Güsi
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Samstag, 28. August 2021 - 21:48
Enddarmkrebsbehandlung mit Erhalt des Schließmuskels – Leben mit Folgen?!
Auszüge aus o.a. Diskussion vom 2 Chirurgen aus einer der 13 Spitzenkliniken Deutschlands.
Frage: Wie ist das, kann man das vorher abschätzen, ob ein Patient solche Folgezustände hat oder nicht?
- Das Endergebnis ist von vielen Faktoren und da spielt natürlich auch das Alter eine zentrale Rolle. Ich glaube wir als Chirurgen müssen auch lernen, dass eine erfolgreiche Operation mit Schließmuskelerhalt nicht immer die beste Versorgung des Patienten ist, weil selbst wenn die neuer Nahtverbindung perfekt hält, der Patient aber aus verschiedenerlei Gründen keine adäquate Kontinenz mehr erreicht, dann ist wahrscheinlich die Versorgung mit einem definitiven Stoma die wesentlich bessere. Das ist einerseits eine individuelle Einschätzung, auch eine individuelle Entscheidung mit dem Patienten, auf der anderen Seite muss dadurch, dass es so eine einschneidende Veränderung für den Patienten bedeutet, wahrscheinlich bei vielen Patienten erst der Weg der Inkontinenz gegangen werden, damit man das auch annehmen kann, dass es eben nicht mehr so gut funktioniert und dann die Versorgung beispielweise mit einem dauerhaften künstlichen Ausgang die bessere Lösung darstellt. So eine Entscheidung ist sehr, sehr schwierig, das Alter und die Risikofaktoren, die ich genannt habe, spielen da alle eine Rolle. Mir ist dafür kein mathematisches Rechenmodell anhand verschiedener Parameter, mit dem man abschätzen kann, bei dem Patienten funktioniert es oder bei dem Patienten funktioniert es nicht. es macht auch gar keinen Sinn, denn vor allem der Heilungsverlauf der Nahtverbindung spielt da eine zentrale Rolle.
- Wenn wir Patienten haben, von denen wir wissen, da ist ein super schlechtes Ergebnis entstanden, sei es, dass die Naht nicht geheilt ist, sei es, dass die Bestrahlung noch nachgewirkt hat, wie auch immer, überlegen wir, hätte man das vorhersehen können und den Patienten vielleicht anders beraten , mehr in Richtung Stoma beraten sollen? Im Nachhinein, wenn man denkt, es wäre wahrscheinlich besser gewesen, wenn man einen künstlichen Ausgang gemacht hätte, gibt es zwei Probleme. Das eine ist, dass wir trotz wissenschaftlicher Arbeit nicht präzise abschätzen können, welches Ergebnis beim einzelnen Patienten herauskommt. Wir können natürlich in Gruppen zusammenfassen und wir wissen, dass die Nahthöhe einen Einfluss hat, die Nahtundichtheit, wenn sie auftritt, aber für den einzelnen Patienten ist es extrem schwer, eine Vorhersage zu treffen. Der zweite wichtige Punkt ist, und das ist auch absolut menschlich – darüber diskutieren wir auch mit der ILCO – wenn man das Gefühl hat, es wäre besser, man würde gleich einen künstlichen Ausgang machen, ist es ja immer eine Entscheidung, die dem individuellen Patienten wahnsinnig schwer fällt. Das Stoma bedeutet natürlich ein völlig anderes Körpergefühl, an das man sich gewöhnen muss. Ich, auch die ILCO und die Stomatherapeuten wissen, dass nach ein paar Monaten die Patienten, die offen damit umgehen , eigentlich eine identische Lebensqualität haben wie jemand, der kein Stoma hat, aber das zu akzeptieren ist eine schwierige Entscheidung.
- Güsi
- (Auszug meinen ILCO-Unterlagen „ILCO-Praxis)