man mit dem Slogan „Gebaut für Menschen“.
Diese Klinik sollte für vier Wochen mein Zuhause sein.
Die Tage waren gefüllt mit Anwendungen, Gymnastik, informativen Vorträgen, Untersuchungen, boten aber immer noch so viele Freiräume, dass die Besinnung auf das Ich, auf die individuellen Vorstellungen und die Gestaltung der eigenen Bedürfnisse möglich war. Die angenehm warme Atmosphäre des Hauses, die persönliche und menschliche Arztbetreuung, die freundlichen und erfahrenen Therapeuten, das zuvorkommende Personal, sie alle bewirkten, dass ich mich angenommen fühlte und Vertrauen in die therapeutischen Maßnahmen gewann.
Der Tag begann gewöhnlich mit einem strammen Spaziergang der Elz entlang, einem dahinplätschernden Flüsschen in dem die Forellen sprangen. Tau oder Frühnebel lag über dem Schwarzwaldtal und aus den Kaminen der „malerisch kitschigen“ Schwarzwaldhäusern entwich heller Rauch. Die Sonne stieg auf und die ersten gleißenden Sonnenstrahlen spiegelten sich im klaren Wasser der Elz. Oftmals traf mich diese Landschaft. Die Natur und die Landschaft waren real, aber ich empfand sie im Vergleich zu früher anders. Sie hatte eine andere Wertigkeit und Bedeutung für mich. Ich hatte andere Augen die Welt zu sehen. Sie berührte mich sehr. Die Realität empfand ich als so schön wie ich sie mir in den Tagen meiner tiefsten Krankheit vorgestellt hatte.
Oft war ich glücklich. Besonders als ich nach vielen Jahren erstmals wieder in den Therapiestunden mit Aquarellfarben malen konnte. Zögerlich waren meine ersten Versuche. Zaudernd trug ich anfangs die Farben auf kleine Probeblätter auf. Mit meinen ersten Ergebnissen war ich unzufrieden, Allmählich wurde ich freier und mit Zuversicht wagte ich mich an größere Papierformate. Eine junge Studentin, die ihr Praktikum absolvierte, betreute mich. Ihr freundliches Wesen und ihre Unkompliziertheit halfen mir. Ich wandte mich kontrastreichen Farben zu und war bald über meine Bilder nicht mehr enttäuscht. Das Atelier zog mich an vielen Abenden an und ich malte mit Begeisterung. Heute hängen drei Bilder an einer Wand in unserem Wohnzimmer. Ich gab ihnen die etwas „überhöht“ klingenden Titel „ Der Urknall oder der Hauch Gottes“, „Das Chaos weicht der Ordnung“ und „Die Erde entsteht“. Sie geben etwas von den Gedanken und Gefühlen wieder, die mich während dieser Periode stark beschäftigten. Diese Bilder machten mich stolz, zufrieden und wertvoll. Ich hatte wieder Anteil an einigen Nuancen des Lebens. Was für ein Glück.
Was für ein Glück einen Menschen zu haben, der liebt und trägt, auch in schlimmen Phasen, die von Krankheit beherrscht sind. Ich hatte einen solchen Menschen. Deshalb waren die Tage, an denen mich Anne besuchte, wunderschöne Tage. Wie schon beschrieben, waren Anne und ich eigentlich nie seit unserer Heirat längere Zeit getrennt. Wir waren immer zusammen. Zum ersten Mal während dieses Aufenthalts war sie nicht ständig bei mir. Es war eine völlig neue Erfahrung für mich, die mir aber bewusst machte, wie sehr ich Anne brauchte und wie sehr ich sie liebte. Jeden Tag freute ich mich auf ihre Stimme am Telefon. Sie war so nah als ob sie bei mir gewesen wäre und trotzdem hatte ich Sehnsucht nach ihr. Ich wollte in ihre wunderschönen Augen sehen und sie in meinen Armen halten. Am Ende der zweiten Woche meines Aufenthaltes wollte sie mich besuchen. Die schlimmen Tage der Chemotherapie lagen schon ein Stück hinter uns. Ich richtete einen Korb mit frischem Obst, räumte das Zimmer auf und wartete auf sie wie
ein kleiner Junge, der ein lang ersehntes Geschenk zu seinem Geburtstag bekommen sollte. Öfters begab ich mich auf den Balkon, um zu sehen, ob ihr kleines blaues Auto schon auf dem Parkplatz stand. Dann wollte ich mich in den Eingangsbereich der Klinik begeben, um sie dort abzuholen. Ich verließ das Zimmer und sah sie auf der Treppe stehen. In diesem Moment fühlte ich mich wie ein Sechzehnjähriger. Mit ihren großen braunen Augen lächelte sie mich an. Ich nahm sie in die Arme. Ein klein wenig musste ich weinen. Diesen Augenblick werde und will ich nicht mehr vergessen. Er machte mir bewusst, dass wir beide es wert waren füreinander da zu sein, als Paar zusammen zu bleiben, obwohl es auch in unserer Ehe Situationen gab, die eine Bedrohung für sie darstellten. Aber wir beide hatten zusammengehalten und die Zuneigung während meiner Krankheit verstärkte sich und wurde tiefer. Alle Tage, an denen Anne bei mir in der Klinik war, empfand ich als kleine Festtage an denen mir etwas Besonderes zuteil wurde.
Stück für Stück wurde mir wieder mehr Gesundheit geschenkt und langsam kam ich zu Kräften. Ich begann zu laufen. Von Lauf zu Lauf konnte ich die Strecke und meine Laufzeit verlängern. Mein Körper verkraftete die Anstrengungen und die Bewegung an der frischen Luft in einem herrlichen Schwarzwaldtal beflügelten mich. Ich schrieb eine Karte an mein Kollegium.
„Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter,
seit Beginn meines Aufenthaltes zeigt sich der Schwarzwald von seiner attraktivsten Seite. Herrliche Sonnentage in anmutigen Tälern und Wäldern wecken in mir eine euphorische Stimmung. Fast täglich laufe ich mit zunehmender Kraft und gewinne wieder Vertrauen in meinen Körper und Geist. Sowohl für das Auge als auch für den Gaumen köstlich und individuell zubereitete Speisen, so wie die persönliche und menschliche Betreuung durch die Ärzte und Therapeuten führen mich zurück zu Lebensfreude und Vitalität.“
Zu diesem Zustand trugen auch zwei Mitpatienten bei, die wegen Tinnitusbeschwerden in der Klinik waren. Gemeinsame Wanderungen und Saunabesuche, viele Gespräche entwickelten sich zu einer freundschaftlichen Beziehung, die zumindest mit einem von beiden auch heute noch Bestand hat. Krankheiten binden und schweißen zusammen.
Es waren relativ unbeschwerte Tage, die ich in der Elztalklinik verbringen durfte. Doch in der letzten Woche holte mich die Realität der Krankheit wieder ein. Fünf Tage vor der Entlassung nach einem wie immer ausgefüllten Tagesprogramm suchte ich die Toilette auf und stellte mit Erschrecken fest, dass sich auf dem Stuhl Blut abgelagert hatte. Panisch und entsetzt suchte ich sofort das Untersuchungszimmer des Chefarztes auf und schilderte ihm meine Entdeckung. Beruhigend wirkte er auf mich ein und untersuchte mich. Mit dem Finger konnte er eine „hämorrhoidische Falte“ entdecken, wollte und konnte aber ohne eine Darmspiegelung keine stichhaltige Diagnose stellen. Er bat mich Verbindung mit meinen mich behandelnden Ärzten in Bruchsal aufzunehmen, da das Einschalten einer neuen Klinik, die meine Vorgeschichte nicht kannte, ihm nicht sinnvoll erschien. Sofort rief ich Anne unter Tränen an und schilderte ihr
das Geschehen. Besorgnis und auch Angst konnte ich der Färbung ihrer Stimme entnehmen. Trotzdem gelang es ihr mich zu beruhigen. Mit den Worten „Ich liebe dich“ verabschiedete sie sich am Telefon. Früh am nächsten Morgen läutete das Telefon und Anne war am Apparat. Sie hatte mit dem Oberarzt gesprochen. Er bat sie, mir zu sagen, dass ich den Aufenthalt im Schwarzwald nicht abbrechen sollte. Eine akut notwendige Behandlung sei aufgrund des bisherigen Krankheitsverlaufes nicht angezeigt. Jedoch sollte nach meiner Entlassung wieder eine Darmspiegelung vorgenommen werden.
Die restlichen Tage in der Klinik waren trotz der Unsicherheit über meinen Zustand angenehm. Anne war bei mir. Sie hatte Ferien und besuchte mich. Wieder war sie es, die mich ermunterte, die mich beflügelte, die mir Halt gab. Ich glaubte ich
liebte sie tiefer und mehr als in all den Jahren unserer bisherigen Ehe. Das hatte ich meiner Krankheit zu verdanken.
Der Tag der Entlassung war gekommen. Nach einer Abschlussuntersuchung und guten Wünschen von allen Seiten für die Zukunft, luden Anne und ich das Gepäck in unser Auto.
Es war ein wunderschöner sonniger und schon warmer Frühlingstag. Wir machten uns auf den Nachhauseweg. Ich freute mich auf unser Zuhause, ein Zuhause, das mir Geborgenheit und Wärme vermittelte. Die Wärme der Sonne erfüllte die Luft, so dass man schon an laue Sommerabende erinnert wurde. Anne und ich entschlossen uns deshalb und weil ich mich auch recht stabil fühlte, nicht auf dem kürzesten Weg nach Hause zu fahren, sondern einen Umweg über die Ortenau zu nehmen. Die Ortenau ist eine herrliche Landschaft bekannt und berühmt für ihren Weinbau und die kulinarischen Angebote der Restaurants. Uns ging es nicht um die Speisen, dafür war mein Darm noch viel zu instabil, sondern um die grandiose Landschaft, die mich stärker als je zuvor in meinem Leben faszinierte. Steile Hänge mit Reben bepflanzt, kleine mit viel Liebe zum Detail ausgeschmückte Häuser und Dörfer zogen mich an. Es beglückte mich dies sehen zu dürfen. In enthusiastischer und euphorischer Stimmung fuhr ich die Verkaufsstelle einer Winzergenossenschaft an. Wir kauften einige Flaschen Rotwein und eine Flasche gekühlten Risecco. In einer Bäckerei besorgten wir uns Brezeln und fuhren dann in die obersten Höhen der Weinberghänge. Ein kleiner Spaziergang führte uns zu einer kleinen Bank im Sonnenschein mit einem Blick über die sonnendurchfluteten Weinberge. Wir setzten uns nieder und öffneten die Flasche mit dem kühlen Risecco, tranken einen Schluck und aßen eine Brezel. Harmonie. Ich musste Anne in die Augen schauen. Aus den Blicken von zwei Paaren, die an uns vorbei gingen, glaubte ich entnehmen zu können, dass sie uns für ein frisch verliebtes Paar hielten, das sich hier unerlaubter Weise verabredet hatte.
Ich glaubte, dass Anne und ich eins mit uns waren trotz oder gerade wegen meiner Krankheit. Wir tranken aus einem Becher Sekt, aßen eine Brezel, eigentlich eine komische Situation, aber nicht für mich. Ich war eins mit ihr, nicht nur mit ihr, sondern auch mit der Landschaft. Wieder fühlte ich, dass mir das Schicksal eine tolle Frau geschenkt hatte. In diesem Moment war ich ein glücklicher Mensch in Harmonie mit mir selbst. Schön, dass es Anne gab und gibt. ( Wir haben die Ortenau und das Städtchen Durbach in der Zwischenzeit öfters besucht).
Zwei Tage nach meiner Rückkehr war eine Untersuchung im Krankenhaus anberaumt, um herauszufinden, woher das Blut im Stuhl rührte. Die zwischenzeitlich bekannte Prozedur, die der Darmspiegelung vorausgeht, war jetzt Routine, wenn auch eine unangenehme. Da der Chefarzt bei einem Kongress weilte, führte der Oberarzt die Darmspiegelung durch. Wieder war ich sehr aufgeregt und die Ungewissheit ängstigte mich. In der Nacht hatte ich schlecht geschlafen, wie in vielen Nächten während meiner Krankheit. Allerdings hatte ich dieses Mal keine Alpträume. Die Darmspiegelung zeigte, dass sich kein Rezidiv gebildet hatte. Die Blutung rührte von einer Nahtklammer, mit der die Darmstücke nach der Entfernung des Tumors wieder zusammengefügt wurden. Sie hatte sich im Gewebe verharkt, den Darm verletzt und zur Blutung geführt. Mit Vorsicht und Geduld entfernte sie der Arzt mit einem Spezialwerkzeug, das er in die Sonde einführte. Weitere Klammern, die noch im Körper verblieben waren und bei der Spiegelung sichtbar wurden, entnahm er auch. Die restlichen Metallteilchen sollten auf natürlichem Weg den Körper verlassen. Es gab keinen konkreten Hinweis auf ein Wiederaufbrechen der Krankheit. Es gab keine Spur von Krebs. Ich freute mich. Ich freute mich, dass ich dieses Ergebnis meiner Familie und dem Chefarzt der Klinik in Oberprechtal mitteilen konnte. Der Oberarzt sagte, dass ich zumindest körperlich geheilt wäre, wenn mir auch noch eine Zeit des Abwartens bevorsteht. Er gab mir den Rat zu leben. Wie ich mit
den emotionalen Folgen und den seelischen Belastungen umgehen sollte, konnte er mir nicht sagen. Vielleicht war ich körperlich geheilt, aber meine Seele war verwundet. Wie sollte sie sich erholen und wieder gesund werden? Wie werde ich mit dem Leben zurecht kommen; wie werde ich mit den langen Nächten, die oft mit Alpträumen versehen waren, zurecht kommen. Wer konnte mir dabei helfen? Ich hatte die Aufgabe, die Normalität und Banalität des Alltags wieder zu suchen und zu entdecken. Ich brauchte dabei Unterstützung und Hilfe, ich brauchte Menschen , die mir vermittelten, dass sie an mich denken, dass ich nicht allein und vergessen bin. Ich brauchte Freunde, richtige und gute Freunde. Gott sei Dank hatte ich einige, wenn auch wenige. Menschen in der Nachbarschaft, die mir Mut zusprachen. Menschen wurden zu Freunden, die vorher Bekannte waren. Verwandte mit denen der Kontakt lange Zeit unterbrochen war, kümmerten sich. Meine Mutter hätte mir am liebsten die Krankheit abgenommen. Kollegen schrieben liebe Zeilen und sandten Genesungswünsche. Es gab Menschen neben meiner Frau und meinen Kindern, die Mitgefühl zeigten, Wärme spendeten und Zuneigung verspüren ließen. Es gab Freunde. Gott sei Dank.

















Rückkehr ins Arbeitsleben
Lieber Herr ..
da ich immer wieder an Sie denke, muss ich dem auch Ausdruck verleihen, indem ich Ihnen einige Zeilen schreibe und auf diesem Wege meine Genesungswünsche an Sie übermittle.
Statt Schokolade lege ich „Glückliche Leseminuten“ bei, einmal in Form eines entsprechenden Büchleins, zum anderen in Form von Grußworten, die ich im Rahmen meiner Querschnittsaufgabe „Kirche, Religionsunterricht, Ethik“ im Namen des Staatlichen Schulamts bei Religionspädagogischen Jahrestagungen jährlich vortragen darf.
Damit möchte ich Ihnen zugleich Kraft zusprechen, die Sie auch in Zukunft brauchen werden, um Ihre Schülerinnen und Schüler auf ihrem Lebensweg voran zu bringen und sie zu ihrer Lebensmitte zu führen.
Sie haben noch große Aufgaben vor sich und deshalb wünsche ich Ihnen baldige Genesung und eine von allen Seiten ganz sicher bejubelte Rückkehr in die Schule.
Mit lieben herzlichen Grüßen
J. G.
Diese lieben Zeilen erreichten mich von meinem Vorgesetzten.
Nicht nur in diesem Moment erkannte ich, dass mir ein Mann begegnete, der nicht nur ein Schulamtsdirektor mit hohem fachlichen Können und Wissen ausgestattet seinen Aufgaben gerecht wurde, sondern als verstehender, einfühlsamer und liebenswerter Mensch sich die Menschlichkeit und das Mitgefühl bewahrt hatte. Seine Anteilnahme bewegte mich sehr, gab mir außerdem Kraft und stärkte meinen Willen wieder meine Arbeit aufzunehmen. Mein körperlicher Zustand verbesserte sich. Langsam nahm ich wieder an Gewicht zu und meine Kräfte wuchsen und ich wollte wieder“ meine Aufgaben“ angehen, die ich als Lehrer und Rektor vor meiner Krankheit mit Engagement und Freude versah. Es gibt wahrscheinlich wenig Berufe, die einem einerseits seine eigenen Grenzen aufzeigen, aber andererseits auch so viel Befriedigung und Erfüllung im Umgang mit jungen Menschen geben können. Der Rhythmus, das Flair und das Bewusstsein der Zeit umgeben dich und sind dein Begleiter. Hier atmest du die Gegenwart und die Zukunft. „I touch the future, I teach“ sagte eine amerikanische Lehrerin. Ich war fest entschlossen wieder die Zukunft zu berühren; ich wollte wieder lehren und erziehen. Ich glaubte eine Zukunft zu haben in der Arbeit ein integraler Bestandteil war. Ich wusste, Arbeit trägt zu sinnerfülltem Leben bei und ein Leben mit Sinn war mein Ziel. Ich wollte wieder zu meinen Mitarbeitern, zu meinem Kollegium, zu meinen Schülerinnen und Schülern, ich wollte in mein Rektorat, an meinen Arbeitsplatz zurückkehren. Ich war überzeugt davon, dass Arbeit Sinn stiftet und heilen kann. Für eine vollständige Rückkehr ins Arbeitsleben waren aber meine körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen noch zu groß, zu fixiert war ich noch auf die Reaktionen meines Darmes. Zu instabil war mein Gesamtzustand, um einen problemlosen Anfang im Berufsleben zu beginnen.
Dies bedeutete, dass ich die rechtlichen Voraussetzungen und Bedingungen für einen allmählichen Wiedereintritt ins Berufsleben in Erfahrung bringen musste, denn bisher hatte ich keine Veranlassung mich damit zu befassen. Nie hatte ich Zweifel daran, dass mich eine Krankheit treffen würde, die solche Überlegungen notwendig machen könnte. Aber dieser Zustand war Wirklichkeit. Sie galt es zu akzeptieren und ihr galt es zu begegnen. In persönlichen Gesprächen mit Bekannten und Menschen, die sich in den Rechtsvorschriften auskannten, wurde mir bewusst, dass eine Wiederaufnahme der Arbeit in Form einer Rekonvaleszenzregelung das Richtige für mich sein könnte. Rekonvaleszenz bedeutet, dass eine Art Arbeitsversuch
vorgenommen werden kann. Mit einer verminderten Arbeitszeit besteht die Möglichkeit der langsamen und stetigen Integration ins Arbeitsleben. Dazu musste ich einen Antrag beim zuständigen Oberschulamt stellen, dem die erforderlichen ärztlichen Gutachten beigefügt wurden. Meinem Antrag wurde nach wenigen Tagen entsprochen und ich konnte mit einer halbierten Arbeitszeit meine Tätigkeit in der Schule aufnehmen. Nach den Pfingstferien war Arbeitsbeginn. Ich freute mich auf meine Aufgaben. Doch vorher wollte ich mit Anne, die mich in meiner Krankheit so lange tragen musste, einen Erholungsurlaub verbringen. Anne und ich waren „Urlauber“, die nicht vierzehn Tage in einem Hotel mit Strandzugang verbringen konnten. Wir wollten bei unseren bisherigen Urlaubsreisen immer die Menschen und die Landschaft kennen lernen. So gestalteten wir miteinander Reisen in Eigenkonzeption und Eigenverantwortung in Andalusien, Portugal, Irland, aber auch im Südwesten der USA und in Namibia. Frei, unabhängig, ohne Gruppenzwang bei geführten Exkursionen wollten wir unsere eigenen Erfahrungen machen. Nicht pauschal, sondern personal und individuell war unser Leitspruch. Urlaub war nicht allein Erholung, Urlaub war Erfahrung und bedeutete Erkundung. Aber dieser Urlaub sollte zum Erholen und Entspannen da sein. Als Ziel suchten wir uns Mallorca aus. Mallorca ist voll von Klischees. Mallorca ist das Ziel, von Touristen, die zum Saufen auf die Insel, an den Ballermann kommen. Mallorca ist der Kulminationspunkt von Pauschalreisen für Millionen von Deutschen. Mallorca ist eine deutsche Enklave unter spanischer Verwaltung. Mallorca bedeutet aber auch unerschlossene Bergwelten, zerklüftete, wildrauhe Felsküsten und feinsandige karibisch anmutende Sandstrände. An einem solchen Strand wollte ich meinen ersten Urlaub mit Anne nach meiner Operation und den Klinikaufenthalten verbringen. Ich buchte nach guter Beratung in einem Reisebüro einen Aufenthalt in einem 4 Sterne Hotel in der Bucht von Alcudia. Die Wahl war gut und richtig. Anne und ich verbrachten unsere Tage mit Lesen, langen Spaziergängen
am weißen feinsandigen Strand und natürlich auch mit gutem Essen und Trinken. Bei der Auswahl der Speisen war ich noch sehr vorsichtig. Zwar musste ich trotzdem noch oft die Toilette aufsuchen, aber ich konnte mich ungleich freier bewegen als noch ein bis zwei Monate vorher. Ich genoss die hinzu gewonnene Freiheit in vollen Zügen. Voller Elan, gestärkt mit neuer Kraft und neuem Vertrauen in meine körperlichen Fähigkeiten joggte ich am frühen Abend beinahe täglich am Strand entlang. Es war ein phantastisches Gefühl wieder laufen zu können. Was für ein Glück wieder körperliche Leistungen vollbringen zu können. Was für ein Glück unter der Sonne sein zu dürfen. Was für ein Glück im seichten, türkisblauen Wasser stehen zu dürfen und Anne in meinen Armen halten zu dürfen. Was für ein Glück eine Einheit zwischen zwei Menschen, dem Meer und der Sonne erfahren zu dürfen. Nein dies ist keine kitschige Beschreibung, auch wenn es so klingen mag. Dies war Realität. Es war Wärme, Auf- und Angenommensein, Harmonie, Einheit und Ganzheit. Ich glaubte zu spüren und zu fühlen, wie schon einmal, dass sich „Jemand“ an mich zurückerinnert hatte. Irgendwie war ich eingebunden in die Schöpfung. Daran denke ich und so fühle ich, wenn ich das Wort Mallorca höre. Das bedeutet Mallorca für mich.
In einem solchen Zustand kehrte ich zu meiner Arbeit, in meine Schule, zu meinem Kollegium, meiner Sekretärin, zu meinem Hausmeister, zu meinen Schülerinnen und Schülern zurück. Viele fröhlich lachende Gesichtet empfingen mich. Herzliche Worte über mein wieder hier sein wurden gesprochen und viele ehrlich gemeinte Umarmungen machten mir den Arbeitsanfang einfach. Nach wenigen Tagen war meine Anwesenheit zur Selbstverständlichkeit geworden. Schnell konzentrierten sich die Fragen und Gesprächswünsche wieder auf mich und ich erkannte, dass ich nur unter schwierigen Umständen einen langsamen, stetig wachsenden Wiedereinstieg ins Berufsleben erreichen konnte. Das Rektorat war besetzt. Aufgaben mussten angegangen werden, Gespräche mussten geführt werden, Entscheidungen mussten getroffen werden. Ein Einstieg mit halbem Kraftaufwand und halber Arbeitszeit war nicht möglich. So rasch durfte und konnte ich mich nicht einvernehmen lassen und in die alte Arbeitsroutine verfallen. Deshalb verließ ich an manchen Tagen die Schule und überließ die Arbeit meinem Stellvertreter. Zu schnell wurde ich noch müde, zu oft war ich erschöpft. Aber ich konnte arbeiten. Es war für mich eine Genugtuung arbeiten zu können. Die restlichen Wochen des Schuljahres flogen regelrecht dahin und nach den Sommerferien wollte ich meine Arbeit wieder voll aufnehmen.

















Ausblick
Zwei Jahre und ein Monat seit meiner Operation sind jetzt vergangen. Die tägliche Beanspruchung in der Schule ist wieder gewohnte Realität und Normalität. Durch die Beförderung meines Stellvertreters zum Schulleiter an einer anderen Schule bin ich allein verantwortlich für alle Bereiche der Schulleitung und alle Entscheidungen, die notwendig und erforderlich sind. Sicherlich verspüre ich an manchen Tagen an der Reaktion meines Körpers, insbesondere meines Darmes, dass die beruflichen Belastungen angewachsen sind. Beschwerlicher als die Anforderungen durch die anstehenden Aufgaben empfinde ich jedoch die Schlafstörungen, die mir manche Nachtruhe rauben. Oft verbringe ich die Nacht im Halbschlaf. Gedanken schießen mir in den Kopf. Gedanken, die geprägt sind vom Wiederaufleben der Krankheit; Gedanken, die ich trotz aller Versuche, die vorher gekannte Normalität einkehren zu lassen, nicht verdrängen kann. Mein Denken an den Krebs erstreckt sich auf den zeitlichen Abstand von einem Untersuchungstermin zum nächsten. In den Tagen vor der Untersuchung war und bin ich auf dem Höhepunkt der Nervosität und Angespanntheit. Der bloße Gedanke an ein für mich negatives Untersuchungsergebnis hält mich gefangen. Wird meine Lunge geröntgt, wird von meinem Bauchraum und den inneren Organen ein Sonogramm angefertigt, führt man zur Darmspiegelung das Endoskopiegerät ein, achte ich auf jeden Gesichtsausdruck des untersuchenden Arztes und der anwesenden Assistenzärzte. Ich deute jedes Stirnrunzeln, ich lese in ihren Gesichtern, ich sauge jedes Wort auf und wäge es ab. Ich bin erleichtert und fühle das mir zugeflogene Glück des mir neu geschenkten Lebens, wenn keine Metastasen in meinem Körper zu finden sind. Meine Seele schwingt aber nicht mehr so frei wie vor meiner Krankheit.
An solchen Tagen erinnere ich mich an einen Ausspruch des stoischen Philosophen Epiktet, der sinngemäß einmal gesagt hat: „ Nicht die Dinge an sich beunruhigen uns, sondern unsere Sichtweise von den Dingen“. Leichtfertig könnte man diese Lebensregel so deuten, dass wir beim Betrachten der Dinge uns unserer eigenen Grenzen bewusst werden und dann in eine gewisse Gleichgültigkeit verfallen. Sie will aber kein kritikloses Verhalten und ein sich willenloses Fügen in unabänderliche Situationen. Sie sagt mir viel mehr, dass ich geborgen sein darf, auch in bedrohlichen Momenten, die von Schmerz und Krankheit gekennzeichnet sind. Sie erlaubt mir Zuversicht im und ins Leben zu haben. Sie ermöglicht es mir, mich selbst in meinem Sosein annehmen zu dürfen, denn ich weiß mich eingebettet in einen großen Sinn, der mich trägt, hält und zu mir ein interpersonales Verhältnis aufbaut; weil ich weiß, dass Gott ein menschenfreundlicher, mir zugewandter und liebender Gott ist.
Auch aus diesen Gründen versuche ich jeden Tag meines Lebens zu genießen, nicht im Sinne einer unendlichen Maßlosigkeit und einem ständigen Lustgewinn, sondern im Bewusstsein, dass ich Dinge hinnehmen muss, die ich nicht ändern kann und gleichzeitig das angehen kann, was veränderbar ist und zu Freude und Befriedigung führt.
Ich weiß, dass sich mir wieder jemand zugewandt hat. Ich weiß, dass die Liebe meiner Frau und meiner Töchter mich getragen hat, diese bedrohliche Situation der Krankheit zu überleben, Ich weiß, dass ich zukünftig um und für die kämpfen werde, die mir wichtig und anvertraut sind. Ich weiß mit den Gedanken in der Desiderata, dass das Leben trotz aller Enttäuschungen, trotz aller Rückschläge, trotz vieler herber zwischenmenschlicher Erfahrungen wunderschön ist, Ich weiß, dass Leben heiter und glücklich machen kann. Ich hoffe, dass mir Zukunft gegeben ist, in der ich all das immer wieder erfahren darf.
Es ist Dezember und in wenigen Tagen ist Weihnachten. Auch dieses Jahr schreibe ich wieder meine Weihnachtsgedanken nieder und sende sie an unsere Verwandten und Freunde.


Weihnachten
Manchmal ist es für einen Menschen gut, wenn ich nur an ihn denke;
manchmal ist es für einen Menschen gut, wenn ich ihm still zuhöre;
manchmal ist es für einen Menschen gut, wenn ich ihn zu trösten versuche;
manchmal ist es für einen Menschen gut, wenn ich ihn anlächle,
manchmal ist es für einen Menschen gut, wenn ich mich mit ihm freue;
manchmal ist es für einen Menschen gut, wenn ich ihn umarme.

Aber manchmal ist es für einen Menschen gut und wichtig,
wenn ich ihm sage, dass ich mich freue ihn zu sehen;
wenn ich ihm sage, dass seine Gedanken und die Gespräche mit ihm mich bereichern;
wenn ich ihm sage, dass ich für ihn da bin und da sein werde,
wenn ich ihm sage, dass ich ihn liebe.
Sagen wir es einander, nicht nur an Weihnachten!
Wir wünschen euch ein frohes Weihnachtsfest, für das neue Jahr Glück, Zufriedenheit, gute Freunde, harmonische Begegnungen mit netten Menschen, und besonders das kostbare Gut der Gesundheit.
Anne und Josef
Ich lebe und liebe, weil es Anne, Julia und Ines gibt.