Frank
6 postsHallo,
ich bin in diesem Forum neu und suche nach Hilfe, bzw. nach Erfahrungswerten.
Zuerst einmal etwas zu mir, damit ihr überhaupt wisst, mit wem ihr hier schreibt
Mein Name ist Frank und ich bin 30 Jahre alt. Leider wurde vor kurzem bei mir die Diagnose Familiäre Adenomatöse Polyposis gemacht. Leider ist es soweit, dass einige der unzähligen Polypen entartet sind. Dazu habe ich auch Metastasen in der Leber. Das ist natürlich keine schöne Sache. Schöner wäre es klar gewesen, es wäre früher erkannt worden. Aber ich hab aufgehört diese "hätte, wäre, wenn" Fragen zu stellen. Ich stelle mich lieber auf den Kampf gegen den Krebs ein. Ich bin jedenfalls guter Dinge und gebe nicht auf. Eine positive Denkweise hilft jedenfalls, würde ich behaupten.
Leider habe ich zudem nahe meines Schließmuskels einen blöden Tumor, daher ist es sehr warscheinlich, dass ich ein dauerhaftes Stoma bekommen werde. Zwar wird versucht dies zu ungehen, aber es ist wohl nur eine recht geringe Chamce, dass ich drumrum komme. Wobei ich mich bisher damit gut abfinden kann, solange ich damit wieder ein vernünftiges Leben geschenkt bekomme. Und nicht wie bisher immer nur im Kopf habe, wo die nächste Toilette ist.
Die behandelnden Ärzte meinten, da ich noch jung und dadurch fit bin, werden sie bei mir ziemlich hohe Dosierungen und Behandlungsweisen anwenden. Mir war daher von anfang an klar, dass kein leichter Weg auf mich zukommen wird.
Jedenfalls habe ich nun eine Bestrahlungstherapie hinter mir, im 5 x 5 Muster, also 5 Sitzungen a 5 Grey. Die war vom 13.08.18 bis zum 17.08.18. Diese habe ich auch anfänglich recht gut überstanden, jedoch sind nun 2 Wochen später arge Nebenwirkungen zu spüren. Darauf komme ich später noch, auch mit meinen Fragen dazu.
Am 21.08.18 habe ich dann die erste Chemo bekommen. Im FOLFOX Schema (ich nehme mal an die verwendeten Stoffe sollten hier ja bekannt sein). Zudem wurden mir zusätzlich Anzikörper gegeben (Bevacizumab). Ich werde nun erstmal 3 Chemos bekommen, werde dann weiter untersucht, wie gut es angeschlagen hat und dann wird entschieden wie viele weitere Chemos noch kommen. Angesetzt sind bisher erstmal 6 gesamt.
Nun habe ich die letzten Tage, bzw. eigentlich die komplette Woche, sehr starke Probleme bekommen. Mein Anus ist sehr entzündet und ich hab sowohl beim Sitzen, teilweise Liegen und natürlich speziell bei den Toilettengängen große Schmerzen. Es reich von einem leichten Jucken, in den harmoseren Zeiten bis hin zu fast unaushaltbaren Brennen beim Stulgang. Leider muss ich zudem sehr häufig aufs Klo rennen, was die Sache nicht unbedingt besser macht. Auch bekomme ich Nachts oft nur für wenige Stunden durchgehenden Schlaf. Was einfach sehr zermürbend ist. Zudem habe ich häufig Blutbeimengungen im Stul und oft ist er auch sehr schleimig. Dies scheint jedoch laut den Ärzten ein normales Zeichen zu sein, da die Behandlungen eben auf die Polypen und Schleimhaut im Darm gehen.
Mit diesen Problemen war ich natürlich bereits bei meinen Radiologen und Onkologen. Laut dem was ich bisher gesagt bekommen hab, liegt der Grund der aktuellen Entzündung speziell an der Bestrahlung. Jedenfalls wurde mir als Schmerzmitzel Novalgin verschrieben. Wobei ich da wieder zu Ibuprofen zurück gegangen bin. Jedenfalls hilft mir das (die maximale Tagesdosis natürlich beachtet) deutlich mehr. Für meinen Wunden Hintern habe ich eine Salbe mit Sulfadiazin-Silber verschrieben bekommen. Diese soll ich zwei Mal am Tag auftragen. Die restliche Zeit halte ich mich mit Zinksalbe über Wasser.
Die Symptome sind jedoch trotz der Mittel sehr belastend und schmerzhaft.
Jetzt zu meinen Fragen.
Wie lange hat bei euch die Phase des extrem entzündeten Anus gedauert, oder ist die gänzliche Zeit damit zu rechnen? Denn ich hab echt wenig Lust darauf die komplette Therapiezeit damit kämpfen zu müssen .
Welche Medikamente, zum beruhigen der Symptome wurden euch verschrieben, bzw. haben am besten geholfen. Klar, da muss sicher jeder seine eigenen Erfahrungen sammeln, aber vielleicht gibt es ja Tipps.
Ich weiß, dies ist ein ellenlanger Text, aber ich wollte einfach alles was ich bisher weiß schildern.
Ich würde mich sehr freuen, wenn mir hier ebenfalls Betroffene etwas helfen könnten, mit Informationen. Falls ihr weitere Infos zu mir, oder dem Krankheitsverlauf braucht, scheut euch nicht zu fragen. Ich gehe ohnehin sehr offen mit dem Thema um.
Viele Grüße,
Frank
Martin
25 postsHallo Frank,
Habe auch die neoadjuvante Therapie bekommen.
Gegen das brennen am After haben Sitzbäder mit Tanolakt pulver zum Auflösen geholfen. Als es ganz schlimm wurde habe ich Posterisan Zäpfchen oder Colifoam Rektalschaum bekommen. Dieser hat auch den Druck auf das Rektum gelindert.
Hoffe ich konnte Dir weiterhelfen.
Gruß und alles Gute
Martin
Frank
6 postsVielen Dank für deine Antwort. Wie lange bestanden denn bei dir die extremen Symptome? Nur eine begrenzte Zeit (z.b. 2 oder 3 Wochen) oder über den kompletten Verlauf der Behandlungen, also Bestrahlung/Chemo?
Martin
25 postsHallo Frank,
die Schmerzen haben sich bei mir in den letzten zwei Wochen der Behandlung eingestellt.
War ziemlich schmerzhaft. Ich wünsche Dir gutes Durchhaltevermögen.
Gruß Martin
herirein
343 postsHallo Frank,
Deine neoadjavante Radiochemo-Therapie ist natürlich besonders heftig und die Strahlenproktitis besonders schlimm. Sie wird deshalb auch nicht mit meinen Beschwerden nach der einleitenden Therapie vergleichbar sein. Bei meinem Rektumkarzinom wurden insgesamt 28 x 1,8 gy per IMRT bestrahlt. Nach etwa der Hälfte der Bestrahlungen stellte sich dann sowohl beim Stuhlgang als auch in der Analfalte solche Schleimhaut- und Hautentzündungen ein, die aber etwa 3 Wochen nach der letzten Bestrahlung wieder verschwanden.
Martin hat Dir schon den Tipp gegeben den Anus mit Posterisan Zäpfchen zu behandeln. Noch besser hat sich bei mir Posterisan akut Salbe mit dem Applikator bewährt, mit dem der Bereich des Schließmuskels direkt behandelt wurde. Die Salbe enthält Lidocain, welches nach kurzer Einwirkzeit die Schmerzen nimmt. Die Analfalte habe ich mit Postericort dünn eingeschmiert, was den Juckreiz genommen hat. Wenn schlimme Schmerzen mich am Einschlafen gehindert haben, habe ich Xylocain Gel 2% genommen, mit dem die Schmerzen sofort verschwanden.
Bei mir konnte das Rektumkarzinom, weil bis in den Schließmuskel reichend, nur per Rektumamputation entfernt werden. Also ist das Colostoma auch endständig angelegt worden, was mir aber nach kurzer Eingewöhnungszeit überhaupt keine Probleme macht. Was ich so aus ähnlicher Situation von Mitbetroffenen gelesen habe, treten sehr häufig nach Rückverlegung erst richtige Probleme mit Stulgang und Stuhl-Inkontinenz auf.
Noch ein wichtiger Hinweis: Mit solchen genetisch bedingten Krebserkrankungen sollte man sich durch eines der 13 in Deutschland verfügbaren Onkologischen-Spitzenzentren (mit) betreuen lassen. Ich selbst werde in Düsseldorf betreut.
PS: Xylocain Gel wird normalerweise verwendet um einen Katheter gut gleitend und schmerzfrei in die Harnröhre zu schieben. Bis auf die Postericort-Salbe, sind die Mittel in der Apotheke frei käuflich. Zum wirksamen Säubern, wenn nicht gleich eine Dusche verfügbar ist, habe ich LINOLA Schutz-Balsam erbsengroß auf das Toilettepapier getan und damit den gesamten Analring gereinigt. Vorsicht bitte mit Feuchttüchern, dadurch entstehen ekzematöse Hautveränderungen, die nur schwer behandelbar sind.
PPS: Ich vergass noch etwas zum Ablauf der Bestrahlung zu erwähnen. Sehr wichtig ist die Blase so voll als möglich zu haben um die Auswirkungen auf Blase, Harnröhre und Dünndarm so gering als möglich zu halten. - Leider habe ich selbst nicht genü+gend darauf geachtet und habe nun, nach mehr als einem Jahr mit immer wiederkehrenden Entzündungen in der Harnröhre zu tun, was manchmal auch eine minimale Blutung mit sich bringt.
Alles Gute und herzliche Grüße
Heri
Frank
6 postsVielen Dank für die Ausführliche Antwort! Echt super, dass ihr mir so schnell viel Information und Hilfe gebt!!!
Ich befinde mich schon in Behandlung in der Freiburger Uniklinik, welche ja zu den Spitzenzentren gehört. Zwar wird die Chemo in Konstanz in der Klinik durchgeführt, da ich zur Zeit in Konstanz wohne, aber die beiden Kliniken arbeiten sehr eng miteinander. Daher denke ich, bin ich recht gut aufgehoben. Die anschließende Operationen werden dann in Freiburg durchgeführt.
Heute war ich nochmal zur Blutabnahme im Krankenhaus und habe nochmal mit meinem Onkologen gesprochen. Er hat mir nun Budenofalk Rektalschaum verschrieben. Mal sehen, wie ich damit zurecht komme. Zudem soll ich nun zwei Mal Täglich meinen Anus mit Prontosan Wundspüllösung behandeln. Also sterile Kompressen damit einweichen und 15 bis 20 Minuten auf den betroffenen Stellen einwirken lassen.
Kennt ihr diese Medikamente und habt Erfahrung damit?
Mal sehen wie mir das nun weiter hilft. Ich werde nun erstmal dies testen, denn ich denke zu viel auf einmal ist auch nicht unbedingt förderlich. Auch zum sehen wie die einzelnen Mittel anschlagen. Sollte davon nichts richtig Helfen versuche ich natürlich eure Vorschläge zu testen. Hauptsache ich überstehe die Zeit so gut wie möglich.
Auf die Frage hin wie lange vorrausichtlich die unangenehme Entzündung anhalten wird, konnte er mir nicht viel sagen, da jeder anders darauf reagiert. Aber ich soll noch mit mindestens 2 bis 4 Wochen rechnen.
Gruß,
Frank
Frank
6 postsIch hatte gestern wieder derartige Schmerzen beim Klogang, dass ich mir heute das Xylocain Gel zugelegt hab. Mal sehen, ob das dann hilft. Jedenfalls ist die aktuelle Situation echt sehr zermürbend.
Martin
25 postsHallo Frank,
Leg das Gel in den Kühlschrank.
Gruß Martin
herirein
343 postsHallo Martin,
es handelt sich nicht um ein Gel welches kühlen soll, sondern es ist ein Kathetergleitmittel, welches ein Lokalanesthetikum enthält um Schleimhäute und empfindliche, wunde Haut zu betäuben. Lies bitte hier den Beipackzettel. Es wirkt nur etwa eine halbe Stunde, damit man genügend Zeit hat einschlafen zu können.
Gruß Heribert
Martin
25 postsDanke für den Hinweis.
herirein
343 postsHallo liebe Mitstreiter,
noch ein Hinweis zur Strahlenproktitis.
Die Strahlenproktitis wirkt sich zwar im gesamten Enddarm aus, führ auch zu häufigen Durchfällen, macht aber im weiteren Verlauf des Mastdarms keine Schmerzen. Die Schmerzen entstehen im Bereich des weit am Ende des Mastdarms gelegenen Schließmuskels, dem Analring und der Analfalte. Der nur etwa 3 cm lange Durchtritt nach außen und die Analfalte ist schmerzempfindlich und macht uns bei und nach der Bestrahlung große Probleme. Dieser Bereich muss demnach besonders sorgfältig von den Ausscheidungen gereinigt werden und bei Bedarf, mit den genannten Mitteln gegen die Schmerzen und das Jucken behandelt werden. Der verordnete Budenofalk Rektalschaum wirkt entzündungshemmend, nimmt aber nur langfristig auch den Schmerz.
Gruß Heribert
Frank
6 postsDass Hygiene eine extrem wichtige Sache ist und speziell im Falle der Strahlenproktitis ist mir absolut klar. Aber die Frage, wie reinigt ihr den schmerzenden Bereich, speziell im inneren? Natürlich verwende ich die desinfizierende Wundspüllösung, aber ins innere dringt diese bei der Anwendung ja nicht vor, lediglich den Äuseren Bereich des Schließmuskels und die umliegenden entzündeten Bereiche. Ich muss gestehen, etwas Anal einzuführen, eben zur Reinigung, bereitet mir starke Probleme. Selbst die Kanüle des Budenofalk Rektalschaumes ist aktuell echt mehr als unangenehm.
Gruß,
Frank
herirein
343 postsAuf die Xylocain Tube lässt sich nach meiner Meinung der Analapplikator der Posterisan-akut-Salbe aufsetzen. nur ganz leicht in den Analkanal einführen und nur wenig Gel auspressen, bis der Schmerz weg ist. Bei mir hat der oben beschriebene LINOLA Schutz-Balsam für die Reinigung ausgereicht. Eine desinfizierende Hygiene ist innen nicht erforderlich. Bei normalem Abputzen mit Toilettenpapier erfolgt das ebenso nicht.
Außerdem sind wir gegen normale Darmbakterien immun. Es sei denn, wir leiden unter der Autoimmunerkrankung Morbus Crohn.
Gruß Heribert
Fredi
21 postsHallo Frank, ich kann Dir empfehlen, ein Heizkissen zu benutzen. Die Hitze hat mir die Schmerzen erträglich gemacht! Ich brauchte jetzt keine Chemo , kämpfte nach der Op wochenlang mit ähnlichen Symptomen wie Du. Habe auch viele Salben ausprobiert und hab am Ende auf die Penatencreme zurückgegriffen und nach jedem Toilettengang dick aufgetragen.
Bei meiner Brustkrebserkrankung vor 12 Jahren habe ich auch eine heftige Chemo bekommen und habe leidvoll erfahren, was das mit Schleimhäuten macht!
Ein Gedanke noch zu deiner Aussage „Ich stelle mich lieber auf den Kampf gegen den Krebs ein.“ damals hat mir mein Umfeld mit auf den Weg gegeben, auch dagegen zu kämpfen! Und irgendwann fand ich diesen Gedanken absurd! Klar habe ich alles getan, damit er verschwindet, was er auch tat und ich habe meine Sichtweise geändert und für etwas Neues in meinem Leben gekämpft! Ich wünsche Dir, dass du gut durch diese ätzende Zeit kommst und trotzt aller Mühsal auch frohe Stunden hast ! Liebe Grüße
Frank
6 postsVielen Dank für deine Tipps, Fredi!
Ja es ist leider wieder etwas dazu gekomnen. Aufgrund der starken Entzündungen und meinem durch die Chemo angeknacksten Immunsystem hat sich nun neben dem Anus ein Abszess gebildet, der gestern per Op entfernt wurde. Jedenfalls trägt das aktuell nicht gerade zu meinem Wohlbefinden bei. Aktuell bin ich daher stationär im Krankenhaus (Konstanz). Eine gute Sache daran ist, dass ich hier einigermaßen gut mit Schmerzmitteln versorgt werde und auf diese Weise, bis auf die Klogänge (die nach wie vor sehr weh tuen) recht Beschwerdefrei bin. Mal schauen wie nun alles weiter verläuft. Auch ist unsicher, ob ich die nächste Chemo bekomme, oder ob diese verschoben werden muss.