Dienstag, 28. März 2023 - 15:47

Guten Tag,

ich bin neu hier. Mein Mann bekam vor einem Jahr (mit 48) die Diagnose Doppelkolonkarzinom Stadium 4. Bei Erstbefund war die Leber bereits zu 45% metastasiert. Eine kleine Metastase war auch auf der Lunge sichtbar. Ebenso liegt eine Pertitonalkarzinose vor. Mein Mann wurde und wird nicht operiert (außer im Notfall z.B. bei drohendem Darmverschluss). Therapiert wurde er bisher mit Chemo nach den FOLFOXFIRI-Protokoll in Kombination mit Bevacizumap. Leider weisen beide Primärtumore unterschiedliche Eigenschaften auf. In einem Tumor liegt eine KRAS-Mutation vor, in dem anderen nicht. Eine Biopsie zweier Metastasen ergab, dass anscheinend beide Tumoren streuen.

Die Chemo schlug anfangs gut an. Metastasen verkleinerten sich bzw. stagnierten, so wie auch die Tumoren. Seit Herbst mussten immer wieder Chemopausen eingelegt werden (einmal 2 Monate und nochmal 3 Monate), da mein Mann ständige Fieberinfekte mit CPR-Werten bis über 200 bekam. Seit dieser Zeit sieht man ein deutliches, schnelles Wachstum einer Lebermetastase (Durchmesser von 7 auf 11 cm in 3 Monaten).

In der Zwischenzeit hat man nun das Oxaliplatin abgesetzt, da dies zu toxisch wurde. Man ist sich jedoch auch nicht sicher, ob die Chemo in seinem Fall überhaupt etwas bringt.

Natürlich geben Ärzte einem keine zeitliche Prognose. Aber hier wissen sicher viele wie zermürbend es ist, wenn man nicht weiß, womit man es zu tun hat und was einen eventuell wann erwarten wird...

Mein Mann ist sehr optimistisch und ein Kämpfergeist, aber ich muss leider ehrlich sagen, dass ich nicht von einem Happy End ausgehe. Es hieß ja bereits von Anfang an, die Therapie sei palliativ und eine Lebensverlängerung. Nur WIE lang?

Wir haben schon einiges vorbereitet. Vollmachten, Testament ect. . Aber es gibt schon noch das ein oder andere auf der Löffelliste. Da wir früh in unserer Beziehung  Eltern geworden sind, gab es nie Zeit dafür, "alleine" in den Urlaub zu fahren. Das wollen wir im Mai machen. Aber dann stellt sich wieder die Frage, ob der Familienurlaub auch noch möglich ist.

Ich weiß, hier sind viele "Betroffene", aber für Angehöre ist diese Krankheit oft auch unerträglich.

Ich hoffe auf ein bisschen Erfahrungsaustausch. Vielleicht kann der ein oder andere mir mitteilen, was mich erwarten könnte.

Liebe Grüße

Julie

Jennifer

5 posts
Dienstag, 28. März 2023 - 20:29

Hallo meine Liebe,

Meine Mama hatte ein rektumjarzinom t3b. Wieder erfolgreich operiert in allen Bereichen mit 0. Ja und zwei Monate nach dem es hieß sie sei krebsfrei war er mit voller Wucht zurück. Genauso metastasen wie bei deinem Mann. Ein Dreiviertel Jahr hat sie geschafft. Die Prognosen liegen bei der peritonealkarzinose ohne op bei bis zu 12 Monaten. Ich kann dir leider keine Hoffnung machen. Es ist hart das weiß ich aus eigener Erfahrung. Aber ich sage mir für meine Mama war es besser. Sie wurde nur 62 Jahre alt und ja verdammte scheisse ich vermissen sie. Hab die letzten Tage vor ihrem Tode ohne Ende mitgelitten. Falls du mal die ganze Story hören möchtest sagst mir Bescheid. meine Tipps an dich sind auf jedenfall in ein zertifiziertes darmkrebszentrum gehen und eine zweite Meinung einholen. Und dass so schnell wie möglich.

bei meiner Mama hat die chemo leider nicht geholfen. Egal was sie bekam, aber da denke ich hat sie einfach zu viel Flüssigkeit verloren über das stoma. Weil sie bekam Nahrung und Flüssigkeiten über den Port und 4 Wochen vor dem Tode sogar noch Blutkonserven. Abgesehen davon wurde der erste Ausgang im Januar 22 zurück verlegt. Der zweite neue Ausgang erfolgte am 03.06.22 wegen dem Bauchfell und im September 22 den dritten und letzten Ausgang. Der Ausgang der da schon bereits da war, wurde als laparosstoma angeschlossen um das Bauchwasser kontinuierlich ablaufen zu lassen.

was diese Frau seit Februar 2021 erleben musste, war seitens der Ärzte aber auch manche Fehler von ihr unvorstellbar. 
 

wir hätten sogar wegen diesem einen Arztbrief einen realstische Chance auf Regress. Aber lebendig wird sie dadurch auch nicht mehr
 

Lavendel

8 posts
Dienstag, 28. März 2023 - 20:51

Liebe Julie,

es tut mir leid, dass es Euch so schlimm getroffen hat. Mein Mann wurde 2021 wegen einem Darmverschluss, der durch einen Tumor verursacht wurde, operiert.  Nach einem Jahr hatte er ein Rezidiv, Lebermetastasen und Peritonalkarzinose. Ich kann nachvollziehen, wie Du Dich als Angehörige fühlst. Er bekommt seit 5 Monaten Chemotherapie mit Antikörpern, bisher verträgt er diese Behandlung ganz gut. Für mich ist die Ungewissheit darüber, wie die Perspektive aussieht oft kaum zu ertragen. Wieso ist bei Deinem Mann eine OP ausgeschlossen? Habt Ihr eine zweite Meinung eingeholt? Vielleicht macht es Sinn, nochmal ein Darmkrebsspitzenzentrum anzufragen? 

Ganz liebe Grüße 

Mittwoch, 29. März 2023 - 10:36

Liebe Jennifer, liebe Lavendel,

vielen Dank für eure Antworten.

Wir haben uns bereits eine Zweitmeinung eingeholt, bzw. stecken noch mitten drin. Mein Mann ist im Januar in Ulm bei Prof. Seufferlein vorstellig gewesen. Eine Koryphäe auf seinem Gebiet und obendrein Präsident der deutschen Krebsgesellschaft. Er hatte (nach einem Jahr) eine Leberbiopsie zur Gensequenzierung durchführen lassen (bei uns in München sagten alle, das ginge nicht und sei zu gefährlich...).  Leider war die Analyse einer Probe nicht eindeutig und muss wiederholt werden. Daher sitzen wir da aktuell noch auf heißen Kohlen. In der Zwischenzeit kam aber leider eine ziemlich unqualifizierte Mail einer Ärztin die schrieb, dass sie in der aktuellen Analyse keinen Hinweis auf eine weiterführende Therapiemöglichkeit sieht. UNMÖGLICH  und unverantwortlich diese Vorgehensweise. Was das in den letzten Tagen mit uns gemacht hat, kann man sich sicher denken. Unsere eigentlich behandelnde Onkologin blockt komplett und verweist uns zur Besprechung des aktuell vorliegenden Befundes der Biopsie nach Ulm. Und die sprechen erst mit uns, wenn der Endbefund da ist.

Momentan zerfrisst mich diese ganze Situation total. Ich gehe Vollzeit arbeiten, habe einen Nebenjob, 2 Teenager und einen totkranken Mann, der mit seiner Situation auch nicht klarkommt, manchmal mürrisch und auch ungerecht ist. Die Tage fliegen nur so an mir vorbei und ich weiß gar nicht, wie man diese oft erwähnte "letzte" Zeit überhaupt genießen und aus jedem Tag das Beste rausholen soll :-( Es fühlt sich an wie ein Schrecken ohne Ende.

Das mein Mann nicht operiert werden kann, haben uns alle Ärzte gesagt. München wie Ulm. Das Entfernen der Primärtumoren hätte keine Auswirkung auf den Krankheitsverlauf und würde ihn in seinem aktuellen körperlichen Zustand nur immens zurückwerfen. Die Leber ist auch inoperabel, da beide Leberlappen befallen sind. Wenn man einmal aufmacht, wo fängt man da an und wo hört man auf. OP des Darms wie bereits geschrieben nur dann, wenn die Tumore wachsen und den Darm verengen/verschließen würden.

Jennifer, ich bin gerade ziemlich "überrascht". Ich habe mich eigentlich noch nie mit dem Thema Peritonealkarzinose beschäftigt, sondern immer mit den Tumoren und den Lebermetastasen. Aber was ich dazu gerade gegoogelt habe, ist ja wirklich erschreckend und erklärt die Tragweite eigentlich von selbst. Klar steht da, dass die Behandlungsmethoden immer besser werden, aber ich denke, wenn man das Gesamtpaket betrachtet, schwinden die Chancen wieder. 

Bei deiner Mama ging es ja wirklich rasend schnell, wenn ich das so lese. Innerhalb eines Dreivierteljahres, nachdem man sagte, sie sei Krebsfrei? Wie schnell ist denn da bitte alles gewachsen, dass sie so schnell gehen musste?

Du hast mir angeboten mir zu schreiben, wie es bei euch abgelaufen ist. Das würde ich tatsächlich gerne mal lesen, wenn es dir nicht zu viel Arbeit macht. Der Tod deiner Mama ist ja noch nicht lange her. Ich möchte dir mein herzliches Beileid aussprechen und dir viel Kraft weiterhin für die Trauerbewältigung wünschen. Ich habe vor 7 Jahren meinen Papa an einem Glioblastom verloren. Zwischen Diagnose und Tod lagen gerade mal 2 Monate :-(

Und Lavendel, auch dir wünsche ich viel Kraft. Wir beide sitzen ja nun im selben Boot. 

Liebe Grüße

Lavendel

8 posts
Mittwoch, 29. März 2023 - 14:12

Liebe Julie,

verständlich, dass Du auf dem Zahnfleisch gehst. In einer solchen Situation Vollzeit- und Nebenjob zu bewältigen ist bestimmt unglaublich belastend. Dazu noch Deine Kinder und Dein Mann, die Dich brauchen. Ich hoffe, Du hast wenigstens Unterstützung in Deinem Umfeld und kannst ein bisschen was für Dich tun. Für mich ist es hilfreich, in größeren Abständen (ca. einmal im Monat) mit einer Psychoonkologin zu sprechen. Das hilft mir auch dabei, wieder etwas Kraft zu schöpfen. Ansonsten schwanke ich zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Bezogen auf die Peritonalkarzinose ist der Onkologe zuversichtlich, dass die Chemo da auch was bewirkt. So wie ich es verstehe, ist es sehr wichtig, die genetischen Eigenschaften der Krebszellen zu bestimmen, um die Behandlung möglichst passgenau zu gestalten. Deshalb drücke ich Euch die Daumen, dass Ihr diesbezüglich bald ein Ergebnis aus Ulm bekommt.

Ganz liebe Grüße 

Jennifer

5 posts
Mittwoch, 29. März 2023 - 20:09

Hey Julie, 

schreibe Mich mal per e-Mail, kann ich besser schreiben als am Handy. Schatzi02@web.de

lg