annachristine

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Donnerstag, 5. November 2009 - 09:57
Wie unter Magensonde geschrieben, hatte ich gestern einen für mich nicht nachvollziehbaren "Streit" mit der behandelnden Hausärztin im senioren heim.
Dazu folgendes:
Ich wollte zu meiner Mutti auf Zimmer und mir noch Informationen von der leitenden Schwester holen.
Im Schwesternzimmer saß neben der leitenden Schwester eine Dame, die sich mir nicht vorstellte. sie hatte den KH-Bericht meiner Mutti in den Händen und laß dain.
Urplötzlich bombardierte sie mich mit der Frage, weshalb ich denn der Magensonde zugestimmt habe, die doch nach ihrer Meinung nicht mehr notwendig gewesen ist. Der Patient verweigert die Nahrung und die Flüssigkeit komplett und will sterben. Da soll man doch nicht noch Lebensverlängernde Maßnahmen machen, die sinnlos sind. Mein Argument der unzureichenden Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme als Beweggrund und in Abstimmung mit den Ärzten im KH stieß bei ihr auf Widerstand. Die leitende Schwester saß wortlos dabei.
Ich konnte mir so nur denken, daß ich mit einer der beiden Ärztinen sprach.
Ich stellte ihr auch die Frage nach der ambulanten Palliativversorgung duch die Hausärzte, die mir vom anderen KH genannt wurde. Beide sind in die Hospizarbeit des KH eingebunden. Ich erhielt gezielt die Frage, ob ich den in dem KH etwas unterschrieben habe, da ich nachfrage!
Wenn ich auf die ambulante Palliativversorgung bestehe, dann soll ich mich an das KH wenden, damit von dort aus diese erfolgt. Beide Ärztinnen lehnen dann die Behandlung und Betreuung meiner Mutti ab. Gleiches traf auch auf meine Frage nach den Pflegeprodukten und sonstigen frei käuflichen Artikeln aus der Apotheke für Palliativ-patienten zu.
Sie schreibt meine Mutti nicht als Palliativpatientin ein und wenn ich die kostenlosen Dinge haben will für Mutti, dann soll ich diese mir doch aus dem KH holen. Was in den Informationen der Ärztekammer steht interessiere sie nicht.
Wenn ein Patient den Mund nicht öffnet, weder zum Säubern noch zum Essen und Trinken, dann will dieser Sterben und man soll da nicht noch gegen arbeiten.
Es gab dann die Anweisung: 1 l Kochsalzlösung über die Magensonde. Mehr nicht. Die Astronahrung führt nur zum Erbrechen und ist sinnlos.
Reicht überhaupt ein Liter Flüssigkeit am Tag?
Danach konnte ich gehen.
In Muttis Zimmer kamen mir erst einmal die Tränen über soviel "Klugkeit" der Ärztin. Wo hat sie eigendlich ihren Eid geschworen?
Vor über 30 Jahren habe ich mal einer Kinderärztin gesagt, daß sie bei einer Speziallisierung auf ein Fachgebiet doch nur ein "Schmalspurstudium absolviert hat". Es trifft eben immer wieder zu und holt einen nach Jahren wieder ein. Fühlen sich Ärzte als Halbgötter in weiß oder bunt?
Ich bin mit dieser Ärztin dann sehr gut ausgekommen solange unser Sohn klein war.
Eine andere Schwester versuchte mich zu trösten mit den worten, daß man ja die Mutter nicht gehen lassen kann und dafür kiämpft. Ich betreue sie doch so gut, was andere Angehörige noch der Nachricht Krebs nicht mehr machen. Der Trost kam bei mir aber nicht an. Die Beschuldigung der Ärztin hatte ihre Wirkung hinterlassen.
Wie war es in dem Spielfilm: Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß!!!!
Wenn die Medizin der Meinung nach Tod ist, dann soll sie doch ne Überdosis an Medikamenten vergeben. Doch daß ist ja töten.
Mutti hat meine Tränen mitbekommen und mich versucht zu trösten. Mußte mich dann irgend wie ablenken und habe die KH-Tasche wieder eingeräumt, damit die wieder benutzt werden kann.
Mutti hat mir in ihrem Zustand nicht gefallen. Gegenüber Montag sah sie wieder bedeutend schlechter aus. Sie hatte sich am Dienstagabend wieder übergeben. Das war wohl das Essen vom Montag und Dienstag im KH. Der Mund war schlecht gesäubert. Schleimreste auf den Zähnen.
Ich habe ihr dann erst einmal Tee gegeben, da sie Durst hatte. Da ich keine Schabeltasse im Zimmer hatte gab es den Tee mittels Fütterlöffel. Sie hat es genommen und ich merkte es tat ihr gut. Den Babybrei habe ich ihr nicht gegeben.
Werde es aber machen, wenn ich morgen bei ihr bin. Es wird auch wieder Banane mit Apfel für Mutti geben und ich werde wohl auch Kindersäfte holen, die sie im letzten KH bekommen hat neben der Astronahrung. Jetzt erst recht.
Für mich war es eine schlaflose Nacht mit vielen Tränen bei jedem Gedanken an Schritte, die ich unternehmen möchte.
Und immer das Damoglesschwert: die Hausärztinnen, die ihre Versorgung einstellen werden, wenn ich was machen werde.
Ich habe eine Rechtschutzversicherung und könnte eben auch mich Anwaltmäßig beraten lassen, was man machen kann.
Dieses war mein gestriger Tag mit allen seinen Auswirkungen.
Ich werde jedenfalls kämpfen und nicht aufgeben.
Viele Grüße
Anna-Christine

landtechniker

578 posts
Donnerstag, 5. November 2009 - 10:26
Liebe Anna-Christine,
ich habe mich lange aus diesem Thema herausgehalten, weil ich in diesem Fall eine eigene vielleicht auch harte Meinung habe. Ich kann deine Argumente gut verstehen. Ich kann auch die Argumente der Ärztin verstehen. Ich bin allerdings nicht einverstanden mit der Art, wie sie dir gegenüber aufgetreten ist.
Ich habe 16 Jahre lang ehrenamtlich im Rettungsdienst gearbeitet. Mit dem Tod habe ich leben und ihn akzeptieren gelernt. Und oft genug habe auch ich mich gefragt, ob die lebenserhaltenden Maßnahmen, die von den Angehörigen eingefordert wurden, wirklich im Sinne der Betroffenen waren. Deshalb gestatte mir die Frage: Hast du mit deiner Mutter jemals darüber geredet, ob sie gehen will? Oder bleibt sie nur und nimmt das ganze Leiden auf sich, weil sie das Gefühl hat, dass du sie nicht gehen lassen willst. Eltern tun normalerweise alles (!) für ihre Kinder. Also sprich bitte mit ihr darüber und entscheide dann, wie du weiter verfährst. Meine Geschwister und ich haben im Vorfeld mit unseren Eltern vereinbart, dass lebenserhaltende Maßnahmen in einem derartigen Fall nicht in Frage kommen. Bei meinem Vater haben wir das vor drei Jahren auch so gemacht.
Vorgestern früh ist mein Nachbar mit 66 Jahren verstorben - 14 Tage nach einer Lungen-OP die erst aufgeschoben und dann nach Chemo und Bestrahlung doch durchgeführt wurde. Der erste Tag war insbesondere für seine Frau extrem schlimm - gestern abend hat sie mir erzählt, dass es schon wesentlich leichter geht. Das Leben geht weiter, auch wenn zunächst ein riesiges Loch klafft.
Ich bitte dich also nochmal, erkundige dich explizit bei deiner Mutter, was sie möchte. Mach ihr auch klar, dass du sie gehen lassen würdest. Wenn du dann sicher bist, dass es ihr eigener Wille ist, noch zu bleiben, dann kämpfe weiter.
Viel Glück und Kraft für die richtige Entscheidung Landtechniker

yaccomo grae

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Donnerstag, 5. November 2009 - 10:37
Liebe Anna-Christine,
es tut mir sehr leid was ihr beide durchmachen müßt und ich hoffe, daß das Leiden bald ein gnadenvolles und friedliches Ende finden kann!
Viel Kraft für diesen Weg von Yaccomo
@Landtechniker
Ich las eben von Deinem Nachbar und ich würde gern näheres darüber erfahren, da auch ich im Januar eine Lungen OP vor mir habe und mich Dein Bericht sehr erschrocken hat. Du kannst mir auch eine PN schicken, wenn Du magst. Viel Grüße von Yaccomo
Gast
Donnerstag, 5. November 2009 - 11:17
Hallo Anna-Christin
ich hab ja schon meine Meinung dazu geäußert..
Auch loslassen ist liebe...Ich finde auch wie unser Landtechniker das die Art und Weise nicht die Richtige ist und denn die Frage ist immer das Ziel der Behandlung und
bei 89 Jahren..??? Das es Deiner Mutti mal wieder richtig
gut geht ist wohl nicht in Sicht und da sie ja noch Demenz
hat weiß ich nicht ob sie alles versteht und sicher macht
sie nur willenlos alles mit und kommt einfach nicht "rüber"...
Ich hoffe auch wie unser yaccomo das es bald ein ende hat
das menschlich und gnadenvoll ist....
Wie schwer das für dich ist kann sicher jeder verstehen...
Ich wünsche vorallem Dir viel Kraft
PS ich bin auch aus Magdeburg....hast Du schon mal bei
Pfeiffers nachgefragt....dort ist ein sehr sehr gutes Hospitz....
Vielleicht ist das ja eine Lösung....
Auf jeden fall solltest Du wenn Deine Mutti nicht mehr so
richtig denken kann für sie denken und nur im interesser Deiner Mutti handeln....So ist es ja auch für dich schwer...
Lieben Gruß und viel Erfolgt
Steffi

annachristine

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Donnerstag, 5. November 2009 - 14:57
Hallo im Forum,
danke für Eure Anteilnahme. Mit meiner Mutti habe ich über das Gegen nicht gesprochen. Ich habe ihr aber immer seit dem plötzlichen Tod meines Bruders gesagt, daß sie beruhigt gehen kann. Wie weit sie dieses angenommen hat, kann ich nicht nach vollziehen.
Hallo steffi, meine Mutti ist bei Pfeifers im August operiert wurden und lag dann Ende September dort auf der Palliativstation. Von dort wurde sie in die ambulante Palliativversorgung der beiden Ärztinnen (Schulz und Padler) entlassen.
Erst mein Nachfragen, ob ich da nicht auch noch eine Unterschrift leisten müsse ergab, daß mir eine Ärztin sagte: sie lassen sich nicht in einen Knebelvertrag mit Pfeiffers zwingen. Haben da finanziel nichts davon.
Jetzt im Oktober wurde sie nach Olvenstedt von der Ärztin überwiesen, da ja die Ohrspeicheldrüse geöffnet werden solle (nach ihrer Meinung). Es war die Lungenentzündung, die dort behandelt wurde. Die Oberärztin der Inneren und auch der Chefarzt waren für einen sofortigen Einsatz der Magensonde, da eben die Flüssigkeitsmenge gegeben werden mußte.
Ich habe von vielen Seiten schon gehört, daß das Hospitz gut sein soll; die Plätze dort sind aber begrenzt, deshalb auch die ambulante. Werde mich aber trotzdem dort noch erkundigen.
Im Moment bin ich eben auf diese beiden Damen angewiesen, daß meine Mutti von ihnen versorgt wird.
Mir ist der Ärger jedenfalls auf Magen und Darm geschlagen.
Vielen Dank
Anna-Christine

annachristine

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Samstag, 14. November 2009 - 12:14
Hallo im Forum,
nach nur 3 tagen war Mutti zurück im KH. Diesmal auf der Chirurgie/Krebs. Nach 9 Stunden in der Notaufnahme hatte ich sie nach 24 Uhr am 7.11. im Bett.
Bauch war wie eine Trommel hard und gebläht. In der Notaufnahme wurde an der Magensonde ein Abflußbeutel angeschlossen, der binnen kurzem mit Gallenflüssigkeit voll war. Dieser Beute war bis Montag angeschlossen, dann wurde wieder Flüssigkeit gegeben über die Sonde; erbrechen am nächsten Tag, aber auch die Entlassung am 12.11., weil man nicht machen kann.
Hatte am 11.11. einen Beratungstermin im Hospiz. Haben dort den Aufnahmeantrag gestellt und am nächsten tag war ich mit allen Krankenhausunterlagen, bis auf den letzten, bei der Krankenkasse und habe dort den Antrag über den Med-Dienst für die Kostenübernahme für Hospiz gestellt.
Im Hospiz wurde mir auch gesagt, dass es nicht schlimm ist, daß Mutti die Magensonde hat. Es kann hierüber die Flüssigkeit und die Medikamente gegeben werden und auch deren Ablassen erfolgen. Kein Erbrechen notwendig.
Mal sehen wie schnell die Zustimmung erfolgt und dann auch ein Bett frei ist. Mutti steht jedenfalls auf der Warteliste. Für den Plan B habe ich auch mit dem Hospiz geredet: Ambulante Versorgung. Jetzt weiß ich auch wie diese erfolgt nach den neuen Regeln. Hausarzt muß den Antrag an das KH stellen, der dann zwischen dem KH und mir/Patient unterschrieben wird. Die Betreuung erfolgt täglich von einer Schwester des KH, die sich über die Besuche mit dem Arzt des KH abstimmt und alle Behandlungen veranlaßt. Bei einer KH-Aufnahme geht es in das KH des Vertrages/Palliativstation.
Im Heim habe ich von der Ablassmöglichkeit der Flüssigkeit aus dem Magen erzählt. Die Ernährungsschwester bringt einen entsprechenden Beutel mit, der dann genommen wird.
Zu dem Ausraster der Ärztin habe ich auch einiges erfahren können. Sie hatte die Vertretung für eine weitere Ärztin übernommen in der Woche und ihre Praxis war voll besetzt, die Patienten haben im Treppenhaus und auf der Straße angestanden.
Und ich bekam den Ärger zu spüren.
Das erst einmal für heute.
Viele liebe Grüße
Anna-Christine