Tochter

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Mittwoch, 10. Februar 2010 - 08:09
Guten Morgen, ihr alle hier!
Viele von Euch sind ungefähr in meinem Alter und fit und flexibel, auch voller Sucht nach Leben.
Mein Vater ist jetzt 70 Jahre alt. Er ist sehr konservativ.
Nun möchte ich Euch mal konkret fragen, ist Krebs im fortgeschrittenen Alter weniger aggressiv, weil die Zellen langsamer wachsen?
Mein Opa ist trotz unerkanntem, unbehandelten Darmkrebs (kindskopfgroß) 90 Jahre alt geworden.
Mein Vater hat leider zusätzlich zu der Darmtumorentdeckung seit zehn Jahren eine chronische Leukämie, wodurch die Milz 25cm groß ist, Gallensteine, Prostatabeschwerden und etliches mehr.
Kann man etwas Hoffnung schöpfen, weil er älter ist?
Leider ist er auch sehr schwach und braucht seit Monaten regelmäßig Transfusionen.
Hat jemand von Euch vielleicht sogar Erfahrung mit der Kombination Blutkrebs (OMF bzw. OML) und Darmkrebs (eventuell auch Leber)?
Kennt jemand vielleicht ein Klinikum, wo beides behandelt wird? (Meine Eltern wohnen im Erzgebirge)
Welche Behandlungen sind für ältere und schwache Menschen nicht empfehlenswert?
Was sollte in einer Patientenverfügung konkret stehen, damit jemand mit dieser Diagnose nicht endlos gequält wird, aber doch alles getan wird, was zumutbar und sinnvoll ist?
Bin dankbar für persönliche Hinweise oder Links jeder Art.
LG von Beate

Riesterer

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Mittwoch, 10. Februar 2010 - 08:35
Hier schon mal das Ziel:
Mehr Rechtssicherheit beim Umgang mit Patientenverfügungen
Künftig sollen die Voraussetzungen von Patientenverfügungen und ihre Bindungswirkung eindeutig im
Gesetz bestimmt werden. Mit einer Patientenverfügung soll dem Arzt der Wille eines Patienten
vermittelt werden, der sich zur Frage seiner medizinischen Behandlung nicht mehr selbst äußern
kann. So soll künftig jede schriftliche Patientenverfügung, die der aktuellen Lebens- und
Behandlungssituation entspricht, für alle Beteiligten verbindlich sein. Folgende Regelungen sind im
Gesetz vorgesehen:
● Volljährige können in einer schriftlichen Patientenverfügung im Voraus festlegen, ob und wie
sie später ärztlich behandelt werden wollen, wenn sie ihren Willen nicht mehr selbst äußern
können. Künftig sind Betreuer und Bevollmächtigter im Fall der Entscheidungsunfähigkeit des
Betroffenen an seine schriftliche Patientenverfügung gebunden. Sie müssen prüfen, ob die
Festlegungen in der Patientenverfügung der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation
entsprechen und den Willen des Betroffenen zur Geltung bringen.
● Niemand ist gezwungen, eine Patientenverfügung zu verfassen. Sie kann jederzeit formlos
widerrufen werden.
● Gibt es keine Patientenverfügung oder treffen die Festlegungen nicht die aktuelle Situation,
muss der Betreuer oder Bevollmächtigte unter Beachtung des mutmaßlichen Patientenwillens
entscheiden, ob er in die Untersuchung, die Heilbehandlung oder den ärztlichen Eingriff
einwilligt.
● Eine Reichweitenbegrenzung, die den Patientenwillen kraft Gesetzes in bestimmten Fällen für
unbeachtlich erklärt, wird es nicht geben.
● Die Entscheidung über die Durchführung einer ärztlichen Maßnahme wird im Dialog zwischen
Arzt und Betreuer bzw. Bevollmächtigtem vorbereitet. Der behandelnde Arzt prüft, was
medizinisch indiziert ist und erörtert die Maßnahme mit dem Betreuer oder Bevollmächtigten,
möglichst unter Einbeziehung naher Angehöriger und sonstiger Vertrauenspersonen.
● Sind sich Arzt und Betreuer bzw. Bevollmächtigter über den Patientenwillen einig, bedarf es
keiner Einbindung des Vormundschaftsgerichts. Bestehen hingegen
Meinungsverschiedenheiten, müssen folgenschwere Entscheidungen vom
Vormundschaftsgericht genehmigt werden.
Links für Muster, kann ich heute abend senden.
Manfred

Tochter

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Mittwoch, 10. Februar 2010 - 09:32
Hallo Manfred!
Vielen Dank für diese ausführlichen Infos!
Meine Oma lag nach einem Schlaganfall vier lange Jahre im Pflegeheim, konnte nix mehr bewegen, nicht reden, die Fliegen saßen auf ihren halbgeschlossenen Augen. Meine Mutter hatte der Legung einer Magensonde zugestimmt und machte sich später riesige Vorwürfe.
Jetzt so wenige Tage vor der OP werden meine Eltern nicht über eine Patientenverfügung sprechen. Ich selber habe Angst es anzusprechen, aber auch es nicht anzusprechen. Wir lieben unseren Vater sehr, der nicht über seine Gefühle spricht.
In akuten Notsituationen kann man nichts mehr realistisch entscheiden.
Ich lag mal mit einem Darmverschluss sechs Tage bis zu einer Not-OP im Krankenhaus uns flehte meinen Mann und die Ärzte an, mich sterben zu lassen. Zum Glück überlebte ich den inzwischen perforierten Darmverschluss und lebe heute glücklich trotz einiger Einschränkungen wegen dem fehlenden Stück Dünndarm.
Mein Mann stand kurz davor jede Weiterbehandlung abzulehnen, weil ich tagelang nur schrie oder wimmerte und um Erlösung flehte. Gut, dass ich noch lebe!
Es ist ja total schwer vorherzusehen, ob jemand wieder auf die Füße kommt.
Bei meiner Oma war zuerst eine Reha vorgesehen mit Gymnastik, logopädischen Therapien usw. Es hätte auch eventuell so sein können...
Mein Vater ist sehr konservativ. Er fährt selbst jetzt noch Ski, obwohl er total schwach ist und völlig abgemagert.
Nur mir zuliebe verzichtet er vorläufig auf Rohkost. Wir hatten keine Ahnung, dass er schon über ein Jahr lang Durchfall hat.
Wahrscheinlich würde ihm ein Leben ohne Sport und rohes Zeug schon schwer fallen.
Zu Chemie und medizinischen Geräten hat mein Vater gar keinen Bezug.
Er nimmt sein Leben aus Gottes Hand. So sieht es auch meine Mutter.
Soll man jetzt über das Thema Patientenverfügung sprechen? Wir Kinder sind alle erstmal über die neue Diagnose völlig schockiert. Montag (am 15.) geht mein Vater in die Klinik.
Ich habe riesige Angst vor einem "zu spät"!
Keine Ahnung wie die OP ausgeht und er alles trotz Leukämie schafft.
Aber er braucht jetzt auch erstmal Mut und keiner will ein Gespräch anfangen "Was wäre wenn..."
In mir ist ein riesengroßer Schmerz. Nicht nur weil mein lieber Vater so krank ist. Sondern auch, weil er nicht vorbereitet ist und wir alle auch nicht.
Meine liebe Mutter überhaupt nicht.
Gibt es im Krankenhaus vor so einer OP jemanden, der dieses Thema anspricht?
Ich traue mich nicht dort anzurufen und nachzufragen, hinter dem Rücken meiner Eltern.
Vielleicht geht alles gut und dann habe ich alle in zusätzliche Sorge versetzt. Hoffentlich!!!
Was ist nun schlimmer, nichts zu machen oder weiß ich auch nicht konkret, was man alles vorsichtshalber alles machen sollte und muss? Aber auch ohne jemandem den Mut und die Hoffnung zu nehmen.
Vielleicht könnte Ihr als "Unbeteiligte" mir einen realistischen nüchternen Rat geben.
Über die Links freue ich mich trotzdem sehr, weil mein Mann und ich das endlich wirklich mal machen wollen.
Ich bin so am Ende und die Gedanken enden alle im Nichts und sind zäh wie ein Sumpf.
LG von Beate

Riesterer

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Mittwoch, 10. Februar 2010 - 11:32
Hallo Beate,
deine Gedanken kann ich nachvollziehen.
Wahrscheinlich ist es auch so, dass man für sich selbst die Notwendigkeit dieser Entscheidung einfacher trifft - als für Andere.
Ich glaube auch, dass unsere Vorgänger-Generation erhebliche Probleme mit der Kommunikation von Gefühlen hat, und Themen vermeidet und aussitzt.
Und das lese ich auch zwischen deinen Zeilen.
Insofern must du diese Einstellung respektieren.
Mit allen Vor- und Nachteilen.
Deswegen must du dir auch keine Vorwürfe machen, wenn es
die Betroffenen anderst sehen und/oder wollen.
In jedem Fall, würde ich das Thema ansprechen, wie folgt:
xy, wie bei jeder Operation, gibt es auch bei deiner hier ein Operation-Risiko. Gibt es irgendwas was du geregelt haben willst, oder was du berücksichtigt haben willst, wenn irgendwas schief geht ?
*****************
Und falls du darauf keine Antwort bekommst, must du dies akzeptieren.
Du hast dann alles getan.
Manfred

annachristine

307 posts
Mittwoch, 10. Februar 2010 - 13:24
Hallo Beate,
die Patientenverfügung wird von den Ärzten vor der OP nachgefragt. Wenn keine vorliegt, dann handeln die Ärzte.
Warte die OP-Ergebnisse ab.
Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, daß eine Betreuungsverfügung, notarliel beglaubigt (Notarkammer) sehr wichtig ist. Die Unterlagen dafür findest Du im Zentralen Vorsorgeregister. Dort gibt es auch die Patientenverfügung.
Wenn Dein Papa nicht mehr entscheiden kann ist die Betreuungsvollmacht wichtig. Die kann für Deine Mutti sein oder eben auch für die Kinder gemacht werden. Wichtig ist der Eintrag im Zentralregister.
Bei einem gerichtlichen Antrag dauert es lange, bis man Entscheidungen treffen kann.
Ich habe über 6 Monate auf den Gerichtsbescheid für meine Mutti gewartet und wurde auf Herz und Nieren überprüft. War nicht sehr angenehm.
Mein Mann hat auch eine CLL und steht unter ärztlicher Kontrolle. Ich kann Deine Gefühle nach vollziehen.
Wenn Du selbst Beratung brauchst, dann kannst Du beim Medizinischen Dienst des KH nachfragen; aber erst, wenn Dein Papa im KH liegt.
Vor der OP wird mit Deinem Papa gesprochen; für Dich einen Termin beim Arzt vereinbaren. Besser beides (vor und nach der OP).
Ich bin wie Du auch Angehörige.
Kann deshalb Deine Ängste nachvollziehen.
Viele liebe Grüße
Anna-Christine

disabled_name

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Donnerstag, 11. Februar 2010 - 14:51
Liebe Tochter
meine Mum ist ja am 07.02.2010 eingeschlafen mit 65 Jahren und 8 Monaten Krebsbehandlung.
Sie hatte seit Jahren eine Patientenverfügung und Sie immer wieder mit Datum erneuert,das letzte mal am 20.12 09.das sollte man auch.
Sie kam im Januar mit 2 Schlaganfällen in die Uni Ffm.(Stroke Unit)sie war inzwischen Blind hatte alle Areale der Leber mit Metas voll und in der Lunge fingen sie auch an.
Meine Mama hat zu dem zeitpunkt nur noch mit dem Kopf nicken können mehr nicht.
Meine Bruder und ich haben nach ein paar Tagen die P.Verfügung den Ärzten gegeben weil meine Mama auch eine Infektion bekam sollte Sie auf Intensiv,das wurde auf grund der Verfügung nicht gemacht,Sie bekam auf Station ihre Mittel die sie braucht und Antibiotikum.
Schlaganfälle und Metas kann man nicht behandeln sonst explodieren die Metas,also war klar bei so 2 schweren Schlaganfällen was passieren würde nur keiner konnte uns sagen wie lange das so noch geht.
Dann bekam Mum noch mal 2 Schlaganfälle am Hirnstamm,sie konnte dann nicht mehr Schlucken und lag nur da.
Wir haben Sie auf die Palliativstation legen lassen wo Sie wegen ihrem Krebs behandelt wurde und das war gut so.
In so einem fall wird auch nicht mehr reanimiert.
Meine Mum schlief ein.
Und ich bin froh das Sie diese Verfügung hatte.
Ganz wichtig noch Sie hatte reingeschrieben welches Kind die Vollmacht hat.
Irgendwo sollte dann auch in der Medizin in so einem Fall vielleicht nicht mehr alles ausgeschöpft werden.
Aber das ist nur meine Meinung und auch nur zu dem fall meiner über alles geliebten Mum. LG Peti

Riesterer

588 posts
Donnerstag, 11. Februar 2010 - 19:17

Hier der Link: für eine Vielzahl an Mustertexten und Vorlagen:
zum Thema.
Diese Seite wird auch dauernd ergänzt.

- nicht erschrecken ! sondern das raus suchen, was passt.
http://www.medizinethik.de/verfuegungen.htm
Manfred

Tochter

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Freitag, 12. Februar 2010 - 06:35
Danke für all Eure Tipps!
Auch für den Link.
Ein bisschen Erfahrung haben wir mit Betreuung, weil mein Mann Betreuer für unseren blinden, schwerstbehinderten Sohn ist. Das ist natürlich eine nicht vergleichbare Situation.
Aber der bürokratische Aufwand und die vielen Gesetze sind uns leider bekannt.
Ich werde hinsichtlich meiner Eltern mal mit meinem jüngsten Bruder darüber sprechen, in dessen Haus meine Eltern wohnen. Noch können die Eltern alles selbst erledigen.
Sie haben nur in medizischen Dingen wenig Erfahrung und glauben jedem Arzt vorbehaltlos.
Ich habe mir jetzt bei dem Verein für Krebshife einige Broschüren bestellt. Ich will für meine Eltern eine Infomappe anlegen, mit Erklärung der wichtigsten Begriffe.
Das Thema Patientenverfügung ist mir auch persönlich für meinen Mann und mich wichtig.
Natürlich auch für meine Eltern. Es ist so grausam und sehr schwer, wenn man selbst entscheiden soll, ob der geliebte Mensch gehen darf. Ich finde es viel besser, wenn da eine eigene Entscheidung vorliegt.
Danke für alles und für so viel Verständnis.
LG von Beate

Tochter

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Freitag, 12. Februar 2010 - 16:52
Montag geht mein Vater nun endlich in die Klinik.
Erstmal zur Darmspiegelung, MRT und Laborwerte.
Vorgestern hat er ambulant nochmal eine Transfusion gekriegt. Ich weiß nicht, ob sein Hb-Wert überhaupt eine baldige OP möglich macht.
Der Tumor sitzt am aufsteigenden Dickdarm.
Ich hoffe, dass die Broschüren von der Krebshilfe bald kommen. Ich lese den halben Tag im Internet, aber es sind sehr viele Fachbegriffe und Medikamentennamen, die mir fremd sind.
Bin ich zu blöd, weil ich es nicht alles verstehe? Gelangt man den irgendwann dahin, diese Fachsprache zu verstehen?
Meine Eltern verstehen auch immer nur die Hälfte von allem und davon haut meine Mutter dann noch einen ganzen Teil durcheinander.
Warum können Ärzte mit älteren Leuten nicht so reden, dass sie es verstehen? Oder wenigstens alles schriftlich aushändigen, damit man zu Hause nachschlagen kann?
So verunsichert es doch unnötig und zusätzlich.
LG von Beate

Riesterer

588 posts
Freitag, 12. Februar 2010 - 17:11
hast du das gesehen ?
http://www.darmkrebs.de/de/veranstaltungen-und-lesetipps/lesetipps/
ich habe auch noch jede Menge PDF zum Thema...

Tochter

50 posts
Freitag, 12. Februar 2010 - 17:46
Ja. Dort habe ich die Seite der Krebshilfe gefunden und gleich für mich und meinen jüngsten Bruder Broschüren und eine DVD über Darmkrebs bestellt.
Gibt es ein Buch, dass Du empfehlen könntest? Verständlich geschrieben?
Wenn die Diagnose nächste Woche fest steht, sind wir alle irgendwie froh und können dann detailiert nach Infos und Lösungen fragen.
Ich will auch mal hinfahren (von Hannover nach Dresden) und mit dem behandelnden Arzt sprechen. Da will ich aber auch ein bisschen Vorkenntnisse haben, damit ich nachfragen kann und ungefähr weiß, worum es geht.
Vor allem will ich natürlich meine liebe Mutter beruhigen und informieren, für die alles unverständlich und fremd ist.
Es ist nicht mehr lange, aber ich werde immer unruhiger, hoffnungsvoller und verzweifelter zugleich, je näher der entscheidende Befund rückt.
Noch steht nur der Blutkrebs, Gallensteine, eine stark vergrößerte Milz, ein Nabelbruch und ein Tumor im Dickdarm, eventuell auch Leber fest. Vieles oder so ziemlich alles hängt von dem Tumor und seiner Beschaffenheit ab.
Mein Sohn hat nur den einen Opa und wir fünf Kinder haben nur einen Vater auf dieser ganzen Welt!
Wir wollen, dass es ihm gut geht und alles getan wird, was möglich ist und ihn nicht quält!
Wir lieben ihn alle sehr und es ist doch auch vieles möglich!
Ich lese hier so viel und kann gar nicht glauben, dass mein Vater so etwas hat. Er ist soviel älter, als die meisten hier und tut sich schwer mit Veränderungen.
Er spricht nicht (nie) darüber, was er denkt und fühlt.
Das ist auch wie eine Mauer.
LG von Beate
834 posts
Freitag, 12. Februar 2010 - 18:50
Liebe Beate,
ich zitier dich gleich mal
Bin ich zu blöd, weil ich es nicht alles verstehe? Gelangt man den irgendwann dahin, diese Fachsprache zu verstehen?
Ich sag dir aus Erfahrung.....NEIN!!!!
Habe anfänglich bei Wikipedia jeden Wortbegriff versucht zu übersetzen. Nach 5 Stunden Recherche habe ich aufgegeben und das war auch gut so.
Irgendwann nach 4 oder 5 Monaten habe ich mich getraut in dieses Forum zu treten ( unser Sohn hat mich immer gewarnt und meinte:... Mama die Foren ziehen dich nur runter, lass es sein, dich dort "einzuschleusen", aber ich habs nach dieser Abstinenz doch gemacht und nie bereut.)
Alles braucht und kommt mit der Zeit. Mach dir bitte keine Gedanken.
Du kannst es nicht schaffen, alle 1000 Fragen, die dich und uns alle hier, anfänglich beschäftigen, auf einmal zu stellen.
Im Gegenteil.
Ihr müßt wissen, dass diese Krankheit von Anfang an abhängig ist davon, dass man sich in Geduld wägen kann.
Warten, auch auf Antworten, gehört dazu.
Noch steht nur der Blutkrebs, Gallensteine, eine stark vergrößerte Milz, ein Nabelbruch und ein Tumor im Dickdarm, eventuell auch Leber fest. Vieles oder so ziemlich alles hängt von dem Tumor und seiner Beschaffenheit ab.
Du sagst es hier selber, also warte ab, was sich ergibt.
Ich bin davon überzeugt, dass du ebenfalls nur das Beste für deinen Vater, für den Opa deines Sohnes willst.....wär wollte das nicht, aber trainiere auch, dich in Geduld zu üben.
Was man alles schaffen und erreichen kann bei den schlimmsten Prognosen, kannst du selbst am besten in meinem Thread
Unglaublich, aber wahr
nachlesen. Morgen am 13.01. vor einem Jahr war der Entlassungstag meines Mannes.
Die Mauer mußt du abtragen. Das liegt in deiner Verantwortung, der Rest liegt in der Hand der Ärzte.

Petra

Tochter

50 posts
Freitag, 12. Februar 2010 - 19:24
Du hast absolut recht!
Irgendwie sind wie zwei verschiedene Gehirne in mir. Ein logisches und ein anderes, was sinnlos in alle Richtungen rennt.
Meine größte Angst ist ein "Zu spät". Zu spät eine bessere Klinik gefunden, zu spät einen Hinweis auf eine Wundermedizin gefunden, zu spät mit meinem Vater gesprochen.
Ich fühle mich hier im Forum viel sicherer, als beim Telefonieren mit meinen Brüdern oder meinen Eltern.
Ich habe eine Riesengroße undefinierbare Angst!
Aber ich will allen Mut machen und ganz viel oder auch nur überhaupt etwas tun können.
Ich bin damals mit sechzehn von Zu Hause weg gegangen.
Ich wünsche mir so sehr ein "Alles wird wieder gut!"
Wie soll man mit ungesagten Worten umgehen? Oder mit so vielen Jahren ohne Kontakt.
Ich schreibe das hier, aber ich würde es nicht sagen können.
Ja, ich weiß vieles. Auch was richtig gewesen wäre und wie es alles besser wäre.
Ich habe totale Schuldgefühle für jeden Kummer, den mein Vater wegen mir hatte.
Ich liebe ihn! Vielleicht klingt das widersprüchig.
Beate

Riesterer

588 posts
Freitag, 12. Februar 2010 - 21:09
Wenn du ein E-Mail-Adresse bei die eingetragen hättest...
aber das kannst du in der Buchhandlung holen:
Wieder gesund werden. Sonderausgabe: Eine Anleitung zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte für Krebspatienten und ihre Angehörigen (Taschenbuch)
von O. Carl Simonton (Autor),

Tochter

50 posts
Freitag, 12. Februar 2010 - 21:17
Guten Abend Manfred!
Hab jetzt meine Adresse angegeben. Hoffe, dass Du sie findest. Ich bin computermäßig nicht sehr begabt.
LG von Beate
834 posts
Freitag, 12. Februar 2010 - 23:11
Ich nochmal
es läßt mir keine Ruhe, dir noch folgendes mitzuteilen.
Ich habe eine Riesengroße undefinierbare Angst!
...es ist die Angst, in früheren Jahren versagt zu haben. In den Jahren , wo noch Friede, Freude, Eierkuchen war und du meintest, alles bliebe für immer so.
Ich kenne dieses Erlebnis.
In all meinen Jugendjahren habe ich zu meinem Vater ein gutes, zu meiner Mutter ein schlechtes Verhältnis gehabt.
Dann kam irgendwann die Situation, als ich merken mußte, dass meine Mutter meine eigene kleine Familie auseinander bringen wollte, mit dem Ziel, mich besser um sie und meinen kranken Vater zu kümmern.( Mein Vater war wegen eines Leitersturzes im Krankenhaus, danach Verwirrtheit, Wasser in den Beinen, Prostataprobleme)Meine Mutter hat ihn danach "angeklagt", als er wieder zu Hause war, dass er nicht mehr ohne "Spritzen" über den Klodeckel hinaus Pipi
machen konnte.
Ich konnte mit dieser Kleinkariertheit nicht klarkommen und habe mich völlig distanziert.
Zwischenzeitig verstarb mein Vater. Meine Mutter mußte mit allem selber klarkommen. Es bestand über 9 Jahre kein Kontakt, weil ich ihr auch klarmachen wollte, dass ein kranker Mensch nicht mehr so "funktioniert" wie sie es sich vorstellte.
Irgendwann 2008, ein Jahr vor der Erkrankung meines Mannes, hatte ich plötzlich das Bedürfnis, nach 9 Jahren Funkstille, wieder Kontakt zu ihr aufzunehmen.
Ist es das Innere in uns, was uns dazu antreibt? Haben wir eine Vorahnung, plötzlich alles richtig stellen zu müssen/wollen?
Ich konnte meine Mutter nicht mehr groß umpolen mit ihren nun 82 Jahren, aber ihr dennoch soviel vermitteln, dass es nicht darauf ankommt, wie man sein Leben meistert, sondern zu lernen, wie man sein Leben lebt.
Das hat sie heute verstanden und ich habe verstanden auch auf sie einzugehen.
Habe ich deshalb Schuldgefühle?....nein...denn erst die Zeit läßt Wunden heilen...und erst die Jahre lehren uns, mehr Verständnis aufkommen zu lassen.
Du hast im "TAGEBUCH"-Thread so wundervolle Antworten gefunden und deine Meinung frei rausgesagt. Das hier schaffst du mit Links.
Vertrau dir einfach mal selbst, OHNE wenn und ABER.
Petra

Tochter

50 posts
Samstag, 13. Februar 2010 - 09:54
Liebe Petra!
Es berührt mich sehr, was Du über Deine Eltern und Dein Leben schreibst.
Ich war mit fünf Jahren eine längere Zeit bei meinen Großeltern gewesen und habe mich danach nicht wieder zu Hause eingewöhnt. Ich kann mich kaum an Gespräche oder den Kontakt in meiner Kindheit zu meinen Eltern erinnern.
Mit sechzehn ging ich von zu Hause weg. Zur Ausbildung in ein Internat. Ich bin danach nur selten bei meinen Eltern gewesen.
Ich kenne meinen Vater wenig, wohne hunderte Kilometer weit weg.
Wenn mich jemand fragen würde, was ich als erstes denke, müsste ich antworten, "ich fühle mich schuldig".
Ich kann es nicht erklären, es gibt keinen konkreten Grund.
Ich liebe meine Eltern und hab das auch ausgesprochen.
Es ist sehr persönlich und geht über das Thema Krebs hinaus. Aber jeder hier ist ja ein Mensch und keine Krankheit.
Ich schreibe es so öffentlich, weil es eine Art Bekenntnis ist.
Beate