sigi55

80 posts
Donnerstag, 20. Januar 2011 - 11:07
Hallo,
bin nach meiner Darm-OP (11.01.2011) wieder zu hause gelandet. Die behandelnden Ärzte haben ihre Arbeit gut gemacht, denn es geht mir schon wieder relativ gut. Es wurden der Tumor und 65 cm vom Dickdarm (es sollten zwar nur 40 cm werden, aber es gab Probleme mit der Durchblutung des Darmes) mit dazugehörigen Lymphknoten entfernt.
2 Lymphknoten sind leider auch befallen. Das Stadium meines Tumors war T3; N1; M0 und Grad I.
Nun soll ich eine adjuvante Chemotherapie bekommen und natürlich eine regelmäßige Tumornachsorge erhalten.
Meine Fragen:
Ist die adjuvante Chemotherapie sinnvoll, oder schießt man dabei eher mit Kanonen auf Spatzen? Das wichtigste für die Krebsbekämpfung ist doch eigentlich die Stärkung des Immunsystems, aber wird es durch diese Chemo nicht geschwächt?
Sicher könnt ihr mir mit euren Erfahrungen bei der Beantwortung meiner Fragen helfen.
Vielen Dank schon mal im voraus.
Liebe Grüße
Sigi

glückskind

294 posts
Donnerstag, 20. Januar 2011 - 12:14
Lieber Sigi,
die Entscheidung triffst Du allein, das ist Segen und ein Fluch...
Es gibt hier einige User im Forum, die für sich die Entscheidung dagegen getroffen haben und gut damit Leben.
Medizinisch gesehen hast Du sicher nicht unrecht, denke ich mal...
Aber, ob sinnvoll oder nicht kann Dir auch ein Onkologe nicht zu 100% sagen, wohl Dir aber aus dem Erfahrunsschatz Empfehlungen geben. Leider tickt aber auch jeder Arzt anders...
Wenn Du aber Vertrauen zu Deinem Onko hast, dann ist das schon eine gute Basis und er wird Dir nichts empfehlen, was nicht sinnvoll wäre.
Ich stand im gleichen Zwiespalt und hab mich letztendlich dafür entschieden.
Meine Beweggründe waren, bei einem Rückfall nicht hadern zu müssen, ob es eine Chemo evtl. verhindert hätte...
Das wäre für mich ganz schlimm. So hab ich zumindest das Gefühl, in meinem Rahmen das Möglichste getan zu haben.
Du musst für Dich herausfinden, womit Du leben kannst...
Im Übrigen ist bei einem Lymphknotenbefall l. "Forschung" eine adjuvante Chemo "sinnvoll"
Alles Liebe
glückskind

annette

199 posts
Donnerstag, 20. Januar 2011 - 16:01
hallo sigi, es ist ja schoen das alles so gut verlaufen ist, wir hatten mehr probleme - mein bruder 46 jahre T3,N1,MO allso gleich wie bei dir, mehrer lympfknoten befallen. er ist jetzt krebsfrei alles wegoperiert und die aerzte moechten keine chemo nachschieben . wir sind in der heilungspfase und ende februar oder anfang maerz wird der darm zurueckgelegt. so haben bei uns die aerzte entschieden jeder denkt ja da anders, 5 aerzte und 5 verschiedene meinungen das musst du entscheiden ich wuensch weiter ganz gute genesung und alles gute annette

sigi55

80 posts
Donnerstag, 20. Januar 2011 - 17:33
Hallo,
danke für die schnelle Antwort.
Ja, die Entscheidung liegt ganz bei mir, die kann mir Keiner abnehmen.
Wenn ich nur nicht so viele Zweifel am Sinn einer Chemo hätte!
Fakt ist, dass eine Chemo enorme, nicht wiedergutzumachende Nebenwirkungen hat und auch viele gesunde Zellen zerstört werden. Das Immunsystem, dass in den nächsten Jahren dafür sorgen soll, dass sich keine Mikrokrebszellen (die jeder Mensch in sich hat) mehr ansiedeln können, wird zerstört. In vielen Fällen bringt eine Chemo für den Krebspatienten überhaupt keinen Nutzen, aber die Pharmaindustrie verdient ordentlich daran.
Hat jemand schon mal etwas von einer "Metronomischen Therapie" gehört; das sind Wirkstoffe gegen die Neubildung von Blutgefäßen der Tumore - "aushungern"? Diese Medikamente sind weniger toxisch als eine Chemo.
Liebe Grüße
Sigi

Arwed

650 posts
Donnerstag, 20. Januar 2011 - 18:16
Hallo Sigi,
leider scheint es so zu sein, daß Krebsstammzellen, aus denen Krebsgewebe entsteht, sich extrem selten teilen und damit für die Chemo, die auf die Teilung von schnell teilenden Tumorzellen einwirkt, keinen Einfluß hat. Dies muß der Körper mit seinem Immunsystem alleine machen und er schafft es auch bis zur einer Anzahl von etwa 1000 Zellen. Die klinische Nachweisbarkeitsgrenze liegt aber bei 10^9 Zellen. Wieviel Zellen sich also aus einer Krebsstammzelle bereits gebildet haben, ist damit nicht abschätzbar, aber für eine Chemo zur Zerstörung erreichbar.
Eine Krebsstammzelle kann natürlich auch mutieren und somit seine potentielle Krebseigenschaft verlieren. Also Genaues weiß man nicht! Die adjuvante Chemo ist somit Ansichtssache. Der Onkologe kann aber für deinen Fall vielleicht die statistischen Zahlen nennen, um einen Vorteil einer adjuvanten Chemo abzuschätzen.
Tumore auszuhungern ist das Ziel z.B. von Avastin, indem die Blutzuführung zum Tumor unterbunden werden soll. Diese sind in der Tat weniger toxisch. Ansonsten ernähren sich Tumore bevorzugt gegenüber den restlichen Körper von den Nährstoffen.
Liebe Grüße Arwed

sigi55

80 posts
Donnerstag, 20. Januar 2011 - 18:58
Hallo Arwed,
danke für deine interessante Antwort.
Vielleicht kommt es auch auf die Malignität des Tumors an, ob eine Chemo greift oder nicht. Mein herausoperierter T. war "hochdifferenziert" und hatte "Grad 1", d. bedeutet, dass noch etliche gesunde Zellen enthalten waren, was mich noch zusätzlich zweifeln lässt, ob da eine Chemokeule Sinn macht.
Ich habe vor Einsetzen des Ports noch einen Termin bei meinem Hausarzt. Mal sehen, welche Meinung er gegenüber einer Chemo vertritt. Ich habe mich auch schon mit Betroffenen aus meinem Umfeld unterhalten - ein Bekannter mit der gleichen Krebseinstufung wie ich, hat sich keine Chemo geben lassen und seine Ernährung und sein Leben komplett umgestellt; er ißt mehr vegetarisch und es ist bisher gut gegangen. Aber wer weiß das schon vorher!
Liebe Grüße
Sigi

annette

199 posts
Donnerstag, 20. Januar 2011 - 19:53
hallo sigi
bei uns wurde das auch diskutiert wie gesagt habe ich den nachsatz noch nicht geschrieben --die aerzte sagten----wir wollen die chemo alls waffe zurueckhalten ----es ist ja jetzt alles gut und mein bruder muss fast monatlich zu untersuchungen. schwere entscheidung mein eindruck fuer dich hoere auf dein bauchgefuehl oder was du fuehlst es wird wahrscheinlich die richtige entscheidung sein. lieben gruss annette
Gast
Freitag, 21. Januar 2011 - 09:02
Hallo,

Die S3-Richtlinien für diesen Status sagen, dass eine adjuvante Chemotherapie angeraten ist.
Schaut man in einem Werkzeug nach wie Aduvant-Online (www.adjuvantonline.com), das der Beantwortung solcher Fragestellungen dient, gibt es auch einen deutlichen Vorteil bei der Nutzung der Chemotherapie. Die Daten, die Adjuvant-Online zugrunde liegen, sind die von SEERS, eine der größten Datensammlungen in den USA.
Ein ähnliches Werkzeug (prediction tool), das noch mehr histologische Daten abfragt, bietet Sloan Kettering, eine der bekanntesten Krebskliniken der USA. Die Datenbasis bezieht sich nur auf eigene Patienten (gut 1000). Dort ist der Vorteil der Chemotherapie bei solchen oder ähnlichen Befunden kaum sichtbar.Auch das deckt sich mit der einen oder anderen wissenschaftlichen Veröffentlichung, ebenso wie, dass der Grad I der Tumormalignität eine gute Prognose darstellt.
Letztlich liegt es daran, dass die histologischen Daten nur ungenaue Auskunft über den Krebstyp geben. Es gibt wohl etliche molekularbiologisch oder zellbiologisch wenig aufgeklärte Untergruppen, die sich unterschiedlichen verhalten. Daran wird eifrig geforscht (busymouse hat auch solche Berichte hier eingestellt), aber da ist man wohl noch nicht so weit, um Patienten eindeutig beraten zu können.
Das Tumorregister in München vertritt die Auffassung, dass der therapeutische Zeitraum, in dem Tumorzellen effektiv getroffen werden können, eng sei. Stammzellen, die hier häufig von Arwed erläutert werden, könnten sich einnisten und irgendwo überwintern, um dann irgendwann zuzuschlagen.
Ich selbst habe, nachdem ich alles gelesen habe, nachgesehen, ob wirklich greifbare Erkennisse vorliegen, dass irgendwelche bekannten Untergruppen des histologischen Status durch eine Chemotherapie deutlich schlechtere Chancen haben. Das habe ich nur in Ansätzen gefunden, auch da waren die Resultate nicht besonders deutlich, keineswegs dramatisch.
Letztlich habe ich mich rasch für eine Chemotherapie entschieden. Die Zweifel bleiben aber, damit werden wir so oder so leben müssen.
Alles Gute
vantast

sigi55

80 posts
Freitag, 21. Januar 2011 - 09:50
Hallo vantast,
du hast Recht, die Zweifel, ob man sich für oder gegen eine Chemo entscheidet, bleiben nach wie vor bestehen.
Ich habe ganz vergessen zu erwähnen, dass ich vor 16 Jahren (im Alter von 39 Jahren) bereits schon einmal einen Herzinfarkt hatte (auf Grund eines Thrombus - Ursache des Th. unbekannt) und leide seit dem unter Bluthochdruck, den ich aber mit Tabletten gut im Griff habe. Habe auch ansonsten seit dem keine Herzbeschwerden mehr gehabt - aber eben furchtbare Angst vor der Sch...Chemo!
Liebe Grüße
Sigi
Gast
Samstag, 22. Januar 2011 - 18:33
Hallo Sigi,
Chemo ist natürlich kein Zuckerlecken, und wenn man die Nebenwirkungen liest, dann zieht sich schon alles zusammen. Aber meine Erfahrung ist die, dass es mit den Nebenwirkungen ist wie mit einer Speisekarte. Man nimmt eben nicht alles. Darüber hinaus sind mittlerweile ganz gute Medikamente gegen eine Reihe von Nebenwirkungen entwickelt worden. Auch in den schweren Zeiten der Therapie gewinnt man so etwas wie Routine, ein anderes Wort fällt mir nicht ein. Wichtig ist vor allem, wenn es einem schlecht geht, das auch deutlich zu sagen. Die Onkis haben häufig noch den einen oder anderen Pfeil zur Hilfe im Köcher. Leiden mit zusammengebissenen Zähnen, wenn es auch anders geht, ist falsch.
Alles Gute
vantast