Binweg

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Donnerstag, 30. Juni 2011 - 07:58

Hallo an alle, die ich so hier kenne.

Ich bin Angehörige, mein Mann hat Darmkrebs und seit November 2010 auch Lebermetas, die er mit 7 Chemos alla Erbitux versucht, in die Schranken zu weisen.

Er hat seit gut 10 Wochen keinen Bock mehr auf Onkologen, andere Ärzte und Chemo... Das thema ist bei uns TABU, aber total.[smiley:smiley-cool]

Ich kann ihn verstehen, absolut.

Mein Problem ist, wie kann ich ihn dazu animieren-- darf ich das überhaupt?-- Dass er sich zum Staging anmeldet.

Ich kann ihn sogar begreifen, dass er HORROR hat vor Ärzten, dass er das letzte Mal Ende Januar 2011 total in der Luft hin nach dem Staging, weil die Radiologin ihn am Freitag abend nach dem Staging in Panik versetzt hat, er hätte die Gefahr einer Lungenembolie und müsste sofort ins Krankenhaus, sonst wäre Lebensgefahr! crying

Ich muss dazusagen, es geht ihm gut, er läuft viel, er schafft wieder in der Wohnung, baut den Keller aus und arbeitet fast so schwer, wie früher. Es geht ihn verdammt gut.

Das will er vermutlich nicht aufgeben. Denn---> das Staging wird Ergebnisse bringen, positive oder negative und dann....

muss er Entscheiden.

Hat er aber eine Verantwortung seinen Angehörigen gegenüber ( und dazu gehöre nun mal ich als seine Frau und seinem Sohn gegenüber, der seit 6 Monaten bei uns lebt)?????

WIE STEHT IHR DAZU?

Wenn ich das Thema auch nur annähernd anschneide, geht er hoch wie eine Rakete und in mir brodelt es aber doch und die alte Angst steigt hoch.

Wie seht ihr als direkt Betroffene das ?

Ich bin dankbar, wenn ihr mir etwas raten könnt, aus Eurer Sicht.

Lieben Dank im Voraus.

Rost 55

Biggi

506 posts
Donnerstag, 30. Juni 2011 - 08:53

Liebe Rike,

mir geht es genau wie deinem Mann. Man hat sich gerade etwas gefangen und meistert sein Leben mit der Krankheit, da stehen wiederNachuntersuchungen, CT's oder etwas anderes an. Letzte Situation bei mir im Krankenhaus. Man setzt so viele Hoffnungen da rein und muss wieder auf Entscheidungen warten. Das ist so zermürbend und anstrengend für Körper und Geist. Höre ich wieder schlechte Nachrichten, die ich gar nicht hören möchte oder hab ich mal wieder etwas Glück und etwas hat sich etwas verbessert. Gefühlschaos pur. Das hatte man schon so oft und will das eigentlich gar nicht mehr. Nur mal wieder Normalität und Konstanz. Andererseits weiß man ganz genau, dass es eigentlich anders ist. Ganz sicher geht es euch als Angehörige ebenso wie uns, manchmal vielleicht noch schlimmer, da euch die Hände gebunden sind und ihr uns in solchen Momenten nicht wirklich helfen könnt. Und man weiß ganz genau, dass man vor solchen Situationen nicht weglaufen kann. Das Motto sollte sein : Augen zu und durch. Aber das ist manchmal so verdammt schwer.

Letztendlich war es dann auch bei mir so, dass sich für mich, auch wenn es nicht das war, was ich hören wollte,doch noch immer wieder irgendetwas Positives ergeben hat. Trotzdem sagt man einfach mal: Ich will das alles nicht ! Und dann macht man doch das, was erforderlich ist ! winkEinem bleibt ja nichts anderes übrig.

Ich denke, auch Volker wird letztlich doch alles tun was notwendig ist. Mach dir keine Sorgen !

Liebste Grüße von der Küste

Biggi

Gast
Donnerstag, 30. Juni 2011 - 09:49

Hallo Rosti,

ich bin ja selbst Betroffene und kann deinen Mann da wirklich vestehen.

Ich habe von April 2010 bis März 2011 Chemo bekommen und mir ging es von Tag zu Tag schlechter, ich hatte einfach keine Kraft mehr.

Ich habe meinem Onkologen gesagt, mir ist es egal ob ich sterbe oder nicht, aber ich kann nicht mehr.

Dann habe ich selbst entschieden keine Chemo mehr zu bekommen, da im CT auch nichts mehr sichtbar war.

Anfang Juni hatte ich dann mein erstes CT nach 3 Monaten ohne Chemo. Die Tage vorher waren schon schlimm für mich: habe ich im März die richtige Entscheidung getroffen, wie fällt das CT aus???? Tausend Fragen haben mich beschäftigt.

Mir geht es z.Zt. richtig gut, die Kraft ist wieder da und das Leben ist s c h ö ö ö ö ö n, denn es ist momentan alles gut.

Ich kann deinen Mann verstehen, oder ich verstehe auch deine Ängste.

Ich denke zur Kontolle sollte er auf jeden Fall gehen.

Liebe Grüsse Edith

meli

157 posts
Donnerstag, 30. Juni 2011 - 11:51

Hallo Rosti 55 und Familie,

tja, schwierige Entscheidung !!

Ich habe meiner Mama, im Nachhinein gesehen wahrscheinlich falsch, damals zur OP, Chemo und Co. geraten. Frage mich heute aber immer mehr, war das richtig ?? Hatte ich das Recht dazu ?? Was wäre ohne gewesen ??

Nein, ich will damit sagen, ich kann deinen Mann verstehen. Er fühlt sich, sofern ich das richtig gelesen habe, gut! Ihr habt seinen Sohn jetzt bei euch, große Aufgabe. Was wäre wenn das Staging nicht so ausfällt, wie er sich fühlt ?? Man muss wieder Entscheidungen fällen.

Ich, mit meinem heutigen Wissen, würde versuchen mit ihm in Ruhe zu sprechen. Vielleicht, ja nach dem was für ein Mensch er ist (wir kennen uns ja nicht persönlich, das kannst nur du einschätzen), auch was er tun würde, wenn das Ergebnis schlecht wäre. Wie seine Einstellung zu weiteren Therapien ist !!

Es ist total schwierig, ich hoffe das ich dir damit einen kleinen Denkanstoß geben konnte. Ich wünsche dir viel Kraft, aber ich glaube fest das du instinktiv das richtige tun wirst.

Viele Kraft und viele liebe Grüße

Meli

Gast
Donnerstag, 30. Juni 2011 - 12:35

hallo rosti

ich weiß nur zu gut wie du dich fühlst.mein mann lehnt nun auch alles ab, die hausärztin wolltze ihn ins krankenhaus einweisen.aber er möchte nicht mehr ins kh.ich akzeptiere das schweren herzens,aber es ist seine entscheidung.wir wissen das es nicht mehr viel hoffnung gibt.damit zu leben ist schwer, sehr schwer.und die angst das es bald voebei ist frißt einen auf.so schlimm wie alles sidt, dein mann sollte zur nachuntersuchung gehen, auf jeden fall.vieleich gibt es ja auch mal positives,das weiß er ja nicht....ich wünsche euch jedenfall nur das beste vom besten.

liebe grüße caroli

Martl

188 posts
Donnerstag, 30. Juni 2011 - 15:14

Hallo Rike,

auch ich kann Volker vollends verstehen.

Meinem Dad ging oder geht es ähnlich.

Grad wenn man sich sehr gut fühlt und froh ist, dass keine Chemo läuft oder eine OP gut überstanden ist, will man wirklich nichts mehr wissen von der Krankheit oder auch dem nötigen, bevorstehendem Staging.

Faktisch muss der Betroffene meiner Meinung nach zu 80% selbst entscheiden, was er tun will....aber in Absprache mit seiner Familie, denn wie du sagst....eine gewisse Verantwortung hat man eben auch gegenüber der Familie.

Das Doofe an dieser Krankheit ist eben, dass sie einen bis zum Lebensende verfolgen wird und man einfach lernen muss, damit zu leben und auch mit den nervigen, regelmäßigen Nachuntersuchungen. Uns graust jetzt schon wieder vor dem nächsten Staging Mitte August und ich bete fast jeden Tag, dass wir alle zumindest das Jahr 2011 ohne negative Rückschläge oder Überraschungen genießen können. Mehr will ich erstmal nicht.

Trotzdem versuchen wir, das Thema so gut es geht auszugrenzen und erst dann dran zu denken, wenn es soweit ist. Man lebt halt von Vierteljahr zu Vierteljahr und freut sich über alle 3 Monate, die ohne schlechtes Ergebnis oder Ereignis verlaufen.

Volker muss auch versuchen, diese beiden Seiten leben zu lernen:

1. Abschalten und am Leben erfreuen, wenn nichts ansteht.

2. Wütend und traurig sein, Angst haben und Durchhalten, wenn es sein muss....und das ist leider mal das Staging. Ihr werdet sehen....läuft es einigermaßen positiv, seid ihr danach alle froh, dass ihr es gemacht habt. So war es auch mit den beiden Lungen-OPs meines Dads. Es gab Zeiten, da wollten wir gar nichts operieren lassen. Dann, nach der ersten OP wollten wir die rechte Lunge nicht operieren lassen, aber unser Verstand hat einfach gesagt....es sollte schon sein bzw. wird sich vielleicht auszahlen.

Ich bin selbst nicht krank, sehe es aber so, dass das Ziel mit dieser Krankheit einfach sein sollte, so zu denken.

Früher quälte man sich teils in die Arbeit und regte sich über viele Sachen im Leben auf. Jetzt nimmt diesen Platz der Kampf gegen die Krankheit ein. Dort, wo man früher keinen Bock auf das oder das hatte, sind jetzt Staging und Therapie. Alle anderen Tage im Leben sollte man positiv und schön machen.

Binweg

596 posts
Dienstag, 5. Juli 2011 - 14:24

Hallo an alle, die hier so liebevoll geschrieben haben.

Ich wollte dieses verlängerte W.E. nicht reinschauen.

Doch ich bin inzwischen der Meinung, wenn mein GöGa sagt, er geht, dann muss ich ihm den Zeitpunkt überlassen.

Anders kann ich es nicht machen.

Er ist erwachsen, er muss über seinen Körper selber entscheiden.

Der Verantwortung für seine Kinder ist er sich durchaus bewusst.

Und je mehr man darüber redet oder auch nur erwähnt, umso mehr dränge ich ihn in die andere Ecke, wo ich ihn gar nicht hinhaben wollte.

Lieben, lieben Dank an Euch alle.