joe13

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Mittwoch, 22. Februar 2012 - 11:56

Wenn man die erschütternden Berichte hier verfolgt, könnte man versinken in Trauer und Verzweiflung.

Aber für die Lebenden gibt es nur eins:

Hoffnung und Freude haben an jedem Tag, der einem geschenkt wird!

Als ich vor 9 Jahren an meinem 60. Geburtstag Blut im Stuhl sah und wegen Schmerzen eine Koloskopie machte, erfuhr ich nach der Laboruntersuchung, daß es sich um ein 4 cm großes Krebsgeschwür im Dickdarm handelte.

Ich sehe noch heute die besorgten Augen des Arztes, der mir die Mitteilung machte, aber ich hatte eigentlich nur ein Gefühl der Dankbarkeit für ein langes und erfülltes Leben in mir. Dazu kam dann noch die Gewißheit, daß ich auf jeden Fall Zeit haben würde, alle wichtigen Angelegenheiten für meine Familie zu erledigen.

Die Operation konnte wegen Weihnachten, Urlaub des Arztes und anderer Termine erst über 4 Wochen (!) nach dem Befund vorgenommen werden, was mich sehr ärgerlich machte, da ich große Schmerzen in dieser Zeit hatte. Da kamen natürlich auch die typischen Gedanken:

Warum ausgerechnet ich??? Aber das kennt Ihr ja.

Nach der OP teilte mir der Arzt mit, daß sie gut verlaufen sei, daß es sich um ein verkapseltes Geschwür handelte und ich Glück hatte, da ich grade noch ohne künstlichen Darmausgang davongekommen sei. Die anschließende 9monatige Chemo reduzierte meine Lebensqualität allerdings in einem Maße, daß ich mir schwor, so etwas nie mehr zu machen. Die noch vorhandenen Krebszellen waren aber verschwunden oder sind unterdrückt, denn ich lebe noch heute!

Seit damals war ich nicht mehr in einem Darmkrebsforum - ich weiß nicht, ob es dieses war - und ich suchte es jetzt auf, um Mitstreiter für meine - relativ unbedeutenden - Nachwirkungen zu finden. Aber wenn ich die Dramen hier verfolge, schäme ich mich fast, meine "Probleme" zu schildern. Ich tue es trotzdem:

Auch wenn ich versuche, öfter rauszugehen, leidet meine Frau sehr unter meinen Blähungen, die so unglaublich sind, weil ich zwar manche Dinge schlecht vertrage, aber fast alles esse, was meine Lebensqualität entsprechend hoch hält. Die Tatsache, daß ich manchmal 3x unmittelbar nacheinander zur Toilette muß, ist zu Hause kein Problem, aber unterwegs teilweise eine Einschränkung, da die Toiletten hier nicht immer einen Zustand wie in Deutschland haben. In letzter Zeit habe ich ab und zu - nachts - Herzrasen mit Atemnot, was evtl. an dem Ungleichgewicht im Magen liegt (mein Darm ist 40 cm kürzer). Ich versuche schon seit langem, mit Atemübungen entgegenzuwirken und ein Aufstoßen zu provozieren, was mir hilft. Das Aufstoßen ist natürlich auch ein Problem, denn es ist für andere nicht akzeptabel, wenn man in der Gegend rumrülpst. Über diese - für viele hier lächerlichen - Schwierigkeiten wollte ich Mitstreiter finden, und ich bitte um Entschuldigung, wenn ich jemanden damit verletzt habe.

Ich habe gelernt, daß das Leben herrlich und ohne Alternative ist und daß es nur darum geht, jeden Tag zu genießen, den man erlebt.

Ich wünsche allen hier alles Gute und daß sie das Schöne im Leben sehen mögen, solange es eben geht.

landtechniker

578 posts
Mittwoch, 22. Februar 2012 - 16:11

Hallo Joe,

vieles von dem, was du geschrieben hast, spricht mir aus der Seele, die Probleme sind z.T. ähnlich.

Ich bin noch nicht wirklich dahinter gekommen, was die Blähungen verursacht, ich meine, das hängt bei mir sehr viel am Essen (was, wann, ...). Sie sind auch nicht immer ein Problem für die Umwelt. Leider weiß man das vorher nie!blush Meine Familie hat es weitgehend akzeptiert.

Grundsätzlich regle ich sehr viel mit Homöopathie, bei den Blähungen schaffe ich es nur begrenzt. Allerdings habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass der Darm sich in seinen Reaktionen verändert. Es gibt also kein dauerndes Allheilmittel, sondern stetige Herausforderungen.

Wenn ich unterwegs bin, heißt es, kontrolliert zu essen (kein Gemüse, wenig Salat, ...), und Experimente nur zu Hause zu machen. Damit fahre ich seit Jahren sehr gut und bin nur gelegentlich auf eine Toilette angewiesen.

Wenn ich so in meine Umgebung schaue, sehe ich viele Leute, denen es nach meinem Empfinden deutlich schlechter geht als mir und die trotzdem ihre Lebensfreude nicht verloren haben. Ich möchte mein Leben genießen, so lange ich es kann, vorbei ist es erst, wenn es vorbei ist! Oder um PeterErnst1977 zu zitieren: Humor trotz Tumor!

Ich wünsche dir weiterhin alles Gute! Landtechniker

Mit besten Grüßen Landtechniker

joe13

5 posts
Mittwoch, 22. Februar 2012 - 17:58

Hi landtechniker,

ich esse eigentlich alles, auch auf Reisen oder besonders dort, weil gut essen zu meiner Lebensqualität gehört. Daß ich dabei aber z.B. auf Sauerkraut verzichte, ist eine Frage der Gewohnheit.

Ich nehme übrigens täglich seit Jahren ein Tütchen Mucofalk zu mir, was die Verdauung ganz gut regelt. Es ist ja stets eine Frage, ob Durchfall oder Verstopfung - zumindest bei mir.

Den Mut und die Zuversicht zu behalten ist die Herausforderung!

sigi55

80 posts
Donnerstag, 23. Februar 2012 - 14:49

Hallo Joe,

du sprichst mir aus der Seele, denn mich bedrücken die gleichen Probleme. Meine OP ist zwar erst 1 Jahr her, mit anschließender adjuvanter Chemo. Seit dem plagen mich auch diese unangenehmen Blähungen, begleitet mit 6 – 10 x Toilettengängen. Leider gehören sie bei mir zum Alltag. Hinzu kommt noch, dass ich in den Fingern und auf den Fußsohlen Polyneuropathie (Taubheit, Kribbeln, usw.) von der Chemo zurück behalten habe. Ich glaube, dass die sensiblen Darmnerven ebenfalls angegriffen sind und die Beschwerden hervorrufen. Ich habe immer gehofft, dass sich die Darmprobleme mit der Zeit bessern, aber wenn du sie schon seit 9 Jahren hast ... schwindet meine Hoffnung.

Aber Kopf hoch, ich denke immer, alles ist besser als dass der Krebs zurück kommt.

LG Sigi

maincoon10

647 posts
Freitag, 24. Februar 2012 - 06:17

Guten Morgen,

wahre Worte @Joe... Lasst uns leben :)

Zum Thema Verdauungsprobleme... ich bin ja grad bei der zweiten Chemo seit März 2010 (1. Folfox, 2. Xeliri) und habe weil mein Darmkrebs gentisch bedingt ist (Verdacht auf FAP) nur noch 35 cm Dickdarm, aber ich bin Mitte 40. Der Chirurg sagte mir damals, das wird wieder wie zuvor.. das hab ich ihm auch irgendwie geglaubt.. die Realtität nach Chemo und OP sah etwas anders aus... aber die Zeit hat doch ziemlich viel geholfen.. der Darm braucht einfach Zeit hab ich festgestellt. Und kurz vor der 2, Chemo wegen Metastasen war die Verdauung auch echt schon ziemlich gut.

Auch bei mir gibt es Momente wo ich einfach nur heulen könnte, auf Grund von diversen Verdauungsproblemen aber die werden echt immer seltener und sind zu Hause fast nicht mehr vorhanden.(Nur Urlaube sind für mich nicht so klasse)

Also gebt nicht auf, experimentert mit Nahrungsmitteln, Gewürzen, Flohsamenschalen, Medikamenten (Blähungshemmend, Verdauungsfördernd, Darmbaketerien) und sprecht mit Euren Ärzten - auch die Schulmediziner wissen doch oft mehr über das Thema Verdauung als man glaubt. Ich esse alles, auch auf Reisen. .. nur muss ich dann halt Durchfallmedis nehmen... aber zu Hause hab ich es mit Hausmitteln und Flohsamenschalen in der Regel gut im Griff, nur zuviel Rohkost / Obst klappt halt nicht so wie früher...

Ich denke mir, was bei meinem kurzen Darm klappt, sollte doch bei euch - wo er erfahrungsgemäss länger ist auch klappen?

Aktuell z.B. bei der Xeliri Chemo leide ich unter massiven Blähungen, bekomme wege der Chemo jeden Tag ein Antibiotikum und jeden Tag Kortison... und habe jetzt mal Mutaflor getestet. Ich bin von dem Ergebnis mehr als überrascht, denn muss ich statt 3-4 mal auf Toilette (nach der OP und ersten Chemo - waren es auch bis zu 10 mal), an manchen Tagen gar nicht... Ein seltsames Gefühl nach 2 Jahren sag ich euch... Die Blähungen die bei mir momentan medikamentös bedingt sind, würde mich ja nicht so stören, aber die Mörderrückenschmerzen, die wollte ich in den Griff bekommen.. Ihr seht, es ist alles relativ ;)

Also gebt nicht auf, schreibt vlt. ein Ernährungstagebuch, geht zum Heilpraktiker, zu Ärzten, redet über die Verdauungsprobleme und experimentiert mit Nahrungsmitteln, Tees usw. Gerade auf dem Thema gibt es so viel was man machen kann. Ich wünsche Euch, dass ihr genauso wie ich Lösungen findet, die helfen (zumindest meisstens)

Andrea

PS: @Sigi, Polyneuropathien in den Füssen hab ich auch noch.. aber es wird immer besser und ist auch nicht mehr immer spürbar. Lt. Literatur sind diese reversibel.. Lt Praxis wohl nicht immer... aber wenn das alles ist was bleibt, und wir geheilt sind, nehme ich die in Kauf:)

joe13

5 posts
Freitag, 24. Februar 2012 - 10:25

Das Wohlgefühl stellt sich bei jedem unterschiedlich ein, es ist ein Mix aus Rücksichtnahme auf die Defizite bzw. Einschränkungen aufgrund medikamentöser Notwendigkeiten und dem Ausblenden der Krankheit bzw. der Nachwirkungen nach dem Motto: Alles ist schön!

Ich versuche, den 2. Weg zu verfolgen und habe mich an die 3-8 Toilettenbesuche pro Tag gewöhnt (auf Reisen schon schwierig), aber ich gehöre auch zu den leichteren Fällen hier.

Maincoon, es hilft nur: Kopf hoch und positiv denken! Du scheinst es richtig zu machen!

joe13

5 posts
Freitag, 24. Februar 2012 - 11:32

Hi maincoon,

ich sehe, daß Du mit Andrea unterschrieben hast, was außer in Italien eher ein weiblicher Name ist.

Sorry, wenn ich dich - zumindest gedanklich - dem falschen Geschlecht zugeordnet habeblush