Begründer des Autogenen Trainings ist der Neurologe Johannes-Heinrich Schultz (1884-1970), der diese Methode "konzentrative Selbstentspannung" nannte. Autogenes Training kann den Krebspatienten zwar nicht gesund machen, ihm aber eine wertvolle Hilfe sein. Die Entspannungsmethode besänftigt den quälenden "inneren Daueralarm" der Nerven und Organe, hat also große Bedeutung bei der Schmerzbewältigung.
Jederzeit und überall möglich
Die einfache Form des Autogenen Trainings besteht aus Übungen, die Sie jederzeit ohne fremde Hilfe an jedem beliebigen Ort und ohne Hilfsmittel anwenden können. Sie wirkt binnen weniger Minuten. Die Entspannungstechnik nutzt Ihre autosuggestive Kraft, das heißt Ihre Fähigkeit, mit der Kraft der Vorstellung (Imagination) die Körperfunktionen zu beeinflussen: Puls, Atmung und Muskelspannung.
Die komplexe Form des Autogenen Trainings, die nur unter ärztlicher Kontrolle erlernt und angewendet werden sollte, enthält Übungen, die fast alle inneren Organe des Körpers beeinflussen können. Sie kommen bei psychosomatischen Erkrankungen, bei Rheuma, Asthma oder Herzbeschwerden zur Anwendung. Auch Darmkrebspatienten können darüber einen Weg finden, besser mit der Krankheit zu leben.
Eine andere Ebene des Bewusstseins
Autogenes Training hilft Krebspatienten psychischen Probleme wie Stress, Schlafstörungen, Nervosität, depressiven Verstimmungen, Panikattacken und Angst positiv zu begegnen. Auch körperlichen Beschwerden wie Übelkeit und Tumorschmerzen kann man erfolgreich entgegenwirken.
Das Autogene Training wirkt auf zwei Ebenen: Psychisch führen die Übungen im positiven Sinn zu einer Einengung des Bewusstseins. Man fixiert seine Gedanken auf einen bestimmten Punkt, alle übrigen Wahrnehmungen - auch der Schmerz - verlieren sich im Halbdunkel des Bewusstseins. Körperlich gesehen entspannt sich die Muskulatur. Als Folge davon nimmt der Wachheitsgrad, die so genannte Vigilanz, ab. Das hat Auswirkungen auf diejenigen Gehirnzentren, die für die Schmerzempfindung, die Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung verantwortlich sind. Mit Autogenem Training ist der Schmerz zwar noch vorhanden, er tut aber nicht mehr so weh.
Stufe für Stufe gelöster – was Sie in Kursen lernen
Autogenes Training ist häufig Bestandteil von therapeutischen Gruppenangeboten. Sie können aber jederzeit selbst einen Kurs belegen, etwa an Volkshochschulen. Die Basis besteht aus sechs Stufen: die Schwere- und die Wärmeübung, die Herz- und die Atemübung, die Übung des Sonnengeflechts und die Stirnkühlübung. Die wichtigsten sind Schwere- und Wärmeübung. Sinn der Schwereübung ist die Muskelentspannung (z.B. "Der rechte Arm ist ganz schwer"). Die Wärmeübung hat die Erweiterung der Hautgefäße zum Ziel, wobei die Temperatur beispielsweise der Hände tatsächlich steigt (z.B. "Der rechte Arm ist ganz warm").
Anfangs sollten die Einheiten nicht länger als drei bis zehn Minuten dauern, damit Sie sich nicht überfordern. Wichtig ist, dass Sie regelmäßig üben und die Entspannung nach jeder Übung wieder zurücknehmen. Wenn Sie die Grundstufe sicher beherrschen, folgt die mittlere Stufe des Autogenen Trainings, bei der Sie formelhafte Vorsätze mit einbeziehen, zum Beispiel "Schmerzen gleichgültig" oder "ich bin ganz ruhig". Mit Hilfe dieser Formeln lassen sich Krankheitssymptome lindern und das eigene Empfinden ändern.
Zum Weiterlesen:
Grasberger, Delia: Autogenes Training. München: Gräfe und Unzer Verlag, 4. Auflage 2015.