Gast
Donnerstag, 22. Dezember 2011 - 15:14

Hallo zusammen!

Ich bin ganz neu hier. Mein Vater (66J) bekam vor ca. einem halben Jahr die Diagnose Darmkrebs. (lt CT keine Metastasen sonst wo sichtbar) Auf seinen Wunsch und nach Absprache mit dem Arzt wurde damals eine Darmop ohne künstlichen Ausgang durchgeführt.

Dann hat er die Chemo angefangen und nach 2x abgebrochen. (Entsetzliches Kribbeln in Händen und Füßen und extreme Kälteempfindlichkeit)

Zur Kontrolle wurde vor ca 2 Monaten nur ein Röntgen vorgeschlagen. Es wurde damals nur festgestellt dass die Naht im Darm sehr sehr eng ist und das wurde in einer kleinen Operation geweitet.

Kurze Zeit später hatte mein Vater sehr Starke Schmerzen. Knapp vor einem Durchbruch wurde im Krankenhaus entschieden ihm einen Stent einzupflanzen der nach 2 Tagen auch gleich wieder rauskam wegen unerträglicher Schmerzen da die Naht sehr weit unten lag. Es wurde eine Gewebsprobe der Naht genommen und man stellte wieder Krebszellen fest.

Nun wurde er letzten Freitag neuerlich operiert. Leider mit einem endständigem Stoma. Hintenrum wurde alles entfernt und zugenäht. Die Op war sehr schwierig und die Ärtze sagen wir müssen noch auf den Befund warten ob das was da noch alles rauskam ein Abszess oder ein Tumor war. Ich kenn mich eigentlich gar nicht mehr wirklich aus. Ich weiss nur dass mein Vater eine Chemotherapie und womöglich auch eine Strahlentherapie ablehnen wird. Bei der letzten CT kurz vor der Operation wurden wieder keine Metastasen festgestellt. Aus der Intensiv ist er schon raus, aufstehen kann er auch schon wieder und mit dem Stoma wird er lernen müssen umzugehen.

Ich wollte eigentlich nur wissen welche Lebenserwartung er noch hat. Heisst einmal Krebs immer wieder Krebs?

landtechniker

578 posts
Donnerstag, 22. Dezember 2011 - 15:32

Hallo Madl,

vergiss bitte die Diskussion um die Lebenserwartung! Die ist müßig. Jeder von uns, der betroffen ist, lebt so lange er kann und jeder hofft, dass keine Behandlung mehr nötig ist, und wenn doch, dass es dann die letzte war. Bei mir ist vier Jahre nach dem Primärtumor eine Metastase aufgetaucht - gerade als ich mich darauf gefreut hatte, die berühmten fünf jahre bald geschafft zu haben. Jetzt geht das Hoffen und Bangen von neuem los. Ich lebe jeden Tag und versuche, nicht daran zu denken, wie viele mir noch bleiben. Die Aussicht, so alt wie dein Vater jetzt ist, noch zu werden, empfinde ich als geradezu traumhaft (ich bin jetzt 48).

Ich weiß, dass es für Angehörige schlimm ist, nicht helfen zu können. Akzeptiere es. Unterstütze dein Vater, wo du kannst und er es will ( manch mal muss man Betroffene auch von therapien überzeugen) aber es geht um sein Leben und Wohlbefinden. dafür ist in erster Linie er verantwortlich. Und wenn er sich weder Chemotherapie nich Bestrahlung antun will, kann ich das verstehen. Das halbe Jahr Chemo war die schlimmste Zeit meines Lebens. Ich will das auch nicht nochmal erleben.

Erstmal kann und wird er lernen, mit seiner Situation zu leben. Es gibt viele andere Betroffene. Er muss nur bereit sein, auf andere zuzugehen, um rat zu fragen und Hilfe anzunehmen. Das ist oft nicht so einfach.

Ich wünsche dir und ihm viel Glück Landtechniker

Binweg

596 posts
Samstag, 24. Dezember 2011 - 21:17

Als Angehörige eines Mannes, der vor 2 Jahren an Darmkrebs erkrankt ist, kann ich dem Landtechniker nur Recht geben.

Kurz zur zeitlichen Abfolge UNSERER Geschichte, denn es ist auch meine Geschichte:

Wir haben am 18.12.2011 den 2. Geburtstag gefeiert.

Ansonsten lebt mein Mann mit dem Ileostoma. das kann aber nicht so schnell rückverlegt werden, weil die Naht im Bauch ( wo 50 cm rausmussten wegen Sigmakarzinom) zu eng ist.

Nach 10 Mal Chemo (Folfox5-Protokoll ) war die 1. Nachsorge im August 2010 ohne Befund.

die 2. Nachsorge im November 2010 ergab 5 Leber-Metastasen.

Großer Mist, ein dummer unsensibler Radiologe etc. (kann nachgelesen werden unter meinen Beiträgen, wenn es interessiert!)

Ansage der voraussichtlichen Lebenserwartung: 2.5 Jahre!

Dann 7 Mal Erbitux-Antikörper-Chemo.

Die Metas schrumpfen zwar, aber mein Mann hat ein enormes Vertrauen in seinen Körper, er lebt mit dem Krebs und er lässt ihn leben, so wie er mit ihm abgemacht hat, dass er ihn auch noch ein Weilchen leben lässt.

klingt "fantastisch", aber das ist sein Deal.

Keine Chemo mehr, keine Blutwerte mehr, kein Staging mehr und es geht ihm gut, er hat wieder Kraft, wir bauen die wohnung um.....

Wir leben von einer Woche auf die andere, ich habe lernen müssen, und ICH HABE ES GELERNT, dass jeder Tag ein Geschenk an mich, an ihn und an unseren Sohn ( er ist sein Sohn mit 17 und lebt seit 1 Jahr bei uns!) ist.

Mehr kann ich nicht sagen, es geht ihm gut und mir geht es seither besser.

Dass wir gestern noch beim Einkaufen seinem Onkologen dreimal über den Weg gelaufen sind, und dieser uns freundlich angelächelt hat, hat uns gut getan.

Die Angst und Panik, sie ist gerade nicht da.

Mit liebevollen und innigen Gedanken bei Euch allen, Rosti und mein Geliebter Mann

Madl

3 posts
Sonntag, 25. Dezember 2011 - 09:11

Hallo zusammen!

Danke für Eure Antworten!

Als erstes darf ich Euch von unserem Weihnachtsgeschenk erzählen. Es war kein Zweitkarzinom sondern ein gutartiger Tumor. Was auch immer noch alles kommen mag, wir freuen uns erstmal über diese Nachricht!

Ich hab in den letzten Tagen hier einige Beiträge gelesen und verfolgt. Hut ab vor all den Betroffenen die mit Ihrer Situation so gut umgehen. Ich für meinen Teil als Angehörige lebte, wie viele von uns, unter der Käseglocke wo alle für immer leben und keinem was passiert. Die Tatsache wie schnell sich dieses Traumdenken ändern kann hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen.

Ich selber bin Mutter von zwei Kindern und will für alle immer nur das Beste, für jeden da sein, jedem seinen Schmerz nehmen. Ich hab in den letzten Tagen gelernt, ich kann das nicht. Jeder muß mit der Situation selbst lernen und leben. Meine Mutter, mein Vater wir alle. Schön ist dass wir jeder für sich und trotzdem alle gemeinsam lernen werden zu leben! Wir stärken uns gegenseitig und geniessen zusammen.

Auf diesem Weg wünsche ich allen von Euch noch schöne Feiertage. Seht die schönen Dinge im Leben auch wenn sie noch so klein sind!

s'Madl

Gast
Sonntag, 25. Dezember 2011 - 11:40

Liebes Madl,

sehr schön hast du die Situation beschrieben und sprichst mir aus der Seele. Es kann einem auch keiner helfen, damit klar zu kommen. Da muss man erst einmal ganz alleine durch. Aber viel leichter geht es, wenn der Rückhalt der Familie, von Freunden und auch hier vom Forum da ist. Ich weiß, wovon ich spreche ! Danke für dieses wunderbare Statement. Mehr davon.

Ein schönes Weihnachtsfest dir und deiner Familie

Liebste Grüße Biggi