Gast
Donnerstag, 5. August 2010 - 09:43
Hallo Ihr Lieben,
wie ich ja schon geschrieben habe, ist mein Dad letzten Sonntag verstorben. Kann es immer noch nicht fassen.
Morgen, am Geburtstag meiner Mutter (er starb außerdem am Geburtstag meines Mannes), findet nun die Aufbahrung zum letzten Abschied statt. Mein Sohn Bosse möchte Opa nun "tschüss" sagen. Er wird im September 6. Weiß jetzt einfach nicht, ob wir das zulassen sollen. Hat einer von Euch da Erfahrung? Könnte es sein, dass er ihn gar nicht wiedererkennt? Bin total ratlos...
Eine traurige
Esther
Hab gestern das Abschiedsgeschenk für meine Mutter abgeholt. Eine goldene Kette mit einer Gravur, die mein Vater noch ausgesucht hat. Leider hat er es nicht geschafft, sie selber zu übergeben. Hab beim Abholen echt gedacht, mir schnürt es gleich die Kehle zu...

Biggi

506 posts
Donnerstag, 5. August 2010 - 10:53
Hallo Esther,
als meine Schwiegermutter starb, war meine Tochter 4 Jahre alt. Wir haben sie nicht mit zur Trauerfeier genommen und sie hat sehr sehr lange nicht verstanden, wo ihre Omi nun ist. Heute würde ich es anders machen.
Zur Beerdigung würde ich Bosse an deiner Stelle mitnehmen. Aber ich finde, er sollte ihn so in Erinnerung behalten, wie er ihn kennt. Vielleicht wird er das Bild von seinem verstorbenen Opa nicht so leicht los. Ich denke, dass ist für einen 6-jährigen dann doch etwas zu viel.
Ich wünsche euch für diesen Tag aber viel Kraft und denke, dass du im Sinne deines Sohnes eine richtige Entscheidung triffst.
Alles Liebe
Gruß Biggi
Gast
Donnerstag, 5. August 2010 - 11:01
Hallo Biggi,
danke für Deine Antwort. Im Moment bin ich mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt dort hin will. Denke, ich werde Bosse nicht mitnehmen.
Auch bei der Beerdigung wird Bosse nicht dabei sein. Es wird eine große Beerdigung mit Reden am offenen Grab usw. Habe meine Bedenken, dass er das alles so verstehen würde. Letztes Jahr war er mit zur beerdigung seiner Uroma. Er hat das ein halbes Jahr lang nicht verkraftet und immer wieder davon geredet. Werde nach der Beerdigung mit ihm und seiner jüngeren Schwester zum Friedhof fahren. Denke, wir werden dort nur für uns und meine Dad in aller Stille eine Kerze anzünden.
Liebe Grüße
Esther

annachristine

307 posts
Donnerstag, 5. August 2010 - 11:35
Hallo Esther,
es ist eine schwere Entscheidung ob du Bosse mit zum Abschied nehmen sollst.
Da ich aber annehme, daß Dein Papa vom Bestatter gut "zurecht gemacht ist und er im Sarg schläft" solltest Du deine Entscheidung überlegen. Frag Dein Kind, ob es den Opa noch einmal sehen will. Mit der Begründung daß Opa im Sarg schläft, er aber vom Stern am Himmel immer für ihn da ist.
Beisetzung ist genau so.
Aus meiner eigenen Erfahrung als Kind kann ich nur sagen, daß es mir schwer gefallen ist, mich nicht von meiner Oma, da war ich 6 Jahre alt und von meinem Opa (10 Jahre alt) verabschieden zu können. Bei der Beisetzung meiner Oma habe ich nicht verstanden, weshalb meine Mutti weinte. Ich saß auch nicht an ihrer Seite, sondern etwas abseits bei einer Tante. Bei der Beisetzung meines Opas waren alle Enkelkinder dabei und wir haben zusammen gessen in der Trauerhalle und uns gegenseitig getröstet. Die anschließende private Trauerfeier bei meiner Oma zu Hause war ein großes Familienfest für mich. Es wurde viel über meinen Opa geredet und auch gelacht.
Es ist auch gut, wenn Du mit Deinen Kindern später noch einmal zum Grab gehst um sich dort noch einmal allein vom Opa zu verabschieden.
Im Gedanken werde ich bei Dir sein und Dir ganz viel Kraft für diesen schweren Tag wünschen.
Anna-Christine

meli

157 posts
Donnerstag, 5. August 2010 - 11:55
Liebe Esther,
die Entscheidung was richtig ist, kann dir keiner sagen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer diese Entscheidung ist.
Als mein Vater 2005 verstorben ist war meine Tochter 7 und mein Sohn 2. Als der Anruf kam, das er tot sei, hatte ich nur noch einen Tunnelblick. Ich selber hatte mit dem Thema voher nie was zu tun, und war so mit mir beschäftigt, das ich nicht viel überlegt habe. Meine Mutter und ich haben ihn noch mal auf der Palliativstation gesehen (war für mich der erste Verstorbene) und wir haben den Sarg dann schließeb lassen. Zur Trauerfeier und Beisetzung waren meine Kinder dann mit. Ein paar Wochen nach der Beerdigung sagt meine Tochter damals zu mir: Auch ich hätte den Opa so gerne noch gesehen, ihm was mitgegeben und ihm was gesagt. (Allerdings mitgegeben haben wir ihm ein Foto seiner Enkelkinder)
Im November ist dann erst meine Oma im Krankenhaus verstorben, sie war schon länger erkrankt im Alter, aber eigentlich hatten wir zu dem Zeitpunkt nicht damit gerechnet. Ich habe mich dann entschlossen meine Kindern nur mit zur Beerdigung zu nehmen, denn meine Oma sah nicht gut aus.
10 Tage später starb dann mein Opa, er konnte nicht ohne meine Oma nach 64 Jahren Ehe, und ich fand er sah gut aus. Nachdem wir uns im Krankenhaus verabschiedet hatten, habe ich meine Tochter, aber auch nur die Große, gefragt ob sie ihn noch mal sehen möchte, aber sie wollte nicht. Aber auch hier waren beide mit zur Beerdigung.
Jetzt am 29.5. ist dann meine Mutter verstorben, meine Kinder haben extrem an meiner Mama gehangen, sie war die "Superoma". Da wir alle, auch die Kinder, wussten was passieren wird, hatten meine Kinder genug Zeit (die sie auch genutzt haben) sich von meiner Mutter zu verabschieden. Meine Mutter hatte uns noch mitgeteilt, das wir einen Bestatter mit eigenen Räumlichkeiten der Aufbahrung wählen sollen, damit sich gute Freunde noch verabschieden können wenn sie wollen. Sie ist Samstags verstorben und wir haben uns Sonntags noch mal verabschiedet. Meinen Kindern habe ich es frei gestellt, aber sie haben beide beschlossen, sie haben voher mit Oma alles besprochen und möchten nicht mit. Das war auch voll in Ordnung für mich und meinen Mann. Jedoch wollten unsere Kinder der Oma noch Sachen mitgeben (mein Sohn hat ihr ein Bild von ihrem neuen Zuhause gemalt und meine Tochter hat ihr einen Brief geschrieben)
Auch hier waren zur Beerdigung meine Kinder mit.
Ich habe es als richtig empfunden, das meine Kinder mit zur Beerdigung gehen, allerdings wie man lesen kann, wussten sie aber mitlerweile was auf sie zu kommt. Wenn meine Kinder nicht mitgewollt hätten, wäre das für mich allerdings auch in Ordnung gewesen, denn man weiß ja selber, wie schwer dieser Weg ist. Um sich am offenen Sarg zu verabschieden, würde ich aber auch immer erst alleine schauen wie der Verstorbene aussieht, denn man weiß nie wie die Leute sich durch die Medikamente verändern.
Ich würde an deiner Stelle ganz offen mit deinem Sohn sprechen. Ich kann dir nur zwei Bücher empfehlen die meinen Kindern sehr gut getan haben (leb wohl lieber Dachs und hat Opa einen Anzug an)
Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft
Eine traurige
Melanie

Binweg

596 posts
Donnerstag, 5. August 2010 - 14:18
Miene Liebe Esther,
ich habe meinen Vater nur noch ein letztes Mal im Krankenhaus gesehen(1994), damals war mein Sohn 6 Jahre, ich war um seine Anwesenheit dankbar. Denn Kinder sind unbefangen und ganz sie selber.
Wir Erwachsenen denken leider viel zu viel!
Mein Vater konnte damals nicht mehr sprechen, er lag auf einem Wasserbett, weil er so wund war. Aber er hat alles wahrgenommen.
Auf der Beerdigung waren wir alle, meine Tochter damals mit 11 und ihr Bruder mit 6.
Bei meiner Mutter waren die Kinder schon älter, aber ich war so froh, dass ich sie noch mal tot ansehen, anfühlen und küssen durfte. Ich habe mit ihr geredet.
Und das war das wichtigste, wertvollste, für mich. Denn dann habe ich gemerkt, wie falsch es war, meinen Vater NICHT nochmals tot zu sehen.
Ich kann es Dir nur vorschlagen, geh diesen schweren Weg, und nehm die Kinder mit.
Sie werden es dir irgendwann später mal danken, der Tod gehört zum Leben, wie die Geburt, wie die Krankheit und das solltest Du ihnen nicht vorenthalten.
Dass ich dadurch die Angst vor dem Tod ein stückweit verloren habe, das hat mir die Kraft gegeben, die Angst bei meinem Mann jetzt im Dezember besser zu verkaften.
Ich weiß nicht wie alt du bist, aber Du bist auch Mutter so wie ich. Ich sende Dir ein Kraftpaket und viel Verstehen und offenen Herzens Hinfühlen.
Ganz liebe Grüße zu Deiner Familie.
Friderike

retra

141 posts
Donnerstag, 5. August 2010 - 14:20
Liebe Esther,
meine Schwiegermutter ist vor 17 Jahren bei uns im Haus an Darmkrebs verstorben. Alle Enkelkinder, auch die kleinen - haben bei uns zu Hause die Oma nochmal gesehen, bevor der Bestatter kam, das jüngste war 2(wir hatten Oma selbst gewaschen und angezogen, wie wir das geschafft haben damals weiß ich selbst nicht).
Unsere Tochter damals 6 Jahre wollte ihre Oma noch einmal sehen (Oma war die 2. Mama für sie)
Sie hatte der Oma ein Bild mit Regenbogen, Blumen und Schmetterlingen gemalt, das hat unsere Tochter sich selbst so ausgedacht. Dies Bild hat sie der Oma selbst auf die gefalteten Hände gelegt.
Wir sind zur Aufbahrung gefahren, haben unserer Tochter aber auch freigestellt, wenn sie es sich anders überlegt vor der Tür zu warten mit dem Papa oder dem großen Bruder.
Ich würde Kinder immer mit zur Beerdigung nehmen, außer sie möchten das selbst nicht und es gibt wirklich gute Kinderbücher zu diesem Thema.
Und wirklich selbst schauen, wie der Verstorbene aussieht, ehe du deinen Jungen mitnimmst, ist ganz wichtig.
Und vielleicht auch sagen, dass der Raum kalt ist und es nach den Blumen riecht. Und vermeide unbedingt das Wort schlafen, sonst hast du Schlafstörungen für den Jungen vorprogrammiert. Du kannst sagen, Opa ist jetzt ein Engel oder ein Stern am Himmel, und dass Opa jetzt keine Schmerzen mehr hat).
Meine Schüler(Grundschule 1.u.2.Klasse) haben sehr gut verstanden, dass die Seele zu Gott kommt und der Körper in der Erde ruht.
Das Wort Himmel zu benutzen ist auch schwierig, weil dann die Kleinen mit dem Flugzeug dahin möchten.
Frage deinen Jungen, was er wirklich möchte. Die Kleinen wissen das meist schon ganz genau.
Liebe Esther, ich bin traurig, dass dein Papa gehen musste und fühle mit dir.
Mit stillem Gruß Renate

Esther

11 posts
Donnerstag, 5. August 2010 - 21:35
Danke noch einmal an alle für die Antworten. Meine Mutter hat sich mittlerweile dazu geäußert. Sie möchte nicht, dass Bosse morgen mit zum offenen Sarg kommt. Ob er Dienstag mitkommt, werde ich mit nochmal in einem ruhigen Gespräch klären.
Mir persönlich gefällt übrigens das Buch "Adieu, Herr Muffin" am besten. Es handelt zwar von einem Meerschweinchen, aber es ist für Kinder in dem Alter fast begreiflicher, glaube ich. War auch mal in Schweden Kinderbuch des Jahres. Die anderen, die ihr genannt habt, kenne ich leider nicht. Naja, das nur so am Rande...
So, jetzt versuch ich mich innerlich auf den morgigen Tag vorzubereiten, wenn das denn geht.
Liebe Grüße
Esther