Gast
Freitag, 14. Juni 2013 - 04:44
Meine Mutter ist vor vielen Jahren an Darmkrebs gestorben.
Das war 2007 als ich 10 Jahre alt war. Festgestellt wurde der Krebs fünf Jahre vorher,Als ich fünf war - dementsprechend kann ich mich nicht mehr daran erinnern,in welchem Stadium er festgestellt wurde.
Ich wurde auch allgemein 'da rausgehalten'als Kind und hab deswegen nur mitbekommen dass meine Mutter immer wiederRückfälle hatte.Wenn man immer wieder so enttäuscht wird und die Hoffnungzerstört wird,ist das hart.Und sie war keine starke Frau. Sie litt ab dem zweiten Jahr( als ich 6/7 war) an Deppressionen,fing (immer zwischen den Behandlungen unddem wieder entdecken ) an zu trinken und hörte auf zu leben und/oder sich ummich zu kümmern.So bin ich schon als Kind erwachsen geworden und musste starksein,weil sie es nicht konnte.Einen Vater gab es nie und so musste ich mit allem allein klar kommen.als Kind habe ich oft nachts geweint,Vorallem am Anfang und immer wieder in den Zeiten, in denen meine Mutter depressiv war und mir sagte dass die sterben würde und ich nichts tun könne. Ich hätte damals gerne jemanden gehabt der mir..naja nicht sagt dass 'alles gut' wird aber der mir zumindest Hoffnung gibt dass ich trotz allem noch schöne Jahre mit meiner Mutter verbringen könne,eben das beste daraus machen. Und dass ich nicht alleine sein muss mit meiner Angst. ich hätte jemanden gebraucht der sich um mich kümmert - aber da war niemand.Innerhalb der ersten 1-2 Jahre bin ich erwachsen geworden. Ich habe auch nicht mehr geweint weil meine Mutter das ncht ertragen konnte. Man erwartet vielleicht von einer Mutter dass sie ihr Kind in den Arm nimmt wenn es verzweifelt ist,aber das hat sie nicht getan. Sie sagte nur dass ich stark sein müsse,so wie sie,also wurde ich stark.Jedesmal Wenn sie dann wieder in die Klinik kam und weitere Metastasen entdeckt wurden und es klar war dass wieder eine Chemo und Strahlen Therapie und Operation ansteht, war ich nur noch angenervt ehrlich gesagt. Ich hatte keine Angst mehr dass sie stirbt weil sschwör mich schon gestorben war. Ab der Diagnose hörte sie auf zu lachen,zu lieben und zu leben. Und sie sagte dass sie sterben würde. Das war für mich als Kind der tot. Und die ganzen fünf Jahre lang war sie einfach nur..ein Wrack dass den ganzen Tag deppressiv im Bett liegt und sich keine Mühe gibt,den Rest ihres Lebens zu nutzen und schön zu verbringen.Außerdem.. Forderte sie die komplette Hingabe meines jungen Lebens. Ich war ein Grundschulkind das sich niemals mit Freubden treffen oder auf den Spielplatz gehen konnte denn nach der Schule musste ich nach Hause um ihr Essen zu machen und das Haus zu putzen. Und wenn es mal keine Aufgabe für mich gab, sollte ich einfach Zuhause bleiben und 'mit ihr Leiden'.Ich erzähle das alles so genau,weil ich hoffe dass ihr mich dann wenigstens ansatzweise verstehen könnt und mich nicht verurteilt.Ich war nicht traurig als sie starb. es war einfach.. Ich meine ich wusste von Anfang an dass sie stirbt,es war nur eine Frage der Zeit. Und sie hatte mir fünf Jahre meines Lebens gestohlen. Sie hat mich angeschrien Seen ich geweint hab, sie hat mich also gelehrt, erwachsen und stark zu werden und Trauer zu unterdrücken.und die Person, die vor 6 Jahren starb, war nicht mehr meine mum. Die starb als die Prognose kam.Nunja und seitdem..habe ich nicht geweint,nie mehr.ich kann nicht trauern und ich kann nicht Lächeln. Ich lache. aber ich lächle nicht.ich kann niemandem Vertrauen und ich stoße die Menschen vor den Kopf wenn ich merke dass sie mir etwas bedeuten. Ich kann auch nicht traurig sein. Wann immer in meinem Leben etwas passiert das mich verletzt, akzeptiere ich innerhalb weniger minuten 'dass es nunmal so ist' und danach ist es mir egal.Viele sagen ich hätte keine Gefühle. Das ist etwas was mich sehr nachdenklich macht.und vielleicht sollte ich Hilfe in Anspruch nehmen,wie in einer psychosomatischen Klinik. Psychosomatisch,weil ich körperliche Beschwerden habe Schmerzen, Ohnmachtsanfälle und Schlafstörungen, die möglicherweise auf psychische Ursachen zurückzuführen sind. Und ich würde gerne eure Meinung hören - auch wenn das eine Themaverfehlung für dieses Forum ist.
Hallo Samanta, ich habe Deine Geschichte gelesen, und kann so einiges auf eine andere Weise nach vollziehen. Mein Vati ist nach dem Krieg aus der russischen Gefangenschaft gekommen und war ein kranker Mensch, der unter den Folgen der dortigen Erkrankungen litt. Wenn er Epianfälle bekam, wurde ich nach draußen gebracht und mußte eben auch dann dort Essen. Ich sollte diese Anfälle nicht mitbekommen. Es gab viele Situationen, die auch bei mir aus der Kindheit immer noch sehr aktuell sind, als ob sie gerade geschen sind. Ich war auf meinen kranken Vater als Kind wütend. Er hat nie über den Tot und das Sterben gesprochen. Als er vor fast 30 Jahren starb konnte ich auch nicht trauern. Meine Mutti hatte Darmkrebs Sie verstarb ca. 5 Monate nach der Feststellung und der Op. Ich war täglich mit ihr in dieser Zeit zusammen und habe immer gesehen, wie es ihr ging. Ja und Trauer gab es eigendlich auch nicht für sie. Da spielten bestimmt viele dinge aus meiner Kindheit mit hinein und auch ihre Alsheimererkrankung. Sie hat sich bei mir auf eine Art einige Tage vor ihrem Gehen bedankt, die mich auch noch jetzt zum Weinen bringen. diese Seite kannte ich nicht vonihr.
Um meinen Mann trauere ich immer noch und auch um meinen Bruder. Ich rede mit allen im Gedanken und wenn ich am Grab stehe. Das muß einfach sein. Es gibt aber auch Tage, wenn mich eine mir völlig unbekannte fragt. Da muß ich die Tränen extrem Unterdrücken. Und schlucken, weil der Schmerz da ist.
Du hast viel in Deiner Kindheit durchmachen müssen. Immer ohne jede Hilfe dagestanden. Versuch in einer Trauergruppe in Deinem Wohnort auch jetzt noch Hilfe zu bekommen. Sprich aber auch bei einem Facharzt vor, damit du auch von dieser Seite Hilfe bekommst.WennDu den Hass in dir beseitigt hast, dann kannst Du auch wieder anders leben.
Ich habe jetzt feststellen können, daß auch ein Aufräumen in den von meinem Mann noch vorhandenen Dingen, wie Werkzeug, Werkstatt, usw. und wegwerfen auch für mich eine Befreiung bringt. Ich habe erst jetzt wieder gelernt lautstark zu lachen, urplötzlich bei der Autofahrt an eine komische Situation zu denken, bringt mich auch hier zum Lachen.
Liebe Grüße
Anna-Christine
Hallo Samantha,
nein das ist keine Themaverfehlung.
Ja du solltest dir fachliche Hilfe holen. Du hast solche Hilfe verdient und brauchst sie anscheinend auch.
Wie und bei wem hast du nach dem Tod deiner Mutter dann gelebt?
Entschuldige, dass ich zunächst nicht mehr schreiben kann.
Binweg
596 postsLiebe Samantha, ja, ich denke auch, dass du Hilfe brauchst, denn du hast noch ein langes Leben vor dir.
Deine Mutter hat dich heillos überfordert und dich in eine Verantwortung genommen, die dich erdrückt hat, und sehr runtergezogen hat.
Ich bin eine erwachsene Frau und ich sah auch, dass mein Mann sterben wird.
doch wir waren beide erwachsen, und habe versucht die Jahre noch zu genießen, so gut es ging.
Ich schicke dir eine PN, wenn du hier angemeldet bist.
Sonst geht das nicht, ich kann dir eine gute Klinik empfehlen, in der ich gerade bin.
Alles gute von Friderike,
Julia
16 postsLiebe Samantha,
das ist überhaupt keine Themenverfehlung. Wir sind für jeden hier da.
Ich glaube nicht, dass du ein gefühlsloser Mensch bist, ich glaube nur, dass du es verlernt hast, da du keinerlei Kontakt zu anderen Menschen hattest und keine Empathie austauschen konntest. Dein einziger Kontakt war deine Mutter und sie war nicht gerade hilfreich, was Gefühle angeht. Nach all der Zeit, die durchlebt hast, du wurdest jung erwachsen und hast die typischen Aufgaben eines Erwachsenen übernommen. Sie hat dir weinen nicht erlaubt, jeden Tag hast du nur Leid erfahren, wie sollst du da lernen, was Freude ist? Jahrelang bestand dein Leben nur aus Trauer, Wut, Enttäuschung, Angst, das Positive blieb da sehr stark aus. Das hat aus dir den Menschen gemacht, der du jetzt bist. Es ist also nur nachvollziehbar, dass du keine Bindung aufbauen kannst und keine Freude empfinden kannst. Auch dass du nicht traurig warst, als deine Mutter gestorben ist, ohne dir zu nahetreten zu wollen, aber sie war an sich jahrelang nur eine Belastung für dich und der Grund warum dir dein Leben vorenthalten wurde.
Jedoch kann ich dir nur raten, dass du das Verhalten deiner Mum nicht auf jeden Menschen beziehen darfst. Nicht jeder Mensch ist so. Steck sie nicht alle in eine Schublade. Such dir eine Bezugsperson oder Hilfe, denn Freude ist einer der wichtigsten Begleiter im Leben, die dich aufrechterhalten.
Alles Liebe :)