LaTina

84 posts
Mittwoch, 3. September 2014 - 09:35

Hallo liebe Forum-Teilnehmer,

ich war lange nicht hier. Ich stellte eben auch erst fest, dass es mittlerweile auch ein Trauerforum hier gibt. Das finde ich gut! War es doch manchmal ziemlich erdrückend, diese Beiträge inmitten der Hoffnungsuchenden zu lesen.

Ich brauchte diesen Abstand zum Forum, zum einen aus genau diesem (oben genannten) Grund, zum anderen, um den Verlust meiner Mutter letztendlich erst einmal zu begreifen.

Ich habe ihr beinahe schs Jahre zur Seite gestanden, immer hoffend, imer wieder ernüchtert. Ende vergangenen Jahres holte uns das Schicksal ein, die Angst wurde zu meinem persönlichen Alptraum - und erst REcht zu dem meiner Mutter - und alles ging so furchtbar schnell, dass es noch immer unwirklich scheint. Seitdem rast die Zeit an mir vorbei, und die einzige Erleichterung, die ich verspüre, ist die Tatsache, dass ich keine Angst mehr haben muss.

Meine Mutter hatte letztes Jahr ihren dritten Chemoblock, palliativ, aber unter Kontrolle, wie es hieß. Die Chemo endete im September, und sie erholte sich davon nicht mehr richtig. Anfangs dachte ich, sie habe einen Infekt, da die Metastasen, die sich in der Lunge befanden, eigentlich unter Kontrolle waren. Man gab ihr eine Grippeschutzimpfung im November, einen Tag danach ging es ihr so unheimlich schlecht. Sie hustete seit Monaten, keiner fand den Grund dafür. Ich holte sie zu mir nach Hause, Atemnot einen Tag vor Silvester. Ich ließ den Notarzt kommen, der sie ins KKH einlieferte. Man fand eine leichte Lungenentzündung, noch immer dachte ich, Schuld sei die Impfung. Nach einer Woche war sie wieder bei mir. Es ging etwas besser, aber sie war unglaublich schwach. Ich beschloß, einen Heilpraktiker für sie zu suchen, der ihr wieder zu Kraft verhilft, ihr vielleicht auf andere Weise die ganze Chemie aus dem Körper holt. Aber auf dem Weg dahin brach sie mir ganz zusammen. Den Rest der Strecke ließ ich sie vom Rettungswagen ins nächstgelegene KKH bringen. Eine fantastische junge Ärztin hörte uns endlich einmal zu, setzte Himmel und Hölle in Bewegung, um die Ursache zu finden. Als ich ihr erzählte, dass meine Mutter Wahrnehmungsstörungen, ab und zu Halluzinationen, habe, wurde sie hellhörig und veranlasste, nachdem sie sämtliche Unterlagen zusammen hatte, ein CT von Lunge UND Kopf.

Die niederschmetternde Diagnose: unzählige, nicht mal mehr abzugrenzende Metastasen im Hirn. Ich selbst versuchte, sie zu zählen auf dem CT, ich hörte bei 27 auf, und es waren mehr. Es grenzte an ein Wunder, dass sie bis zu dem Tag noch Herr ihrer Sinne war.

Von dem Zeitpunkt an dauerte es noch 9 Tage, bis sie für immer ging. Ich habe es noch geschafft, sie in ein wirklich wundervolles Hospiz (Buchholz i.d. Nordheide) einliefern zu lassen. Als wir dort ankamen, sagte ich ihr, dass wir endlich angekommen seien. Sie nickte und schlief von da an endlich, was sie im KKH aus Angst vor dem Nicht-wieder-aufwachen nicht tat. Ich blieb an ihrer Seite und sie starb am nächsten frühen Morgen, wahrend ich bei ihr war. Ihre größte Angst war es, dass ich sie alleine ließe. Ich konnte immerhin mein Versprechen halten.

Sie hatte zuvor einen immer wiederkehrenden Traum, den wir beide zunächst nicht verstanden. Sie träumte davon, an einem großen See oder Gewässer zu stehen. Ich war bei ihr, und sie wußte nicht, wie sie ans andere Ufer kommen soll. Im Hospiz war eindeutig, was ihre Vorahnung war. Der Traum war klar, wahrscheinlich wollte ich es auch nicht sehen, was auf der Hand lag.

Immer wieder frage ich mich, ob ich das alles hätte verhindern können, weiß aber auch, dass sich diese Frage zum Einen nie klären wird, zum anderen überflüssig ist, da ich jetzt nichts mehr dran ändern kann und sie mich eher herunter zieht.

Meine Mutter schrieb auch hier im Forum, nur wenige Male. Die, wie auch ich, hatte Kontakt zu Arwed, dem mein größter Respekt gilt.

Sie war 66 Jahre alt und weit entfernt davon, wirklich bereit zu sein, zu gehen. Bis zum Schluß fragte sie mich, warum das alles. Und dass sie ihr Leben zurück wollte. Das ist eigentlich mit das schlimmste.

Ich wünsche allen Trauernden hier die Kraft, den Verlust ihrer Lieben zu verarbeiten. Das Warum wird nie eine Antwort bekommen.

Tina

Chicana

413 posts
Mittwoch, 3. September 2014 - 20:03

Liebe Tina

Ich möchte Dir mein herzlichste Beileid aussprechen und wünsche Dir viel Kraft für die schwere Zeit. Behalte Deine Mutter im Herzen und Du wirst Dich sicher an die schönen Moment erinnern und das lässt die Krankheit immer mehr verblasen.

Ein stiller Gruss

Chicana

Gast
Sonntag, 14. September 2014 - 21:26

liebe tina,

vielen dank fuer den bericht und viel kraft fuer die kommende zeit wuenscht dir annette , moege dir genug zeit zur verfuegung stehen um das alles gut zu verarbeiten das wuensche ich dir ich hoffe du hast gute f

reunde oder familie an deiner seite die dir dabei behilflich sind .

Gast
Samstag, 20. September 2014 - 14:40

Liebe Tina

Du sprichst mir aus dem Herzen. Es könnte fast die Geschichte meines Vaters sein. Sein Kampf aber dauerte "nur" zwei Jahre. Sein grösster Wunsch war zu Hause für immer ein zu schlafen. Diesen Wunsch konnten wir ihm erfüllen. Am 11. August schlief er zu Hause für immer ein. Das tröstet uns ein wenig. Aber es tut so weh.... ich habe das Gefühl er ist schon ewig weg. Ich vermiesse seinen Geruch, seine Stimme ..... einfach alles.

Alles Liebe

Renate

Marco Schmidt

11 posts
Freitag, 16. Oktober 2020 - 09:02

Hallo,

Ich bedaure diesen Verlust zutiefst und spreche dir mein aufrichtiges Mitgefühl aus.

Es macht Sinn, die hochkommenden Gefühle und Erinnerungen nicht immer wieder wegzudrücken. Sondern ihnen vielmehr bewusst zu begegnen und ihnen einen Raum zu geben, sich dann mal auszuklinken, Zeit zu nehmen etc.

VG,

Marco

Lisa Jahn

8 posts
Montag, 9. November 2020 - 16:11

Liebe Tina,

Für den Tod deiner Mutter möchte ich dir mein tiefempfundenes Beileid aussprechen.Unser Mitgefühl gehört dir und deiner Familie. In dieser schweren Zeit wünsche ich euch ganz viel Kraft. 

Alles Liebe 

Susanne Herrlich

14 posts
Montag, 9. November 2020 - 17:53

Hallo Tina, 

ich möchte dir mein herzlichstes Beileid ausdrücken, auch wenn wir uns nicht kennen. 

Dein Bericht hat mich zu Tränen gerührt. 

Alles Liebe und viel Kraft weiterhin

Samstag, 14. November 2020 - 23:14

Zwar ist der Beitrag schon älter, aber auch ich möchte dir und allen Betroffenen mein Beileid ausrichten! Bleib stark in der schweren Zeit.

Julia

16 posts
Sonntag, 10. Januar 2021 - 13:59

Hallo Tina,
Ich weiß, dein Beitrag ist schon eine Weile her, dennoch würde ich dir gerne ein paar Worte für deinen weiteren Weg mitgeben.

Zu Beginn möchte ich mein größtes Beileid aussprechen. Aber ich weiß, dass dies meist nicht hilft, dennoch tut es mir sehr leid von dieser Situation zu hören.

Ich muss echt sagen, deine Mutter war eindeutig eine starke Frau. Dazu muss ich sie gar nicht kennen, um dies zu wissen. Ich weiß es einfach. Mit dieser Anzahl an Metastasen ist es, wie du es bereits schon angedeutet hast, ein einziges Wunder, dass sie noch so sie selbst und so anwesend war. Die sechs Jahre sind eine lange Zeit, die einigen Menschen ihre letzte Hoffnung und ihren Mut genommen hätten, doch deine Mutter hat das alles mit sich machen lassen und gekämpft das sehe ich eindeutig und sie ist mit ihrem starken Willen weit gekommen und hat euch noch eine lange Zeit zusammen geschenkt. 

Der Traum und das anschließende endgültige Einschlafen nach deinen Worten, dass ihr angekommen seid, zeigt, dass sie größenteils für dich gekämpft hat und auf deine Zustimmung gewartet hat, dass sie gehen kann. Dass du ihr zeigst, dass es okay ist, wenn sie zur Ruhe kommt, dass es okay ist ihren letzten Schritt zu gehen. Sie hat auf dich gewartet, dass du bereit bist, denn wenn ich ehrlich bin, denke ich, sie war es schon lange.

Du hättest nichts daran ändern können. Dieser Gedanke ist normal, den hat jeder Mensch, wenn er jemanden verliert. Jedoch, du bist keine Ärztin, du hättest es nicht wissen können. Du hast alles versucht, du bist bei einem Anzeichen sofort zum Arzt gegangen. Du hast alles getan, was du konntest. Dieser Gedanke bringt nichts, er zieht dich nur runter und bringt deine Mutter auch nicht zurück. Er lässt dich nur an der Vergangenheit festhalten, sodass du nicht mit gehobenem Kopf in die Zukunft gehen kannst.

Die wertvollsten Menschen sterben früh. Glaub mir, deiner Mutter geht es jetzt besser, da wo sie jetzt ist. Sie hat keine Schmerzen mehr und muss nicht jeden Tag aufs neue einen hoffnungslosen Kampf antreten. Auch für dich ist dieser Weg der bessere, denn auch an deine Psyche haben diese sechs Jahre gezogen. Jeden Tag neue Hoffnung und darauffolgende neue Enttäuschung.

Das einzige was du jetzt noch für deine Mutter tun kannst, ist, so schwer es auch ist, loslassen und deinen Weg weitergehen. Das war sicherlich einer ihrer letzten Wünsche, dass du wieder glücklich wirst und dein Leben weiterführen kannst. Sie wird dich auch jetzt noch begleiten. Glaub mir, du wirst das spüren.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft :)

Liebe Grüße