Eiskristall

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Sonntag, 30. Mai 2010 - 01:18
Nachdem mein Mann vor zehn Jahren Lymphdrüsenkrebs mit Rezitiv hatte und im Oktober die zehn Jahre rum gewesen wären wurde bei ihm jetzt Darmkrebs festgestellt. Pechvogel und Glückspilz in einem. Das Ding hat nur in die angrenzenden Lymhphen gestreut. Ab Montag bekommt er fünf Wochen eine Kombi aus Bestrahlung und Chemo. Alles nicht ganz ungefährlich weil er vor zehn Jahren austherapiert war. In der ersten Woche sind wir wie ferngesteuert rumgelaufen. Dann folgten diverse Untersuchungen und nebenbei wurde der ganze Bürokratische Irrsinn erledigt sodaß wir eigentlich keine Zeit zum Nachdenken hatten. Eigentlich wissen wir was auf uns zu kommt weil wir schon Kampferprobt sind, Mein Mann schläft im Moment viel und ich schaffe gerade ihn mal zum essen zu bewegen. Ich power mich bis spät abends total aus um dann ins Bett zu fallen damit ich nicht denken muß. Heute bin ich aber an einem Punkt an dem ich nur noch heulen könnte. Viele rufen an um zu fragen wie es ihm geht aber im Grunde wollen sie es nicht wirklich wissen sondern laden ihren persönlichen Mist auch noch bei mir ab. Eigentlich kommt mir das noch ziemlich bekannt vor. Allerdings denke ich auch das uns sowieso niemand helfen kann. Denn keiner weiß wie wir uns fühlen. Ich weiß ja nicht einmal was er für Seelenqualen ausstehen muß denn ich bin ja nicht direkt betroffen. Er hat Angst um sein Leben und ich habe Angst um den Kerl. Das sind zwei verschiedene paar Schuhe. Jetzt schreibe ich hier um ein wenig Druck los zu werden.
Vielen lieben Dank fürs lesen.

Ulfo1972

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Sonntag, 30. Mai 2010 - 10:11
Hallo Eiskristall,
alles Gute für Euch in dem Kampf gegen die Sch....krankheit.
Lass es nicht zu, dass die anderen noch "Müll" bei Dir abladen, das ist eine Zumutung und für Dich nur ein unnötiger Energieräuber. Sag Ihnen, dass Du derzeit nicht stark genug dafür bist. Wahre Freunde verstehen das.
VG
Ulf

Eiskristall

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Montag, 31. Mai 2010 - 16:10
Danke für Deine Worte,
Wahre Freunde ja. Habe eine einzige und die ist auch nicht gerade gesund. Familie nein. Jeder bedauert sich ein Stück selber. (könnte kotzen)Mittlerweile steht das Telefon still.
Seit heute hat er seine Bestrahlungen und die Chemo tröpfelt bis Freitag durch seinen Körper. Momentan schläft er und ich hoffe, daß ich ihn dazu bekomme wenn er wach wird etwas zu essen. Mich stört es, daß ich mich wo es endlich weiter geht so unendlich leer fühle.
Gast
Montag, 31. Mai 2010 - 16:43
Hallo Eiskristall,
da habt ihr ja schon einiges durch und ich wünsche mal unabhängig von all den Sorgen die du hast ein paar schöneStunden....Ja schöne Stunden, die müßt ihr euch machen, trotz der chemo um den Hals...Als ich das hatte bin ich viel an schönen Plätzen gewesen, mußte mich aufraffen, weil ich doch zur Zeit der erkrankung frisch in Trennung stand...War auch nicht so einfach...Aber schöne Stunden machen das leichter...Ich habe mich sogar während der chemo verliebt und wir haben es zusammen durchgestanden und uns im Februar verlobt...(Chemo war von Juli - Dezember)
Die Sorgen der anderen ja, die ihre Sorgen möcht man haben...Meistens wollen sie von den wirklich schlimmen sorgen garnichts wissen und darum plappern sie von ihren eigenen Kindergartenproblemen....
Das mußte abschütteln....Koch was tolles, Lieblingsessen oder so....mach dich hübsch....benehmt euch wie frisch verliebt....haltet fest zusammen...versucht es wenigstens,,,sich den ganzen Tag über auszupowern macht nur schlapp...und was nicht erledigt wird kann auch liegen bleiben...
Du weißt schon was er durchsteht, aber das Letzte Wort ist noch lange nicht gesprochen...Und wie es Dir geht weiß er sicherlich auch...
Es ist alles so schlimmm, hier hatte jeder schon einmal so ein paar heultage. Ich auch.
Lieben Gruß
Steffi

annachristine

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Montag, 31. Mai 2010 - 17:10
Hallo Eiskristall,
ich habe ein ähnliches Problem, wie Du es hast. Bei meinem Mann wurde 2007 Leukämie, CLL, festgestellt. Danach über 6 Monate die Chemo mit Medikament aus der Med-Studie. Vor der 2. Chemo gab es den Port, welcher noch im Körper ist und der jetzt alle 6 Wochen gespült werden muß.
Ich war durch diese Krankheit voll gefordert.
Meine Mutti wohnte in dieser Zeit in einem Seniorenheim ca. 60 km von unserem Wohnort entfernt. Mit ihr konnte ich über die Krankheit meines Mannes nicht sprechen. Sie hatte Demenz, erkannte mich als Tochter nicht mehr.
Die Schwester meines Mannes wohnt über 200 km entfernt. Also telefonieren; erklären und eigendlich ihr helfen.
Unser Sohn war von Stundan für mich da. Wenn ich ihn brauchte, war er zur Stelle.
Ich war voll berufstätig. Arbeit am Wochenende inbegriffen.
Mir haben fremde Menschen irgend wie geholfen mit dem Problem fertig zu werden.
Für mich blieb eigendlich keine Zeit mehr übrig.
Eine "Auszeit" von einem Tag brauchte ich da dringend. Diese habe ich mit unserem sohn gemeinsam verbracht und da fest gestellt, wie Erwachsener Mann sich wie ein Kind freuen kann. Wir brauchten diese gemeinsamen Stunden für uns.
Durch die Chemo hat mein Mann auch gelitten. Ich sage jetzt einfach Chemohirn; er vergißt einiges seit dem.
Während seiner Kur bin ich dann 14 Tage mit ihm gemeinsam gewesen. Es war mein Jahresurlaub.
Kontrolluntersuchungen erfolgen beim Onkologen zuerst alle Monate, jetzt alle 2 Monate.
Da mein Mann schreckliche Angst vor dem KH hat, sagt er natürlich bei den Untersuchungen auch nicht, wenn er Beschwerden hat.
Als er wegen eines Arth.-Verschlusses beim Arzt war, erfuhr er, das eine OP nicht durchgeführt werden kann, da er den Port hat.
Aus heiterem Himmel 2009 dann Schmerzen Magen/Galle und Feststellung von "Steinen" die entfernt werden muüssen. CT ergab dann ein Gallenblasenkarzinom und OP schnellstens.
Am gleichen Tag wie die CT meines Mannes, habe ich meine Mutti ins KH bringen müssen. Da sagte man mir schon vom Verdacht des Darmkrebses bei Mutti (Ultraschall).
Zu Hause saß mein Mann völlig genervt mit dem "sofortigen" OP Thermin; es war nur kein Bett für ihn frei.
Meine Mutti wurde einige Tage später operiert und ich bin täglich im KH bei ihr gewesen.
Die OP meines Mannes war für Ende August geplant. Bei seiner Voruntersuchung war ich dann dabei.
Da das Bauchband bei ihm gerissen war infolge der geschwollenen Leber und Milz mußte nun eine große OP erfolgen, denn das Ergebnis der CT "Karzinom" konnte nicht mit Schlüssellochop erfolgen. Dann 2/3 der Leber entfernt und das Karzinom war im gesunden Gewebe. Erst einmal wieder aufathmen.
Zwei Angehörige im KH und beide wollen versorgt werden.
Meine Mutti ist kurz vor Weihnachten gegangen.
Im Januar dieses Jahres wurden dann bei meinem Mann Hinweise auf Darmkrebs fest gestellt. Zuerst hat er es einfach abgetan. Im letzten Monat dann die entfernung von einem Adnom und einigen Polypen. Wieder aus gesundem Gewebe noch rechtzeitig. Kontrollspiegelung in einem Jahr.
Es tickt aber noch ne Zeitbombe bei meinem Mann. Siegt die Leukämie oder schlägt der nächste Krebs zu????
Reden mit Angehörigen kann ich nicht: es gibt nur noch die Schwester meines Mannes und unseren Sohn.
In mich reinfressen kann ich es auch nicht.
Daher finde ich es gut, daß man auch mal im Forum reden kann und dort Hilfe erhält.
Die Leere ist eigendlich Angst um den Partner. Man will helfen und kann nicht. Und der Partner erkennt unsere Hilfe nicht an.
Ich sehe bei vielen Dingen über den evtl. Ärger mit meinem Mann hinweg. Er möchte doch nicht kritisiert werden; macht doch alles richtig, weiß alles besser usw.
Meine "Auszeit" ist für mich für ein paar Stunden mein schwimmen einmal in der Woche. Mache das seit über 10 Jahren schon und für mein Wohlergehen brauche ich es auch. Unsere Gruppe ist ok; hier kann ich auch mal meine Sorgen loslassen. Und wenn nur mal jemand zuhört, ist es schon wichtig.
Viele Grüße
Anna-Christine

Eiskristall

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Donnerstag, 3. Juni 2010 - 22:52
Ich mag gar nicht schreiben, das es meinem Mann trotz Dauerberieselung mit Chemo die er jeden Tag durch seinen Port bekommt und natürlich seine tägliche Strahlendosis verhältnismäßig gut geht.Ich habe es sogat geschafft, daß er wieder anfängt wenigstens Kleinigkeiten zu essen. Heute hat er sein Notebook neu formatiert und morgen nach der Bestrahlung wird er von einer Bekannten abgeholt um ihren PC einzurichten. Für ihn ganz wichtig gefordert zu werden und für mich eine kleine Auszeit. Ansonsten werde ich mir die Worte von Steffi ein wenig verinnerlichen. Samstag soll das Wetter ja endlich gut werden und wir haben vor mit meiner Freundin und ihren Mann einen Biergarten zu überfallen.Wir versuchen auch wenn es nicht einfach ist diese Mist-Krankheit ein wenig auszublenden.
Ansonsten wünsche ich allen in der nächsten Woche die nötige Kraft die sie brauchen.

Eiskristall

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Samstag, 19. Juni 2010 - 23:52
So nun ist es so weit, jetzt hat es ihn doch umgehauen. Seit heute hohes Fieber ab zum ärztlichen Bereitschaftsdienst und ne Antibiotikakeule abgeholt. Gegen abend stieg das Fieber weiter an und ich ließ einen Arzt kommen. Dieser ließ alle Fragen bei mir offen und Spritzte ihm Novalmin gegen das Fieber. Irgendwie werde ich immer hilfloser. Was kann ich jetzt noch tun. Hatte zwar in der Klinik angerufen aber die verweisen auch nur an den ärztlichen Notdienst. Werde wohl heute kein Auge zumachen können.