Grace

4 posts
Dienstag, 19. Mai 2015 - 16:00

Hallo,

ich habe hier nun einiges an Beiträgen gelesen und mich nun auch entschieden, meine Sorgen und Bedenken niederzuschreiben. Bei meinem Papa (57) wurde vor einigen Wochen siegelringzelliges Adenocarzinom peritoneal und lymphatisch metastasiert festgestellt (UICC IV G3). Er hat also Darmkrebs mit bereits Metastasen im Bauchfell und in den Lymphknoten. Sie haben ihm ein Lymphknoten aus dem unteren Halsbereich entfernt und festgestellt, dass dieser auch bereits Kreb aufweist. Nun hatte mein Papa gestern ein Zweitmeinungsgespräch in der Charite Berlin, was leider nicht sehr gut verlaufen ist. Ich habe den Arztbrief lesen dürfen. Dort stand, dass man diese HIPEC Methode bei ihm empfehlen würde und 3 weitere Maßnahmen. Heilungschancen liegen bei 5%. Zuvor sprachen die Ärzte in einem anderen Krankenhaus noch von überhaupt keinen Heilungschancen. Dennoch, mein Papa hat sich gegen jegliche Behandlung entschieden, weil er nicht als Pflegefall enden will, wie er selbst sagt.

Was kann ich tun? Sind 5% es wirklich nicht wert, zu kämpfen? Ich lese immer, dass man die Entscheidung des Krebspatienten akzeptieren sollte... Aber diese HIPEC Methode soll doch sehr vielversprechend sein und gerade die Charite Berlin ist doch auf solche Behandlungen spezialisiert.... Was sind eure Erfahrungen? Ich will meinen Papa nicht verlieren.

Für jegliche Hilfe wäre ich sehr dankbar.

MICHAELII

287 posts
Dienstag, 19. Mai 2015 - 19:56

Hallo Grace,

die Unterscheidung kurativ und palliativ ist in der Praxis m.E. oft ein Unglücksfall, denn wer geheilt ist, ist noch lange nicht gesund und hat auch keine Gewähr, vor einem Rezidiv verschont zu bleiben. Palliativ heißt auch nicht, nun in Kürze als Pflegefall seinen Liebsten zur Last zu fallen. Ziel ist immer, ein lebenswertes Leben zu führen - und wenn es nicht klappt, kann der Patient immer noch seine Meinung zu ändern. Vergesst die Prozentzahlen.

Ihr habt eine Zweitmeinung von einer ersten Adresse in Deutschland. Es gibt eine Reihe von Zentren in Deutschland, die exzellente Ergebnisse bei HIPEC erzielen und ich meine, es sollte auch für deinen Vater noch einmal wert sein, den Vorschlag aus Berlin mit deiner Unterstützung und wer sonst noch zur Familie gehört zu prüfen.

Ganz wichtig erscheint mir, dass Ihr einen sehr erfahrenen Therapeuten findet, bei dem HIPEC sehr oft auf der Todoliste steht(quasi Routine ist) und der nicht erst "gestern" mit diesem Verfahren begonnen hat. Aber das dürfte überhaupt kein Problem sein. Wenn ggfs. Berlin die avisierte Adresse ist, wäre diese Frage schon beantwortet.

Sprich mit deinem Vater. Mit 57 wirft man die Flinte nicht ins Korn.

In der Hoffnung, dass du ihn überzeugen kannst

Michael

Gast
Dienstag, 19. Mai 2015 - 21:16

Hallo Grace,

ich bin seit einigen Wochen stille Mitleserin in diesem Forum. Heute muss ich dir einfach antworten, da unsere Väter fast die selbe Diagnose haben und uns somit anscheinend leider das gleiche Schicksaal vereint. Auch mein Vater (fast im gleichen Alter) hat einen starken Lymphknotenbefall, auch ihm wurde ein befallener Lymphknoten über dem linken Schlüsselbein entfernt, dies gilt leider als Fernmetastase (multiple LK noch im Bauch- und Brustbereich). Und auch wir kommen aus Berlin. Momentan befindet sich mein Vater im 4. Zyklus der Chemo (Folfox) + Antikörper (Panitumumab)....Und er ist definitfin kein Pflegefall. In seinem Entlassunsbrief stand palliative Chemotherapie. Ich weiß wie unsagbar hilflos und geschockt ihr euch fühlen müsst. Aber mein Pspa will kämpfen und das ist wichtig. Vielleicht ist es auch nur die erste Reaktion deines Vaters. Seine Art die Diagnose zu verarbeiten. Ich wünsche Dir und Deiner Familie jedenfalls von Herzen alles Gute.

Gast
Dienstag, 19. Mai 2015 - 21:21

Liebe Grace,

darf ich noch einmal fragen, welche Behandlungen, außer Hipec, deinem Vater noch empfohlen wurden?

Grace

4 posts
Dienstag, 19. Mai 2015 - 23:49

Danke für die lieben Zuschriften.

Wir haben heute als Familie nochmal zusammen gesessen. Dabei kam heraus, dass der Arzt meinem Papa auch eine Palliative Chemotherapie vorgeschlagen hatte, die wohl eher "sanft" sein soll, aber die Lebenszeit um 2,3 Jahre verlängern könnte, wenn alles gut geht. Auch diesen Schritt hatte er erst nicht in Erwägung gezogen. Nach dem langen Gespräch heute und der Erkenntnis, dass wir ihn lieben, brauchen und an seiner Seite sind, hat er, so klang er, neuen Mut geschöpft. Er ist selbst Arzt und kennt daher Krankheitsschicksale, die er selbst niemals durchmachen will. Daher käme für ihn auch niemals die Hipec Methode in Frage. Er will weiterhin selbstbestimmend leben, solange er das noch kann - wenn es nich mehr geht, wird er es beenden.

Nun möchte er nochmal eine Nacht drüber schlafen und dann eine Entscheidung treffen.

Ich weiß gerade nicht genau welche genaue Methode ihm vorgeschlagen wurde. Einmal eben diese Hipec mit OP und folfox. Das sind nur die Begriffe, die ich noch weiß. Die genaue Reihenfolge und Dosis ist mir nicht weiter bekannt, da sie mein Papa eh für sich komplett ausgeschlossen hat.

Liselotte, das trifft mich sehr, dass uns ein sehr ähnliches Schicksal verbindet. Macht dein Papa die Hipec Therapie? Oder welche? Wann hat er sie begonnen? Ich wünsche deinem Papa und eurer Familie vom Herzen alles erdenklich Gute und ganz viel Kraft.

Grace

4 posts
Mittwoch, 20. Mai 2015 - 00:14

Die Palliative chemo würde über einen Port erfolgen. Genaueres weiß ich bisher nicht, kann das aber in Erfahrung bringen. Von einer Art von Chemotherapie wurde meinem Papa sogar dringend abgeraten - die hätten ihm die ersten Ärzte empfohlen. Auch hier kann ich nochmal nachfragen, falls es vielleicht für den ein oder anderen interessant zu wissen wäre

pevau

151 posts
Mittwoch, 20. Mai 2015 - 11:22

Hallo Grace!

Nicht aufgeben! Meine Diagnose vor über sechs Jahren war: Überlebenschance auf ein Jahr gesehen - 10%!

Ich hatte zwar keine Metastasen, konnte angeht nicht R0 operiert werden. Der Darm ist Freitags perforiert und ich bin erst Dienstags operiert worden.

Die OP war am 20.01.2009 - bis jetzt ist jede Nachsorge ohne Befund!

Liebe Grüße und viel Kraft

Petra

Gast
Mittwoch, 20. Mai 2015 - 22:10

Liebe Grace,

vielen Dank für Deine lieben Worte. Mein Papa macht seit Anfang April die Chemo Folfox über einen Port. Dazu bekommt er die Antikörper Panitumumab. Hipec wurde ihm nicht empfohlen, wahrscheinlich weil er keine Bauchfellbeteiligung hat. Ich hoffe so sehr für dich, dass sich Dein Papa wenigstens für die leichte Chemo entscheidet. Wäre das dann die orale Chemo? Wer weiß schon, wie die medizinische Entwicklung in 2 Jahren aussieht? Im Moment wird soviel in Richtung Immuntherapie geforscht. Vielleicht gibt es dann wieder irgendetwas, was wieder 2-3 Jahre mehr bringt. Ich weiß nicht, ob das naiv ist, jedenfalls denke ich das Leben im hier und jetzt ist wichtig. Heute lebt dein Papa, heute lebt mein Papa und um das morgen kümmern wir uns später.

Gast
Mittwoch, 20. Mai 2015 - 22:17

Ein kleiner Hinweis meinerseits, wird sicher für die meisten Forumsteilnehmer hier nicht neu sein. Es ist nicht unwesentlich, sowohl für die Krebsprävention, als auch für den Verlauf einer Krebserkrankung, seinen Vitamin D3 Spiegel checken zu lassen. Es gibt da mittlerweile auch Studien drüber. Auch bei meinem Papa haben wir nach der Diagnose diesen Wert überprüft und er war deutlich zu niedrig. Der Onkologe meines Vaters hat dies auch bestätigt und befürwortet die Einnahme von D3.

Grace

4 posts
Donnerstag, 21. Mai 2015 - 00:01

peavau, das sind wirklich tolle Ergebnisse und zeigt mir, dass es sich einfach immer zu kämpfen lohnt. Einzig und allein schon, weil man eben nie weiß wie weit die Therapien in wenigen Jahren sein werden.

mein Papa hat sich nun gegen jegliche chemotherapeutische Maßnahmen entschieden. Es ist wie ein Schlag ins Gesicht, aber er bittet uns seine Entscheidung zu akzeptieren.... Liselotte, ich habe meinem Papa eben das mit dem Vitamin d 3 geschrieben. Ich bewundere sehr, dass dein Papa und viele andere hier im Forum diesen schweren Weg der chemos auf sich nehmen und bedauere zugleich zutiefst, dass mein Papa diese Stärke nicht hat. Nun nutzen wir die Zeit, die uns bleibt sehr intensiv. Ich kann ja jetzt auch nicht sauer auf ihn sein. Es ist sehr schwer ...

Gast
Donnerstag, 21. Mai 2015 - 06:53

Liebe Grace,

es tut mir so leid zu hören, dass sich dein Papa gegen jegliche Therapie entschieden hat. Bitte sehe das aber nicht als Schwäche. Ich glaube für solch eine Entscheidung muss man sehr sehr stark sein. Man darf ihm wirklich nicht böse sein. Ich persönlich musste leider schon bei viel zu vielen mir sehr nah stehenden Personen miterleben, welch Kampf es ist, den für sich richtigen Weg zu finden. Ich kenne sowohl eine Person, die nie in Frage gestellt hat, sämtliche ihr zugänglichen Therapien auszunutzen, dieser Person geht es heute gut. Und ich kannte eine Person, die diese Therapien nur mit viel Überzeugung begonnen hat. Diese Person hat uns leider verlassen. Was ich damit sagen will, ist, das jeder seinen Weg finden und vor allem dahinter stehen muss. Es ist nur so unsagbar unfair, das dieses schon in noch viel zu jungen Jahren entschieden werden muss. Liebe Grace, vielleicht ist dein Papa für komplementäre Ansätze offener? Hier im Forum gibt es ja doch ein paar gute Tips. So hat man wenigsten ein wenig das Gefühl etwas tun zu können. ich möchte dir sagen, wie unsagbar leid es mir für dich und deine Familie tut, ich weiß wie du dich fühlst, auch wenn du nicht selbst unmittelbar betroffen bist. Aber daneben stehen und nichts tun zu können, obwohl man diesen Menschen so so liebt ist einfach schrecklich. Bitte versuche aber auch Dich selbst nicht zu verlieren, dass musste auch ich erst lernen.