Jousie

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Freitag, 5. April 2013 - 14:48

Hallo, ich bin neu hier und suche dringend nach Hilfe/Tipps. Bei meinem Vater wurde 2008 Darmkrebs diagnostiziert. Das volle Programm Chemo, Bestrahlung, Darm für gewisse Zeit nach außen verlegt, OP, wurde gestartet. Nun sind die 5 Jahre rum und der Port wurde entfernt und alles sieht gut aus und mein Papa müsste sich eigentlich seines Lebens freuen. Er ist aber in seinem Wesen total verändert zum negativen Sinne. Er ist permanent nur am rumstänkern, findet kein freundliches Wort mehr geschweige denn mal ein freundliches Gesicht, mit ihm unter Leute zu gehen ist mega peinlich, weil er dann rumpöpelt wenn ihm etwas nicht passt. Ichwohne 100 km entfernt von meinen Eltern und wollte diese Woche mit meiner Tochter ein paar Tage dort bleiben, ich habe meinen Besuch vorzeitig abgebrochen, weil auch meine Tochter es nicht mehr ausgehalten hat. Meine Mutter erträgt es jeden Tag und kann nicht mehr, sie ist nur noch am weinen und wir wissen nicht was mit meinem Papa nicht stimmt. Hat jemand damit eventuell auch Erfahrung gemacht, könnte das etwas mit der Chemo bzw. Bestrahlung zu tun haben, dass man in seinem Wesen verändert ist?

Liebe Grüße Jousie

maincoon10

647 posts
Freitag, 5. April 2013 - 18:54

Hallo Jousie,

die Krebserkrankung verändert einem, aber so.. mhm, keine Ahnung - sprich doch mal mit Fachleuten, d.h. Psychonkologen die sich damit auskennen. Chemo und Bestrahlung nach so langer Zeit, bzw. auch kürzer hab ich nie was davon gehört.

Viele Grüße

Andrea

Helenchen

2 posts
Freitag, 5. April 2013 - 19:07

Hallo Jousie,

ich habe damit keine Erfahrung, möchte dir aber trotzdem ein paar Worte schicken.

Da ich selbst betroffen bin, weiß ich, dass es für alle Krebspatienten eine Psycho-Onkologische Betreuung gibt - wenn diese es wollen. Das sollte dein Vater vielleicht machen, denn ich glaube, das was ihn umtreibt ist eine tiefe Trauer über das veränderte Leben und die damit verbundenen Begleitumstände. (Das Leben ist einfach nicht mehr so wie vorher).

Ich versuche trotz allem das Leben poitiv zu sehen. In allem liegt eine Chance. Und wenn man das so sehen kann, kommt man (vielleicht) auch besser mit einer veränderten Situation zurecht, und kann das Leben so verändert annehmen, wie es nun eben einmal geworden ist.

Für dich bleibt da im Moment wohl nur, mit deinem Vater viel Geduld zu haben und ihm zu zeigen, dass du trotz allem für ihn da bist.

Ich wünsche dir viel Kraft und die Sonne immer auf deiner Seite.

Herzliche Güße
Helenchen

Gast
Samstag, 6. April 2013 - 11:03

Krebs kann das Wesen verändern, auch wenn er überstanden ist.

Die Kompromisbereitschaft nimmt tendenziell ab. Wenn man mal "an einer T-Kreuzung" mit den Möglichkeiten "rechts = Tod" und "links = Leben" gestanden hat, dann musste man einsehen, dass es oft nur 2 Möglichkeiten gibt, weil es "ein bisschen Leben" oder "ein bisschen Tod" nicht gibt.

Diese Erfahrung wirdöfters auf das weitere Leben übertragen. Da gibt es dann nur noch rechts oder links und nicht geradeaus. Entweder es läuft so, wie man es will oder man versucht Dinge in die Richtung zu lenken, die man gerne hätte. Dabei kann dann auch mal Druck ausgeübt werden, was sich auch mal in "rumstänkern" äußern kann, wenn man mal wieder seinen Willen nicht bekommen hat.

Hinzu kommt u.U. eine gewisse "Alterssturrheit". Die Kombination dieser in Verbindung mit der gesunkenen Kompromissbereitschaft kann zu den von Dir beschriebenen Auswirkungen führen.

Was also tun? Sprich doch einfach mal mit Deinem Vater und frage ihn, was los ist. Entweder er antwortet Dir und öffnet sich für Vorschläge oder aber er verschließt sich. Beides solltest Du dann akzepieren. Auf keinen Fall solltest Du ihn unter Druck setzen, das wäre dann kontraproduktiv. Einfühlungsvermögen ist also gefragt.

Ich wünsche Dir viel Erfolg!
Jumbo

Gast
Samstag, 6. April 2013 - 16:05

Hallo, vielen Dank für Eure Antworten.

Gast
Sonntag, 7. April 2013 - 21:42

Hallo!

Habe mich auch schon lange nicht mehr gemeldet, hatte ja auch seinen Grund. Habe leider auch eine Wesensveränderung meines Partners mitmachen müssen, wass zu einer Trennung führte. Eine psychologische Betreuung lehnte er ab. Ein Termin für eine Erstvorstellung stand schon. Leider wollte er dies nicht, sondern sich immer wieder nur an seiner Familie auslassen. Es geht ihm körperlich wieder gut. Aber er machte auf mich den Eindruck, dass er sich lieber weiter seiner Krankheit hingeben wollte. Ich mußte mir sogar sagen lassen, dass ich ihn nicht unterstützt hätte, habe aber alle Arzttermine besorgt und war auch bei den Behandlungen dabei usw. Es waren zwei harte Jahre, bis ich dann nicht mehr konnte. Nachdem ich ihm der Arbeitswelt wieder übergeben hatte,trennte ich mich von ihm. Unsere Tochter litt auch sehr unter seiner Veränderung..

Riesterer

588 posts
Dienstag, 9. April 2013 - 11:28

Ich denke mein Wesen hat sich auch verändert.

aus meiner Sicht positiv, wie das die Anderen sehen, kann zu einer anderen Meinung führen[smiley:smiley-cool]

Wir erkennen einfach die Endlichkeit unseres Lebens, haben keinerlei Verständnis mit welchen Lapalien sich manche Menschen beschäftigen und ihre Zeit verschwenden.

ich möchte mich nur mit Menschen treffen,die mir gut tun, essen und trinken was mir schmeckt, und jede Minute möglichst geniessen.

Wie kann das auf Andere wirken ?

Manfred

Gast
Dienstag, 9. April 2013 - 15:58

Vernünftig !!!!smiley

Viel Spaß dabei.

LG Monika

Gast
Donnerstag, 22. Mai 2014 - 13:14

Hallo,

ich habe mir gerade auch alles einmal durchgelesen.

Bei meinem Vater ist es genauso. Mit 46 musste er aufgrund einer Lungenembolie ins Krankenhaus, die Ärzte mussten ihn wiederbeleben und anschließend ins künstliche Koma versetzen, dabei fand man heraus, dass er Darmkrebs hat. Als nach ca. 6-8 Wochen endlich wieder "da" war teilte man ihm nach der Genesung der Embolie die Diagnose "Krebs" mit. Er bekam Chemo, Bestrahlung und zu guter letzt kam die OP, da wurde ein Stück Enddarm entfernt.

4 Jahre später: Mein Vater geht es soweit ganz gut. Hin und wieder war er schon Launenhaft. Aber nun gut, sowas geht nicht spurlos an jemanden vorbei. Jetzt ist vor ca. 2 Monaten sein Arbeitskollege an Krebs gestorben, der glaube ich in den 40ern gewesen ist. Seit dem ist er ein richtiger Griesgram, nur am rum meckern, er weiß und kann alles besser, egal was du machst, es ist falsch. Und man merkt schon, wenn man rein kommt, es herrscht dicke Luft. Er strahlt quasi schlechte Laune aus. Lässt niemanden an sich ran. Verschließt sich gänzlich.

Sonst immer fröhlich und für einen guten Scherz zu haben, heute ist er nur noch am meckern und vor allem stur. Jetzt muss man auch sagen, nächste Woche hat er seine jährl. Vorsorge...Ich sehe da eindeutige Zusammenhänge.

Der Vorschlag das man sich vom Psychonkologen betreuen lässt, find ich klasse. Nur wird mein Vater das ablehen. Er will auch nicht als "Opfer" gesehen werden.

Ich frage mich auch, ob sich der Umstand jemals ändern wird. Ich bezweifel es. Das ist ein tiefliegendes Trauma und die ständige Angst wieder einen Tumor zu bekommen ist zu groß und dann enstehen wieder die Depressionen...frown

Ich hab es jetzt mal versucht kurz zusammenzufassen.

Gast
Montag, 28. Juli 2014 - 16:37

an cossie: ich habe gerade so eine phase mit meiner partnerin, sie sieht alles nur noch negativ, egal was ich auch gutes tue. vor 5 jahren war alles bestens und jetzt werden dinge ins negative gezogen, die früher perfekt waren. bin am ende, auch kinder sind im spiel, patchwork!

Gast
Mittwoch, 12. August 2015 - 12:09

Mein Vater istder Diagnoseseines Darmkrebsesmit Metastasen in Lunge und Leber vor6 Jahren, noch vor den Chemos,ein komplett anderer Mensch geworden. Manchmal frage ich mich, ob seitdem nicht sein wahres "Ich" zum Vorschein gekommen ist. In seinen Augen ist alles und jeder, auch ich und meine Mutter,"sch....", dummund nervigund er wartet seit einem Jahr,da hat er diepsychoonkologische Betreuung abgebrochen,auf das Versagen der Leber. Mein Schwiegervater ist vor ein paar Monaten bei einem Autounfall um`s Leben gekommen und bei den Vorbereitungen zurBeerdigung und auch auf dieserhatmein Vaterdie ganze Zeit rumgetönt, dass er ja der Nächste sein wird. Da ging mein Mitleidso langsam zur Neige.Nachdem er mir dann täglich über WhatsApp Fotos von sich und vorallem seinen Augen geschickt hat, um mich zu fragen, ob er schon "gelb" ist, habe ich ihm vordrei Wochen gesagt, dass er mich damit in Ruhe lassen soll, weil ich es doch noch früh genug sehen werde. Seitdem möchte er mich nicht mehr sehen. Meine Mutter war anfangs böse auf mich, aber jetzt treffen wir uns häufig zu Zweit, um zuschwimmen, fahrradzufahren und uns so gut es geht an schönen Dingen zu erfreuen. Oft haben wir dabei ein schlechtes Gewissen. Ich könnte mittlerweileverstehen, wenn meine Mutter sich vonmeinem trennen würde...

Die Hilflosigkeit ist das Schlimmste.

MICHAELII

287 posts
Mittwoch, 12. August 2015 - 12:45

Hallo Larissa,

hier wachsen psychopathologische Verhaltensweisen, auf die du nicht reagieren darfst, wenn du nicht selbst in einen (gesundheitlichen) Teufelskreis hineingezogen werden willst. Eine Pschoonkologin wies uns anlässlich einer Fortbildungsveranstaltung ausdrücklich auf diese Grenzen hin.

Du handelst vollkommen richtig.

Michael

Gast
Donnerstag, 13. August 2015 - 09:10

Hallo Michael,

Danke für die schnelle Antwort. Anbei ein Link zu einer Seite mit Empfehlungenfür denUmgang mit krebskranken Angehörigen jenseits des üblichen "So ist das nunmal, das müssen sie jetzt eine Zeit lang aushalten etc..."

http://www.psychoonkologie-weser-ems.de/html/die_seite_fur_die_angehorigen_.html

Liebe Grüße

Larissa

MICHAELII

287 posts
Donnerstag, 13. August 2015 - 09:41

Wie ich es sehe

(Zitate aus o.a. Quelle)

"Du hast Krebs - und wie werde ich damit fertig?"

Informationen für Angehörige krebskranker Menschen

Von Dipl. Psych. Kerstin Engel

?? auch Partner, Angehörige und Freunde wissen oft nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen. Sie reagieren mit Angst oder leiden ??

Richtig. Damit die Angehörigen es im konkreten Fall lernen, gibt es die Psychoonkologe. Außerdem gibt es eine Reihe von Selbsthilfeorganisationen, die mit Rat und Tat zur Verfügung stehen, um die Bewältigung der vielfältigen Probleme zu unterstützen.

?? zusätzlich unter einem schlechten Gewissen, weil sie sich unfähig fühlen, wirklich zu helfen..."

Warum sollte ein Angehöriger Schuldgefühle entwickeln. Das verstehe ich nicht. Welche Schuld denn?

"...und manchmal fast wünschen, die Krankheit selbst zu haben, damit sie gegenüber dem Kranken wieder eine Gleichwertigkeit herstellen können."

Tut mir leid. Welcher Kranke kann ein Interesse daran haben, dass seine Angehörige auch diesselbe Krankheit bekommen, um eine "Gleichwertigkeit" herzustellen?

Alles andere, was der Psychologe sagt, kann ich unterstreichen. Oftmals hilft eine klare Ansage, wenn ein Kranker bei einem Angehörigen Schuldgefühle wecken möchte.

Michael


Tante Tina

111 posts
Donnerstag, 13. August 2015 - 12:55

@Larissa:

mich würde mal interissieren welche Behandlungen / Therapien dein Vater bekommen hat.

Kannst mir auch PN schicken..ich glaube dafür müsstest du dich anmelden.

gglg Tina

Gast
Donnerstag, 13. August 2015 - 16:39

@ Tante Tina: Tumor am Dickdarm wurde operativ entfernt, dannChemo für Metastasten in Lunge und Leberund selektive interne Radiotherapie der Leber in der Robert Janker Klinik in Bonn.

@ MICHAEL II: "Sie (die Angehörigen) reagieren mit Angst oder leiden zusätzlich unter einem schlechten Gewissen, weil sie sich unfähig fühlen, wirklich zu helfen und manchmal fast wünschen, die Krankheit selbst zu haben, damit sie gegenüber dem Kranken wieder eine Gleichwertigkeit herstellen können."

Mir ging es eine Zeit lang wirklich genau so. Wir (ich, mein Mann, meine Mutter undsein Vater) haben nach seiner Diagnose entschieden, in seiner Anwesenheitkeinen Alkohol zu trinken und das Rauchen aufgegeben, um ihmbei einem gesünderen Lebensstilbeizustehen (Hat letztendlich aber auch unsgut getan smiley) und damit seine Therapien besser anschlagen.Seitdem verbringt er die Zeitam liebsten mitseinem neuenFreundeskreis ausSäufern(Leute, die er früher gehasst hat) in der Kneipe und ist stolz darauf, wieviel er trotz Chemos noch feiern kann. Sein Lieblingslied ist übrigens "Mein Body" von Udo Lindenberg. Gleichzeitig ist er danndarüber verwundert und am Boden zerstört, dass die Metastasen in der Lunge gleich groß bleiben und die in der Leber nach der Radiotherapie immer wieder und schneller nachwachsen. Wenn man ihn dannauf seinen Lifestyle aufmerksam macht, kommt dann ein: "Ihr könnt es ja nicht verstehen, ihr habt ja keinen Krebs." Jedenfalls habe ich eine ganze Zeit lang echt gedacht: Hätte ich doch auch eine schlimme Krankheit, dann würde er bestimmtauf mich hören und seinen Lebenstil und -einstellungändern. Ganz schön gestört, was? Meine Mutter hat ihn im Gegenzugmal eine ganzeZeit lang bei seinen Zechtouren begleitet, um ihm näher zu kommen. Hat aber auch nix gebracht, außer, dass sie fast zur Spiegeltrinkerin wurde.

Ja, man entwickelt in all den Jahren schon sonderliche Verhaltensweisen. Wenn ich jetzt darüber schreibe, kann ich glatt ein wenig schmunzeln.

Liebe Grüße

Larissa

Gast
Freitag, 23. Oktober 2015 - 14:40

Hallo!

Ich las gerade mit großem Interesse eure Beiträge. Mein Vater hat auch Darmkrebs. Dieser wurde erfolgreich operiert. Er hatte eine Leber-Metastase, die mit Chemo und dann schließlich mit Thermoabplation ("verkochen") entfernt wurde. Er hat diese Tage seine 1. Kontrolluntersuchung und wir hoffen, dass trotz gestiegener Tumormarker, sich nichts neues gebildet hat.

Sein Wesen hat sich aber auch stark verändert. Er leidet sehr unter den Folgen seines Stoma (inzwischen zurückverlegt). Sein Stuhlgang ist sehr unregelmäßig und sein Schließmuskel hat auch noch nicht voll seine Funktion wieder aufgenommen.

Gleichzeitig ist er zu einer sehr negativen und "jammernden" Person geworden. Er sieht alles schwarz und redet nur noch von den Dingen, die er nicht mehr kann. Er hat vollkommen die Opfer-Rolle eingenommen und wenn man ihn versucht zu etwas zu motivieren oder zu freuen, dann kommt häufig "Ja, aber ich kann das doch nicht. Wenn mein Stuhlgang losgeht, und ich bin nicht zu Hause, was soll ich dann machne? Ich kann ihn nicht richtig halten" - wenn man dann versucht darauf einzugehen (er hat auch Einlagen und auch Windeln) bzw. ihm klar zu machen, dass wenn er nur daheim sitzt und auf seinen Stuhl wartet, er kein Leben mehr hat, dann hört er das aber es geht an ihm vorbei.

Er ist auch sehr in sich gekehrt, man merkt häufig das er geistig abwesend ist und eher "hinvegetiert". Er ist Rentner muss man dazu sagen.

Mein Eindruck ist, er kommt gar nicht damit zu Recht und dieses ständige Jammern, alles negativ sehen usw. wird langsam auch zur Belastung für alle anderen. Er ist "aktuell" (und hoffentlich noch lange) krebsfrei, kriegt keine Chemo und seine Lage hat sich in den letzten Monaten konstant verbessert. ES gibt genug worüber man sich auch freuen und dankbar sein könnte...

Er ist 69 und leider auch nicht der Typ, der zum Psychologen gehen würde. Wir sind Ausländer - sein Deutsch ist sehr gut - aber er ist schon etwas schwerhörig und man muss sehr langsam mit ihm sprechen. Er wüsste mit Fragen wie "wie fühlen sie sich heute?" nichts anzufangen außer "mir geht es gut". Wie könnte ihm ein Psychoonkologe da weiterhelfen? Kann ihm jemand überhaupt weiterhelfen und zeigen, dass das Leben noch lebenswert ist und auch wenn der Krebs wiederkommen würde, dass es trotzdem schön ist, zu leben?