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Freitag, 7. August 2015 - 15:56

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Experten schwärmen von neuer Therapie gegen KrebsTumor halbiert, Lebenszeit verdoppelt ? Krebsforscher sprechen schon von Heilung

Donnerstag, 04.06.2015, 03:09 · von FOCUS-Online-Autorin Petra Apfel

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Colourbox.deAntikörper fürs Immunsystem - neue Wege der Krebstherapie

Von einer Revolution in der Krebstherapie war die Rede auf dem weltgrößten Krebskongress Asco in Chicago. Die Onkologen schwärmten von der Immuntherapie: Dadurch soll der Körper Krebstumore selbst vernichten. FOCUS Online erklärt, was dran ist an der Therapie, die einmal Chemo und Bestrahlung ersetzen könnte.

    • Bei Haut- und Lungenkrebs bewirkt die Immuntherapie manchmal Wunder.
    • Die Therapie greift nicht immer. Aber wenn, hat der Krebs wenig Chancen.
    • Ein Medikament ist in Deutschland schon zugelassen, zwei weitere stehen kurz vor der Zulassung.

Wenn nüchterne Onkologen ins Schwärmen geraten, muss etwas Besonderes passiert sein - so wie gerade auf dem Kongress der American Society of Clinical Oncology (Asco) in Chicago.

Auf der größten Krebsveranstaltung der Welt stellen Mediziner rund 5000 Studien rund um die Entdeckung und Behandlung von bösartigen Tumoren vor. Die Studien, über die jetzt alle sprechen, betreffen die Immuntherapie ? ein neuer Behandlungsansatz, mit dem der Körper selbst den Krebs besiegen soll. Es liegen eindrucksvolle Ergebnissevor.

Tumore schrumpfen, Todkranke leben länger

Die Aktivierung des Immunsystems gegen Krebszellen gilt seit Jahren als vielversprechend. Jetzt zeigt eine Reihe von Studien, wie erfolgreich das Immunsystem Tumore bekämpft, wenn es erst einmal mit den richtigen Wirkstoffen, speziellen Antikörpern aus dem Labor, aktiviert wird:

Tödliche Tumore schrumpfen rasant, manche verschwinden ganz. Patienten mit fortgeschrittenem Krebs und schlechter Prognose überleben sehr viel länger als mit jeder anderen Therapie. Schwer zu behandelnde Krebsarten werden angreifbar: Die größten Erfolge verzeichnen Krebsärzte derzeit für schwarzen Hautkrebs und Lungenkrebs.

FOCUS TVVersteckter Tod: Warum Lungenkrebs so heimtückisch ist

Die Therapie-Medaille hat auch eine Rückseite

Allerdings sprechen nur zehn bis 30 Prozent der Patienten auf die Immuntherapie an. Für manche Patienten ist sie mit schweren Nebenwirkungen verbunden. Die Therapie ist extrem teuer: Pro Jahr fallen 150.000 Euro und mehr für jeden Krebskranken an.

Krebs kann sich nicht länger vor den Abwehrzellen verstecken

Während die Chemotherapie den Tumor direkt mit Zellgiften angreift, aktivieren die Antikörper Abwehrzellen des Immunsystems. Sie lassen sich nicht länger vom Krebs austricksen, der sich zuvor erfolgreich ?versteckt? hatte. Die ?gepimpten? T-Zellen attackieren die Tumorzellen wie andere Eindringlinge in den Körper.

?Zu den Immuntherapien gehören alle Verfahren, die das Immunsystem anregen, also auch die Krebsimpfung?, sagt die Medizinerin Andrea Penzkofer. Sie funktioniert aber anders als die Immuntherapie mit Antikörpern. ?Eine Möglichkeit ist, dass Spritzen mit bestimmten Proteinen oder Proteinbausteinen die Immunabwehr auf den Plan rufen.?

Letzte Hoffnung für Todkranke

Gegenwärtig kommen nur Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung in den Genuss der Therapie. ?Es ist üblich, neue Therapieformen zunächst bei Patienten anzuwenden, denen sonst nichts mehr helfen kann?, sagt Andrea Penzkofer. Sie leitet die Abteilung Wissensmanagement beim Krebsinformationsdienst KID in Heidelberg.

Krebskongress feiert ImmuntherapieNoch ein langer Weg zur Standardtherapie

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Sebastian Kaulitzki - Fotolia3-D-Aufnahme einer Krebszelle

Am weitesten fortgeschritten ist die ?Checkpoint-Therapie?. Entwickelt von James Allison am MD Anderson Cancer Center in Houston, Texas, ist sie ausgesprochen erfolgreich gegen fortgeschrittenen schwarzen Hautkrebs.

Dabei zielt ein Antikörper (hier Ipilimumab) auf bestimmte Bremspunkte (Checkpoints) von T-Zellen des Immunsystems. Diese Stopps sorgen normalerweise dafür, dass die Abwehrzellen den Angriff auf Krebszellen nach Kurzem einstellen. Ipilimumab löst die Bremse und die gezielte Tumorattacke geht mit voller Kraft weiter.

Der Erfolg garantiert schnelle Zulassung

Der Antikörper Ipilimumab ist dafür auch in Deutschland zugelassen. Greift die Therapie, was nur für jeden fünften Patienten der Fall ist, steigt die Lebenszeit von durchschnittlich sechs Monaten auf mindestens ein Jahr, oft sogar auf mehrere Jahre.

Inzwischen ist ein zweiter Antikörper (Nivolumab) in den USA zugelassen, der andere Checkpoints ansteuert, eine höhere Ansprechrate aufweist und geringere Nebenwirkungen ausweist. Zudem ist die Wirkung nicht auf Melanome begrenzt, sondern gilt auch für Lungenkrebs. Die Zulassung für Deutschland wird noch im Sommer 2015 erwartet.

Studien suchen nach weiteren Anwendungsbereichen

Für Melanompatienten laufen Studien auch mit einer Kombination der beiden Checkpoint-Hemmer. Außerdem wird eine Reihe weiterer Antikörper für mehrere Krebsarten getestet, etwa Blasen-, Nieren- oder Leberkrebs. Hier sind die Ergebnisse aber noch nicht so deutlich.

Wie weit die Immuntherapie eingesetzt wird, wird nicht zuletzt von der Kostenfrage abhängen. Die alle drei Wochen verabreichte Nivolumab-Infusion kostet zum Beispiel jeweils 13.000 bis 15.000 Euro. Es gibt derzeit keine zeitliche Begrenzung der Therapie. Alle anderen Antikörper-Behandlungen sind ähnlich teuer.

Hoffnung auf sinkende Kosten der Therapie

Da aber alle Pharmakonzerne Antikörper für die Immuntherapie in der Pipeline haben, gehen Experten von drastisch sinkenden Preisen aus, sobald mehr Antikörper zugelassen sind. Wegen des immensen Forschungsbemühens könnte das in wenigen Jahren der Fall sein.

Onkologen sehen die Immuntherapie bereits als zukünftigen Teil des Standardprogramms gegen Krebs und als Alternative zur Chemotherapie ? nicht nur für Patienten mit fortgeschrittener Krankheit, wie derzeit.

Die Heidelberger Krebsmedizinerin Andrea Penzkofer warnt vor zu großen Erwartungen. ?Für welche Krebsarten und Erkrankungssituationen die Immuntherapie funktioniert, muss die weitere Forschung zeigen. Das Zusammenspiel von Tumoren und Immunsystem ist sehr komplex.?

Zu erforschen: mehr Krebsarten, höhere Ansprechraten, weniger Nebenwirkungen

Abgeschlossen ist die Erforschung der Immuntherapie daher noch lange nicht: Durch begleitende Maßnahmen, etwa eine niedrig dosierte Bestrahlung des Tumors, soll die Empfindlichkeit gegenüber einer Immuntherapie erhöht werden.

Die Nebenwirkungen der Behandlung müssen eingedämmt werden. Und ihre Einbindung in eine personalisierte, auf den einzelnen Krebspatienten abgestimmte Therapie, ist auch noch eine große Herausforderung.

Gast
Freitag, 7. August 2015 - 17:50

Hallo Güsi,

schön, dass du nun auch mit der Immunabwehr- und therapie beschäftigst und das Potenzial dieser Forschungsrichtung bestätigst. - Genau darüber hätte ich mich gern mit dir in Frankfurt unterhalten.

Antikörper werden auch in Deutschland inzwischen z.B. bei Brust-, Lymphdrüsen- und auch bei einigen Dickdarmkarzinomen eingesetzt. Sie bremsen die Signalstoffe für das Wachstum der bösartigen Zellen und aktivieren das Immunsystem, um spezifisch gegen die Krebszellen vorzugehen.

Jeder Patient muss aber wissen, dass

  • heute nur zehn bis 30 Prozent der Patienten auf die Immuntherapie ansprechen
  • eine solche biologische Therapie sehr starke Nebenwirkungen haben kann, die den Erfolg schmälern, wenn nicht gar in Frage stellen
  • die Behandlung mit Antikörpern noch mit bis zu 150.000 Euro p.a. und mehr zu Buche schlägt und dafür eigentlich herkömmliche Behandlungen kompensieren und die Überlebenschance nicht nur um wenige Monate verlängern müsste.

Bis heute gilt:

  • Je kleiner die Tumormasse durch bisher bewährte Therapien ist, umso größer ist die Chance für das Immunsystem, mit den verbliebenen Krebszellen fertig zu werden.
  • Die größten Erfolge verzeichnen Krebsärzte derzeit für schwarzen Hautkrebs und Lungenkrebs.
  • Nicht ganz so wirksam war die Immuntherapie unterdessen bei Darmkrebs, wie eine auf dem ASCO vorgestellte Studie zeigte.
  • Ein Lichtblick: Bei einer speziellen Subgruppe hat die Checkpoint-Hemmung allerdings funktioniert: So genannte hypermutierte Darmtumore, die ungefähr zehnmal so viele Mutationen aufweisen wie ein üblicher Darmtumor, sprechen extrem gut auf die Therapie an.
In ein paar Jahren wissen wir oder unsere Nachkommen mehr. Bis dahin bleibt den meisten von uns nur die bisherige Standardtherapie und natürlich die Selbsthilfe.Michael